Frühkindlicher Stress durch Trennung der Eltern kann im Erwachsenenalter Schuppenflechte auslösen
Frühkindlicher Stress – etwa durch die Trennung der Eltern – verändert das Immunsystem und erhöht das Risiko für Schuppenflechte deutlich.

Frühe seelische Belastungen wirken tiefer, als viele ahnen – sie können das Immunsystem formen und Krankheiten im Erwachsenenalter begünstigen. © Pexels
Stress in den ersten Lebensmonaten kann den Körper prägen – und zwar dauerhaft. Eine neue Studie aus Schweden zeigt jetzt, dass seelische Belastungen in der frühen Kindheit das Risiko für Schuppenflechte (Psoriasis) im Erwachsenenalter um ein Mehrfaches erhöhen können.
Schon kleine Kinder, die durch eine Trennung der Eltern, einen Todesfall oder eine neue Familienkonstellation stark verunsichert werden, entwickeln später deutlich häufiger die chronische Hauterkrankung.
Frühe Veränderungen in der Familie erhöhen das Risiko
Die Untersuchung basiert auf der schwedischen Langzeitstudie All Babies in Southeast Sweden (ABIS). Sie begleitete über 16.000 Kinder von der Geburt an bis ins Erwachsenenalter. Dabei werteten Forscher Angaben der Eltern zu einschneidenden Ereignissen in den ersten Lebensjahren aus – etwa Trennung, Scheidung oder neue Stiefgeschwister. Anschließend wurden die Daten mit den nationalen Patientenregistern abgeglichen, um Psoriasisdiagnosen zu erfassen.
Das Ergebnis: Kinder, die im ersten Lebensjahr eine „neue Familienstruktur“ erlebten, hatten später ein mehr als vierfach erhöhtes Risiko, an Schuppenflechte zu erkranken. Auch in Modellen, die Geschlecht, Bildungsniveau der Mutter oder genetische Vorbelastung berücksichtigten, blieb der Zusammenhang bestehen.
Wie frühkindlicher Stress Schuppenflechte beeinflusst
Der leitende Autor Johnny Ludvigsson von der Universität Linköping erklärt: „Veränderungen in der Familienstruktur wie Scheidung, Trennung oder der Tod eines Elternteils können bei sehr kleinen Kindern ein akutes Gefühl von Unsicherheit und Angst auslösen.“ Diese Reaktionen gingen oft mit erhöhten Cortisolwerten einher – einem Hormon, das das Immunsystem beeinflusst.
Nach Einschätzung der Forscher macht diese Phase Kinder besonders empfindlich: „Sehr junge Individuen scheinen anfälliger für die immunmodulatorischen Effekte von Stress zu sein als ältere Kinder oder Erwachsene“, so Ludvigsson. Frühkindlicher Stress könne dadurch eine Art Fehlprogrammierung im Immunsystem hinterlassen, die viele Jahre später Entzündungsprozesse fördert.
Dauerhafte Folgen für das Immunsystem
Schuppenflechte ist eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der sich Hautzellen zu schnell erneuern. In Deutschland sind rund zwei Millionen Menschen betroffen. Typisch sind entzündete, schuppige Hautstellen, die jucken oder schmerzen können.
Genetische Faktoren spielen dabei eine wichtige Rolle, doch die aktuelle Studie zeigt, dass auch psychosoziale Einflüsse im frühen Leben bedeutsam sind. Die Forscher sehen in den Ergebnissen einen Beleg dafür, dass „sehr stressvolle Lebensfaktoren früh im Leben das Immunsystem beeinflussen und das Risiko für Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis erhöhen“.
Interessant ist, dass frühkindlicher Stress nicht nur das Risiko für Schuppenflechte erhöht, sondern auch mit anderen Autoimmunerkrankungen verbunden zu sein scheint. Frühere Auswertungen derselben Geburtskohorte hatten bereits gezeigt, dass Kinder, die in den ersten Lebensjahren psychischen Belastungen ausgesetzt waren, häufiger Antikörper gegen Bauchspeicheldrüsenzellen bildeten und später an Typ-1-Diabetes erkrankten.
Warum der erste Lebensabschnitt entscheidend ist
Besonders auffällig war die Verbindung im ersten Lebensjahr. In späteren Erhebungen – etwa im Alter von drei, fünf oder acht Jahren – schwächte sich der statistische Zusammenhang ab. Nach Ansicht der Autoren spricht das dafür, dass die früheste Entwicklungsphase des Immunsystems eine besonders verletzliche Zeit darstellt. In dieser Phase prägt sich die Stressreaktion des Körpers dauerhaft aus.
Das erklärt auch, warum die Forscher trotz kleiner Fallzahlen betonen, dass Vorsicht geboten ist: „Alles, was getan werden kann, sollte getan werden, um kleine Kinder vor stressvollen Lebensfaktoren zu schützen, die ihre Sicherheit und ihr emotionales Wohlbefinden bedrohen“, so Ludvigsson.
Kurz zusammengefasst:
- Frühkindlicher Stress – etwa durch Trennung oder Verlust im ersten Lebensjahr – kann das Immunsystem dauerhaft verändern und das Risiko für Schuppenflechte deutlich erhöhen.
- Eine schwedische Langzeitstudie mit über 16.000 Kindern zeigt: Eine instabile Familienstruktur in den ersten zwölf Monaten vervielfacht die Wahrscheinlichkeit für Psoriasis im Erwachsenenalter.
- Früh erlebter Stress beeinflusst offenbar mehrere Autoimmunprozesse – er steht auch mit Erkrankungen wie Typ-1-Diabetes in Verbindung.
Übrigens: Nicht erst nach der Geburt, sondern schon im Mutterleib reagiert der Körper auf Stress – und das bei Mädchen besonders stark. Neue Daten zeigen, dass seelische Belastungen während der Schwangerschaft ihre Psyche und das Immunsystem messbar schwächen können – mehr dazu in unserem Artikel.
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