CT erhöht das Krebsrisiko: 103.000 neue Fälle pro Jahr durch unnötige Strahlenbelastung
CT-Untersuchungen verursachen jährlich bis zu 103.000 zusätzliche Krebsfälle – das Krebsrisiko steigt durch unnötige Strahlenbelastung.

CTs gelten als hilfreiches Diagnosewerkzeug – doch das Krebsrisiko durch die Strahlenbelastung ist nicht zu unterschätzen. © Pexels
Ein plötzlicher Schmerz, ein unklarer Befund – und schon schickt einen der Arzt zur Computertomografie. Schnell, zuverlässig, präzise: CT hat sich in der modernen Medizin unverzichtbar gemacht. Doch was kaum jemand weiß: Die Strahlung, der Patienten bei CT-Untersuchungen ausgesetzt sind, kann das Krebsrisiko massiv erhöhen.
Eine neue Studie der University of California unter der Leitung von Rebecca Smith-Bindman zeigt nun, wie groß die Gefahr wirklich ist – und was das für Millionen Menschen bedeutet. Allein im Jahr 2023 wurden in den USA rund 93 Millionen CTs durchgeführt. Das Risiko, das davon ausgeht, ist alles andere als theoretisch: Rund 103.000 zukünftige Krebserkrankungen könnten durch die Strahlendosis dieser Untersuchungen entstehen.
Wenn wir weiterhin so viele CT-Untersuchungen durchführen wie bisher, könnten künftig 5 Prozent aller neu diagnostizierten Krebserkrankungen auf diese Bildgebungen zurückzuführen sein.
Studie der University of California
Besonders Erwachsene sind betroffen – obwohl Kinder empfindlicher reagieren
Es klingt zunächst paradox: Kinder sind deutlich empfindlicher gegenüber Strahlung – aber der größte Anteil der Krebsfälle trifft Erwachsene. Warum? Weil sie viel häufiger zum CT geschickt werden.
Von den prognostizierten 103.000 Krebsfällen entfallen ganze 93.000 auf Erwachsene. Die Erklärung: Erwachsene machten 96,7 Prozent aller CTs aus. Kinder erhielten zwar pro Untersuchung eine höhere Dosis – aber mit nur rund drei Millionen Scans blieb ihr Anteil gering.
Besonders gefährdet: Menschen zwischen 50 und 59 Jahren. In dieser Altersgruppe rechnet das Modell mit über 19.000 strahlenbedingten Krebserkrankungen.
CT erhöht Krebsrisiko – Lungenkrebs und Brustkrebs dominieren die Statistiken
Viele Betroffene erfahren erst Jahre später, dass ihre Krebserkrankung auf eine frühere CT-Untersuchung zurückzuführen sein könnte. Besonders häufig betroffen sind bei Erwachsenen die Lunge (22.400 Fälle), der Darm (8.700), das Blut (Leukämie: 7.900 Fälle) und die Blase (7.100).
Bei Frauen steht Brustkrebs mit 5.700 Fällen an zweiter Stelle. Und bei Kindern ist es vor allem Schilddrüsenkrebs, der nach CT-Untersuchungen auffällig häufig auftritt.
Die größte Gefahr liegt im Bauch – wörtlich
Nicht jedes CT ist gleich gefährlich. Besonders riskant sind Aufnahmen des Bauchs und Beckens. Sie machen ein Drittel aller Untersuchungen aus, verursachen aber 37 Prozent der prognostizierten Krebsfälle.
Grund dafür ist unter anderem die sogenannte Mehrphasen-Bildgebung. Viele dieser Untersuchungen bestehen aus mehreren Scan-Durchläufen – was die Strahlendosis massiv erhöht. Dabei wären in vielen Fällen auch Ein-Phasen-Scans völlig ausreichend.
Auch Thorax-CTs sind besonders kritisch. Mit 21.500 Fällen liegen sie auf Platz zwei der krebsverursachenden Untersuchungen.
CTs im letzten Lebensjahr – warum so viele?
Ein überraschendes Detail der Studie: Rund 10 Prozent aller CTs werden im letzten Lebensjahr durchgeführt – oft bei schwerkranken Patienten. Diese Untersuchungen fließen zwar nicht in die Krebsrisiken ein, da die Zeit für die Entwicklung einer Erkrankung fehlt.
Doch sie werfen Fragen auf: Muss wirklich jede dieser Untersuchungen sein? Oder gibt es bessere Alternativen, vor allem wenn der Nutzen fraglich ist? Besonders Männer über 90 Jahre bekamen überdurchschnittlich viele CTs – obwohl die medizinische Relevanz in dieser Altersgruppe oft sinkt.
Das Risiko wächst – auch wegen fragwürdiger Routinen
Die Zahl der CTs ist seit 2007 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Damals ging man von 29.000 zukünftigen Krebsfällen aus – heute sind es mehr als drei Mal so viele.
Dazu kommt: Ein erheblicher Teil dieser Untersuchungen gilt laut Fachleuten als medizinisch wenig sinnvoll. Der Begriff „low-value imaging“ steht für genau solche CTs – also Scans, die keinen echten Nutzen für Diagnose oder Behandlung haben, aber potenziell Schaden anrichten.
CTs sind oft lebenswichtig – aber die Risiken, die mit der Strahlung verbunden sind, werden häufig übersehen,
Rebecca Smith-Bindman
Weniger ist oft mehr
Die Studienautoren fordern mehr Augenmaß bei der Verordnung. Oft könnten MRTs oder Ultraschall-Scans die gleiche Information liefern – ohne Strahlung. Auch die Frage, ob wirklich mehrere Phasen notwendig sind, sollte sorgfältiger geprüft werden.
„Unseren Schätzungen zufolge sind CTs vergleichbar mit anderen signifikanten Risikofaktoren wie Alkoholkonsum und Übergewicht“, sagte Smith-Bindman. „Eine Reduzierung der Anzahl der Scans und der Dosis pro Scan würde Leben retten.“
Kurz zusammengefasst:
- CT-Untersuchungen können das Krebsrisiko deutlich erhöhen – allein 2023 wurden laut Prognosen in den USA rund 103.000 zukünftige Krebsfälle dadurch verursacht.
- Besonders betroffen sind Erwachsene, vor allem durch Bauch- und Brustkorb-CTs mit hoher Strahlendosis und häufiger Mehrphasen-Bildgebung.
- Viele dieser Untersuchungen wären vermeidbar – medizinisch unnötige CTs tragen erheblich zur Strahlenbelastung bei und sollten kritisch hinterfragt werden.
Übrigens: Während Computertomografien laut neuer Studie tausende zusätzliche Krebsfälle verursachen könnten, gibt es für Handystrahlung Entwarnung. Eine umfassende Analyse zeigt: Die Angst vor Hirntumoren durch Mobiltelefone ist unbegründet – mehr dazu in unserem Artikel.
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