Blinddarm-Krebs trifft immer mehr junge Erwachsene – besonders Millennials sind gefährdet
Viele wissen nicht, dass es diese Krebsart überhaupt gibt, doch die Zahl der Blinddarm-Krebs-Fälle hat sich bei Millennials vervierfacht. Besonders ab Jahrgang 1985 steigt das Risiko an.

Viele Betroffene spüren Beschwerden, ohne zu wissen, dass auch Blinddarm-Krebs dahinterstecken kann. © Vecteezy
Ein Krebs, von dem kaum jemand spricht, breitet sich seit Jahren fast unbemerkt aus: Blinddarm-Krebs. Besonders Menschen, die in den 1980er-Jahren geboren wurden, erkranken heute viermal so häufig daran wie ihre Elterngeneration. Das zeigt eine neue Studie der Vanderbilt University im Fachblatt Annals of Internal Medicine.
Betroffen sind vor allem Millennials, also Menschen, die heute zwischen Mitte 30 und Mitte 40 sind. Die Forscher des Vanderbilt University Medical Center nutzten für ihre Auswertung Daten aus dem nationalen US-Krebsregister SEER. Sie analysierten alle Fälle von Blinddarm-Krebs zwischen 1975 und 2019 und betrachteten sie nach Geburtsjahrgängen.
Erkrankungsrisiko hat sich in wenigen Jahrzehnten vervierfacht
Das Ergebnis ist alarmierend: Bei Menschen, die 1985 geboren wurden, liegt das Erkrankungsrisiko heute rund viermal höher als bei jenen aus dem Jahrgang 1945. Auch für die Jahrgänge 1980 bis 1990 sind die Zahlen stark angestiegen.
„Die Entwicklung ist deutlich und sie betrifft alle bekannten Unterformen von Blinddarm-Krebs“, sagt Studienleiterin Dr. Andreana Holowatyj. Besonders auffällig sei der Anstieg bei nicht-schleimbildenden Karzinomen, aber auch bei selteneren Tumorarten wie Becherzell- oder Siegelringzellkrebs.
Viele wissen nicht, dass es Blinddarm-Krebs überhaupt gibt
Das Tückische: Die meisten Menschen verbinden den Blinddarm nur mit Entzündungen oder Notoperationen. Kaum jemand weiß, dass sich dort auch bösartige Tumoren bilden können.
Dr. Holowatyj warnt: „Die Erkrankung wird häufig übersehen, weil sie so selten ist. Aber gerade das macht sie so gefährlich. Wenn junge Erwachsene mit unspezifischen Bauchbeschwerden zum Arzt gehen, denkt kaum jemand an einen Tumor.“ Genauer hinschauen sollte man bei folgenden Symptomen:
- Unklare oder anhaltende Bauchschmerzen, meist im rechten Unterbauch
- Völlegefühl oder Druckempfinden im Bauch
- Veränderungen der Stuhlgewohnheiten (z. B. Verstopfung oder Durchfall)
- Übelkeit oder Appetitlosigkeit
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Müdigkeit oder allgemeines Schwächegefühl
Warum gerade Millennials so häufig an Blinddarm-Krebs erkranken, ist unklar
Die Forscher konnten keine eindeutige Ursache für den Anstieg benennen. Vermutet werden Umweltfaktoren, veränderte Ernährung oder eine gestörte Darmflora, also Faktoren, die sich über Generationen hinweg verändert haben.
„Die Muster ähneln denen bei anderen Krebsarten des Verdauungstrakts. Es ist gut möglich, dass es gemeinsame Auslöser gibt“, erklärt das Forschungsteam. Die Analyse deutet darauf hin, dass besonders Menschen mit bestimmten Risikofaktoren stärker betroffen sein könnten, etwa mit Übergewicht, Vorerkrankungen oder genetischer Vorbelastung.
Lieber einmal zu viel untersuchen lassen
Blinddarm-Krebs verursacht in vielen Fällen zunächst keine eindeutigen Symptome. Erst wenn der Tumor wächst, treten Beschwerden auf, oft Bauchschmerzen, Völlegefühl oder ein Druckgefühl im Unterbauch.
Dr. Holowatyj rät: „Wenn solche Symptome anhalten oder immer wiederkehren, sollte man das ernst nehmen, auch wenn man jung ist. Ärzte sollten die Erkrankung im Blick haben, besonders bei Patienten unter 50.“
Je früher Blinddarm-Krebs erkannt wird, desto besser ist er behandelbar
Wird der Krebs früh entdeckt, kann eine Operation oft helfen. Doch gerade weil viele Betroffene jung und vermeintlich gesund sind, vergeht oft zu viel Zeit bis zur Diagnose.
Die Forscher fordern deshalb mehr Aufklärung in der Medizin, aber auch in der Gesellschaft. Denn: Wer den Begriff „Blinddarm-Krebs“ nicht kennt, kann ihn auch nicht hinterfragen oder erkennen.
Kurz zusammengefasst:
- Die Zahl der Blinddarm-Krebs-Fälle hat sich bei Millennials im Vergleich zur Nachkriegsgeneration vervierfacht, vor allem bei den Geburtsjahrgängen ab 1985.
- Forscher des Vanderbilt University Medical Center analysierten über 4.800 Fälle aus dem US-Krebsregister und fanden einen klaren Anstieg über mehrere Jahrzehnte hinweg.
- Weil Blinddarm-Krebs selten ist und oft unentdeckt bleibt, fordern die Wissenschaftler mehr Aufmerksamkeit für diese Tumorform, insbesondere bei jungen Erwachsenen mit anhaltenden Bauchbeschwerden.
Übrigens: Eine neue Studie der Johns Hopkins University zeigt, wie ein einzelner Bluttest die Früherkennung von Krebs um bis zu drei Jahre vorverlegen kann. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy