Blutkrebs früher stoppen? – Diabetes-Medikament könnte Leukämie vorbeugen

Ein bekanntes Diabetes-Mittel zeigt unerwartete Wirkung: Metformin könnte laut einer neuen Cambridge-Studie das Risiko für Leukämie senken.

Bekanntes Diabetes-Medikament zeigt Leukämie-Schutz.

Das Diabetes-Mittel Metformin könnte das Risiko für akute myeloische Leukämie senken. (Symbolbild) © Pexels

Ein günstiges und gut verträgliches Mittel gegen Diabetes rückt plötzlich in den Fokus der Leukämie-Forschung. Es geht um Metformin – ein Medikament, das Millionen Menschen täglich einnehmen. Wissenschaftler der University of Cambridge haben Hinweise darauf gefunden, dass Metformin auch eine Rolle in der Vorbeugung von Blutkrebs spielen könnte. Im Zentrum steht dabei eine besonders aggressive Form: die akute myeloische Leukämie (AML).

AML trifft jedes Jahr Tausende, meist ältere Menschen. Die Diagnose kommt oft plötzlich. Die Behandlung ist schwierig, die Überlebensrate niedrig. Wer zur Risikogruppe gehört, lebt mit der Sorge, irgendwann zu erkranken. Genau hier setzt die neue Forschung an. Die Ergebnisse erschienen im Fachmagazin Nature.

Metformin greift die Wurzel der Mutation an

Das Team um Professor George Vassiliou untersuchte, wie sich AML in ihren frühen Stadien aufhalten lässt. Im Fokus: Blutstammzellen mit einer bestimmten genetischen Veränderung im DNMT3A-Gen. Diese Mutation zählt zu den häufigsten Auslösern von AML. Die Forscher nutzten eine genombasierte Screening-Methode, um gezielt nach Schwachstellen der veränderten Zellen zu suchen.

Dabei zeigte sich: Diese mutierten Zellen sind stark abhängig vom Energiestoffwechsel in den Mitochondrien. Gesunde Zellen benötigen diese Energiequelle deutlich weniger. Genau das macht die Mutation angreifbar. Metformin – ein Mittel, das genau in diesen Stoffwechselprozess eingreift – verlangsamte das Wachstum der betroffenen Blutstammzellen bei Mäusen deutlich. Auch andere Medikamente mit ähnlicher Wirkung zeigten in den Experimenten Erfolge.

Früh erkennen – früh stoppen

Die Wirkung blieb nicht auf Tierversuche beschränkt. Die Wissenschaftler testeten Metformin auch an menschlichen Zellen mit DNMT3A-Mutation. Die Wirkung blieb bestehen. Das Medikament verhielt sich dabei überraschend selektiv. „Metformin wirkt gezielt auf diese Mutation und nicht auf gesunde Zellen“, sagte Professor Brian Huntly, Hämatologe an der University of Cambridge. Genau diese Zielgenauigkeit macht das Mittel für die Vorbeugung so attraktiv. Professor Vassiliou erklärte: „Bei Blutkrebs können wir nicht wie bei anderen Tumoren operieren. Wir müssen die Krankheit dort stoppen, wo sie entsteht – im ganzen Blut.“ Medikamente wie Metformin könnten genau das leisten: unauffällig, aber effektiv.

Dank moderner Blutanalysen lässt sich das Risiko für AML mittlerweile Jahre im Voraus bestimmen. Doch bisher gab es keinen Weg, das Fortschreiten der Mutation zu stoppen. Metformin könnte diese Lücke schließen – und zwar mit einem Mittel, das Millionen Menschen bereits ohne schwerwiegende Nebenwirkungen einnehmen.

Der nächste Schritt: klinische Studien

Neben den Laborergebnissen stützt sich die Studie auch auf eine große Datenanalyse. Die Fachleute werteten Gesundheitsdaten von mehr als 412.000 Menschen aus der britischen Biobank aus. Das Ergebnis: Personen, die Metformin einnahmen, hatten seltener Veränderungen im DNMT3A-Gen – und das unabhängig von ihrem Diabetesstatus oder Gewicht.

Die Studie ist ein erster Meilenstein – klinische Studien sollen nun klären, ob Metformin das Fortschreiten der Krankheit auch beim Menschen verhindern kann. Wenn sich die Ergebnisse bestätigen, könnte ein bekanntes und erschwingliches Medikament zum Lebensretter für viele Risikopatienten werden. Rubina Ahmed von Blood Cancer UK erklärte:

„Nur etwa zwei von zehn Menschen überleben AML länger als fünf Jahre. Wir brauchen dringend neue Wege, um das zu ändern.“

Wendepunkt in der Vorsorge?

Metformin, so die Hoffnung, könnte die Vorsorge revolutionieren – ganz ohne neue Wirkstoffe oder lange Zulassungsverfahren. Tanya Hollands von Cancer Research UK zeigte sich vorsichtig optimistisch: „Es ist vielversprechend, dass ein bewährtes Medikament möglicherweise das Risiko für AML senken kann. Jetzt braucht es Studien, um zu sehen, ob Metformin wirklich schützt – und ob es für Risikopatienten zu einer realen Option wird.“

Kurz zusammengefasst:

  • Metformin, ein gängiges Diabetes-Medikament, könnte laut Forschern der University of Cambridge das Risiko für akute myeloische Leukämie (AML) senken.
  • Daten von über 412.000 Menschen belegen: Wer Metformin einnimmt, hat seltener diese Genveränderung – unabhängig von Diabetes oder Körpergewicht.
  • Metformin gilt als vielversprechender Kandidat für die Leukämie-Vorsorge, da es ohne neue Wirkstoffe oder Zulassungsverfahren auskommen könnte, vorausgesetzt, klinische Studien bestätigen den Schutz für Risikopatienten.

Übrigens: Metformin wirkt nicht nur gegen Diabetes und möglicherweise Leukämie – es könnte auch das Gehirn verjüngen. In einer Langzeitstudie verlangsamte das Medikament den Alterungsprozess bei Affen um ganze sechs Jahre. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

2 thoughts on “Blutkrebs früher stoppen? – Diabetes-Medikament könnte Leukämie vorbeugen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert