Wer gemeinsam puzzelt, bewegt sich hinterher unbewusst synchron

Beim gemeinsamen Puzzeln stimmen sich Körper unbewusst aufeinander ab – Kooperation lässt Bewegungen wie von selbst synchron verlaufen.

Wer gemeinsam Aufgaben löst, bewegt sich im gleichen Takt

Mehrere Hände greifen gleichzeitig nach Puzzleteilen – ein stilles Sinnbild für Zusammenarbeit und das Ringen um das große Ganze. © Midjourney

Wenn Menschen zusammenarbeiten, entsteht oft mehr als nur ein gemeinsames Ergebnis. Manchmal kommt es zu einer Art stillem Einverständnis – ein Gefühl, im gleichen Rhythmus zu handeln. Dieses Phänomen ist messbar, wie eine aktuelle Studie der Universität Wien zeigt. Die Forscher wollten wissen, ob Menschen, die gemeinsam Aufgaben lösen, sich danach auch körperlich stärker aufeinander einstimmen. Die Antwort lautet: ja, und zwar deutlich.

Wer schon einmal mit jemandem ein Möbelstück aufgebaut oder ein schwieriges Rätsel gelöst hat, kennt das Gefühl, irgendwann „im gleichen Takt“ zu sein. Genau diesen Effekt haben die Wissenschaftler nun im Labor überprüft – mit einer ungewöhnlichen Kombination aus Puzzeln und Trampolinspringen.

Wenn Kooperation in Bewegung übergeht

Das Team um Sportpsychologin Clara Scheer und Kognitionsbiologe Tecumseh Fitch ließ 34 Paare aus Männern oder Frauen zwischen 18 und 40 Jahren gegeneinander antreten – aber nicht im Wettkampf, sondern in zwei Varianten des Zusammenarbeitens. Die einen lösten gemeinsam ein Puzzle, die anderen arbeiteten getrennt an zwei identischen Aufgaben. Anschließend sollten beide Partner auf zwei Trampolinen springen – ohne Blickkontakt, aber gegenüberstehend.

An der Hüfte trugen sie Beschleunigungssensoren, die jede Bewegung aufzeichneten. So ließ sich später exakt messen, wie gleichmäßig die Paare im Takt waren. Das Ergebnis: Diejenigen, die vorher gemeinsam gepuzzelt hatten, hüpften im Anschluss deutlich synchroner.

„Paare, die gemeinsam an einem Puzzle gearbeitet hatten, zeigten eine signifikant höhere Synchronisation beim Trampolinspringen“, erklärt Scheer. Die Werte waren nicht nur gefühlt, sondern rechnerisch belegt: Die Synchronität war fast viermal so hoch wie bei den Paaren, die zuvor getrennt gearbeitet hatten.

Sympathie ist fast wichtiger als Teamarbeit

Doch das Puzzle war nur der Anfang. Die Wiener Forscher wollten außerdem wissen, ob Sympathie eine Rolle spielt. Deshalb befragten sie die Teilnehmer vor und nach dem Experiment zu Stimmung und gegenseitiger Sympathie. Das Ergebnis überraschte selbst das Forschungsteam: Nicht die gemeinsame Aufgabe allein entschied über den Gleichklang, sondern vor allem das, was schon vorher da war – gegenseitiges Wohlwollen.

„Die anfängliche Sympathie zwischen den Teilnehmern hatte einen starken positiven Einfluss auf die spätere Synchronisation“, heißt es in der Studie. Mit anderen Worten: Wer sich auf Anhieb sympathisch findet, stimmt sich leichter aufeinander ein – egal, ob beim Puzzeln, Musizieren oder Tanzen.

Interessant ist auch: Die Stimmung der Teilnehmer verbesserte sich nach dem gemeinsamen Puzzeln deutlich. In der Gruppe, die einzeln arbeitete, blieb sie unverändert. Offenbar löst Kooperation nicht nur gemeinsame Bewegungen aus, sondern auch gemeinsame Emotionen.

Zusammenarbeit schafft Verbindung

Die Forscher nennen diesen Effekt „sozialen Klebstoff“. Er beschreibt, wie gemeinsames Handeln Menschen buchstäblich näherbringt. Das Prinzip kennt man aus vielen Lebensbereichen:

  • Wer regelmäßig mit anderen Sport treibt, fühlt sich stärker verbunden.
  • In Schulklassen oder Teams, die Aufgaben gemeinsam lösen, wächst Vertrauen.
  • Auch in Paarbeziehungen kann gemeinsames Tun das Wir-Gefühl festigen.

Dass sich diese Bindung sogar körperlich messen lässt, unterstreicht, wie tief Kooperation im Menschen verankert ist. Schon kurze, positive Interaktionen können also genügen, um eine Art unbewusste Abstimmung zu erzeugen – selbst bei völlig Fremden.

Kooperation gezielt fördern – so funktioniert es

Die Erkenntnisse lassen sich leicht in den Alltag übertragen. Ob in Schule, Beruf oder Sport – kleine, kooperative Aufgaben können helfen, das Miteinander zu verbessern. Wichtig ist, dass sie nicht wettbewerbsorientiert sind, sondern auf gemeinsames Zielerreichen setzen. Geeignet sind etwa:

  • ein Mini-Puzzle oder kurzes Knobelspiel vor einem Meeting
  • gemeinsames Sortieren oder Ordnen von Materialien
  • eine einfache, rhythmische Übung im Stehen oder Gehen

Solche Aufgaben müssen nicht lange dauern. Schon wenige Minuten gemeinsames Tun genügen, um Vertrauen und Synchronität zu fördern.

Kurz zusammengefasst:

  • Menschen, die zuvor gemeinsam Aufgaben lösen, bewegen sich später messbar synchron – Kooperation wirkt wie ein körperlicher Gleichklang.
  • Entscheidend ist nicht nur die Zusammenarbeit selbst, sondern auch die gegenseitige Sympathie: Wer sich mag, stimmt sich leichter aufeinander ein.
  • Schon kurze gemeinsame Tätigkeiten wie Puzzeln können Vertrauen, Stimmung und unbewusste Abstimmung zwischen Menschen fördern.

Übrigens: Wenn zwei Menschen denselben Moment der Freude teilen, sinkt ihr Stresslevel messbar – selbst in schwierigen Beziehungen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Midjourney

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