Ein Prozent heizt der Welt ein – So groß ist der CO2-Fußabdruck der Reichen
Reiche verursachen weltweit deutlich mehr CO2 als andere Bevölkerungsgruppen und sind für zwei Drittel der Erderwärmung seit 1990 verantwortlich.

Ein Privatjet verursacht pro Flug enorme Mengen CO2 – der exzessive Lebensstil vieler Reicher trägt überdurchschnittlich zur Erderwärmung bei. © Unsplash
Privatjets, Villen mit beheizten Pools, weltweite Investmentportfolios – wer über großen Reichtum verfügt, lebt nicht nur komfortabler, sondern hinterlässt auch einen überdurchschnittlich großen ökologischen Fußabdruck. Eine neue Studie zeigt nun, wie stark dieser Lebensstil tatsächlich zur Klimakrise beiträgt: Reiche verursachen deutlich mehr CO2 als der Rest der Bevölkerung – die reichsten zehn Prozent sind demnach für rund zwei Drittel der menschengemachten Erderwärmung seit 1990 verantwortlich. Besonders auffällig ist dabei die Rolle des obersten Prozents. Diese Gruppe allein war für rund 20 Prozent der Erderwärmung verantwortlich – mehr als die gesamte ärmste Hälfte der Weltbevölkerung zusammen.
Deutlicher Zusammenhang zwischen Wohlstand und Klimafolgen
Die Studie wurde von einem internationalen Forschungsteam unter Leitung der ETH Zürich und dem International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) erstellt. Die Forscher berechneten, welche Einkommensgruppen welchen Anteil an der Erderwärmung haben.
Dabei bezogen sie nicht nur den direkten Konsum mit ein, sondern auch Investitionen. Denn finanzielle Beteiligungen an klimaschädlichen Unternehmen – etwa in der fossilen Energiebranche – führen ebenfalls zu erheblichen CO2-Emissionen.
Die ökologischen Fußabdrücke der reichsten Menschen sind unmittelbar mit den Klimaauswirkungen verbunden.
Studienleiterin Sarah Schöngart
Reiche verursachen massiv CO2 und verschärfen Hitzeextreme weltweit
Besonders deutlich zeigt sich der Einfluss der Emissionen beim Thema Hitzeextreme. Das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung trug laut der Analyse 26-mal mehr zu extremen Hitzewellen bei als der weltweite Durchschnitt. Die reichsten zehn Prozent verursachten über siebenmal mehr solcher Ereignisse.
Diese Entwicklungen betreffen vor allem Länder mit niedrigen Einkommen. In Regionen wie dem Amazonasbecken, Südostasien oder Zentralafrika hat sich der Studie zufolge die Wahrscheinlichkeit für extrem heiße Monate durch die Emissionen der reichsten Gruppen mindestens verdoppelt – teilweise sogar verdreifacht.
Große Unterschiede innerhalb und zwischen Staaten
Emissionsungleichheiten zeigen sich nicht nur zwischen Ländern, sondern zunehmend auch innerhalb einzelner Staaten. In den USA etwa emittieren die reichsten zehn Prozent etwa 3,1-mal so viel CO2 wie der nationale Durchschnitt und rund 17-mal so viel wie der globale Durchschnitt. Das oberste Prozent verursacht sogar 53-mal so viel CO2, wie ihm bei einer fairen Verteilung zustehen würde.
Ein besonders drastisches Beispiel nennt die Studie mit Blick auf Superreiche: 125 Milliardäre verursachen zusammen so viele Emissionen wie jeweils eine Million Menschen aus den ärmsten 90 Prozent der Weltbevölkerung.
Was wäre, wenn alle wie Reiche lebten?
Die Forscher simulierten auch hypothetische Szenarien. Wäre die gesamte Weltbevölkerung seit 1990 so klimafreundlich wie die ärmste Hälfte der Menschheit gewesen, hätte es nahezu keine zusätzliche globale Erwärmung gegeben.
Hätten dagegen alle Menschen den Lebensstil der reichsten zehn Prozent angenommen, wäre die Durchschnittstemperatur um etwa 2,9 Grad Celsius gestiegen. Bei einem Konsumverhalten wie dem des oberstes Prozents läge die Erwärmung sogar bei 6,7 Grad – beim reichsten Promille bei 12,2 Grad.
Investitionen als entscheidender Faktor
Ein zentrales Ergebnis der Studie betrifft den Zusammenhang zwischen Vermögensverwendung und Klimafolgen. Viele der klimarelevanten Emissionen entstehen nicht nur durch persönlichen Konsum, sondern durch Kapitalanlagen. Reiche, die große Summen in fossile Energien, emissionsintensive Infrastruktur oder nicht-nachhaltige Produktionsketten investieren, verursachen CO2-Ausstoß in einem Ausmaß, das mit dem mehrerer Länder vergleichbar ist.
Dabei wirkt sich Kapital nicht nur indirekt aus. Laut der Studie gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass große Privatvermögen Einfluss auf politische Prozesse nehmen und dadurch klimapolitische Maßnahmen verzögert oder abgeschwächt werden.
Folgen ungleich verteilt – Belastung für ärmere Regionen
Die Folgen dieser Emissionen treffen vor allem jene Regionen, die selbst nur einen sehr geringen Beitrag zur Erderwärmung leisten. Länder des Globalen Südens sind besonders häufig von klimabedingten Naturkatastrophen wie Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen betroffen.
Die Ungleichheit ist auch innerhalb dieser Länder spürbar: Wohlhabendere Bevölkerungsgruppen können sich häufig besser anpassen oder schützen – etwa durch Zugang zu klimatisierten Räumen, Versicherungen oder private Mobilität. Geringverdiener sind diesen Extremereignissen hingegen häufig schutzlos ausgesetzt.
Klimapolitik soll Reiche stärker an CO2-Kosten beteiligen
Die Forscher fordern deshalb eine stärkere politische Fokussierung auf Emissionsgerechtigkeit. Derzeit würden Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen überwiegend auf den Massenkonsum der Mittelschicht zielen – etwa über CO2-Bepreisung oder Energiesteuern.
Für eine wirksamere Klimapolitik schlagen die Wissenschaftler deshalb gezielte Abgaben auf besonders große Vermögen, Finanztransaktionen oder klimaschädliche Investitionen vor. Auch steuerliche Anreize für nachhaltige Investitionen könnten einen Beitrag leisten, um die Emissionen der vermögendsten Gruppen zu senken.
Reiche treiben Klimakrise voran – die Ärmsten tragen die Folgen
Der Bericht verweist auch auf Stimmen aus der Zivilgesellschaft. Ellen Ehmke von Oxfam sagte: „Die katastrophalen Folgen der Klimakrise sind schon heute vielerorts spürbar. Für den Konsumrausch einer reichen Minderheit zahlen die Ärmsten den Preis.“
Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland ergänzt: „Durch ihren extremen Konsum befeuern die Reichen und Superreichen die Klimakrise, die mit Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen bedroht – insbesondere in einkommensschwachen Ländern.“
Die Studie zeigt deutlich, wie ungleich die globale Klimabelastung verteilt ist. Ein relativ kleiner Teil der Weltbevölkerung trägt einen Großteil zur Erderwärmung bei. Die damit verbundenen Folgen treffen jedoch vor allem jene, die weder die Mittel noch die Verantwortung dafür tragen.
Zukünftige klimapolitische Maßnahmen müssten deshalb verstärkt auf jene Gruppen abzielen, die durch ihren Lebensstil und ihre Finanzkraft den größten Einfluss auf das globale Klima haben.
Kurz zusammengefasst:
- Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung haben etwa 65 Prozent der Erderwärmung seit 1990 verursacht – vor allem durch hohen Konsum und klimaschädliche Investitionen.
- Das oberste Prozent trägt allein 20 Prozent zur Erderwärmung bei und ist 26-mal stärker an extremen Hitzewellen beteiligt als der weltweite Durchschnitt.
- Besonders betroffen sind einkommensschwache Regionen, obwohl sie kaum Emissionen verursachen – Forscher fordern deshalb gezielte Klimapolitik gegen diese Ungleichverteilung.
Übrigens: Schon vor über 2.000 Jahren haben Menschen das Klima verändert. Welche Spuren diese Eingriffe bis heute hinterlassen – mehr dazu in unserem Artikel.
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