Mitgefühl wirkt wie Medizin: Neue Studie zeigt, wie Helfen das Leben verbessert

Menschen, die anderen helfen, leben ausgeglichener. Eine Studie der Universität Mannheim zeigt, dass Mitgefühl das Wohlbefinden fördert.

Eine jüngere und eine ältere Frau umarmen sich

Mitgefühl wirkt weltweit ähnlich: Menschen profitieren unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft, wenn sie anderen empathisch begegnen. © Pexels

Freundlich zu sein kostet nichts, sorgt aber für erstaunlich hohe Gewinne in Bezug auf Lebensqualität. Wer anderen hilft, tut nicht nur etwas Gutes für die Gemeinschaft, sondern auch für sich selbst. Eine neue Studie der Universität Mannheim zeigt, dass Mitgefühl messbar das Wohlbefinden verbessert. Menschen, die empathisch handeln, sind im Durchschnitt zufriedener, ausgeglichener und erleben ihr Leben als sinnvoller.

Für die Meta-Analyse werteten drei Wissenschaftlerinnen Daten von über 16.000 Teilnehmer aus mehr als 40 Studien aus. Zwischen Mitgefühl und Wohlbefinden fanden sie einen deutlich nachweisbaren Zusammenhang, der unabhängig von Alter, Geschlecht oder Kultur blieb.

Mitgefühl steigert Sinn und Wohlbefinden

Die Psychologinnen Majlinda ZhuniqFriedericke Winter und Corina Aguilar-Raab untersuchten, ob sich die Wirkung von Selbstmitgefühl auch auf Mitgefühl für andere übertragen lässt. Während Selbstfürsorge schon länger als gesundheitsfördernd gilt, war unklar, ob Mitgefühl gegenüber anderen ähnliche Effekte zeigt.

Wer mitfühlend handelt – zuhört, hilft oder unterstützt – empfindet mehr Freude, Zufriedenheit und soziale Nähe. Der gemessene Effekt (r = 0,26) gilt in der Psychologie als verlässlich. Besonders stark wirkt Mitgefühl auf das psychologische Wohlbefinden, also auf Sinn, persönliches Wachstum und positive Beziehungen.

Der Zusammenhang zwischen Mitgefühl und Wohlbefinden zeigte sich in allen untersuchten Gruppen – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Ob in Europa oder Asien, jung oder alt: Mitgefühl wirkt überall ähnlich stark. Damit gilt es als universeller Bestandteil psychischer Gesundheit. Es scheint tief im sozialen Wesen des Menschen verankert zu sein.

Positive Gefühle überwiegen die Wirkung auf Stress

Mitgefühl entfaltet seine stärkste Wirkung dort, wo positive Gefühle wachsen. Es fördert Freude, Vertrauen und das Gefühl von Zugehörigkeit – ein inneres Gegengewicht zu Stress und Hektik. Zwar mildert es Ängste oder Traurigkeit nur begrenzt, doch es stärkt das, was Menschen im Alltag trägt: Dankbarkeit, Sinn und emotionale Stabilität.

Die Forscherinnen der Universität Mannheim nennen Mitgefühl einen „emotionalen Verstärker“, weil es hilft, selbst in schwierigen Momenten Hoffnung und Orientierung zu bewahren.

Mitgefühl lässt sich trainieren – und das messbar

Die Analyse schloss auch Studien ein, in denen Mitgefühl gezielt trainiert wurde – etwa durch Meditation, Achtsamkeitsübungen oder Programme wie das „Compassion Cultivation Training“. Die Teilnehmer berichteten anschließend über ein spürbar höheres Wohlbefinden.

Im Schnitt stiegen die Werte um 0,45 Punkte auf der Effektstärkenskala (Hedges’ g) – ein mittlerer, aber deutlicher Anstieg. Solche Trainings lassen sich in verschiedenen Bereichen anwenden:

  • Schulen und Bildungseinrichtungen, um soziale Fähigkeiten zu fördern
  • Pflege- und Gesundheitsberufe, um psychische Belastungen zu reduzieren
  • Unternehmen, um Teamgeist und emotionale Stabilität zu stärken

Mitgefühl als Gesundheitsfaktor

„Mitgefühl für andere leistet einen bedeutenden Beitrag zum allgemeinen Wohlbefinden“, schreiben die Studienautorinnen. Wer empathisch handelt, aktiviert dabei Hirnregionen, die mit Nähe, Zufriedenheit und Belohnung verbunden sind.

Da psychisches Wohlbefinden eng mit körperlicher Gesundheit, sozialer Stabilität und sogar der Lebenserwartung zusammenhängt, könnte Mitgefühl künftig ein wichtiger Baustein in der Prävention werden. Es stärkt Beziehungen und senkt das Risiko für Einsamkeit oder depressive Verstimmungen.

Kleine Gesten mit großer Wirkung

Schon kleine Handlungen können viel bewirken – ein offenes Ohr, eine freundliche Geste, Hilfe im Alltag. Mitgefühl verbessert nicht nur das Miteinander, sondern auch die eigene Stimmung. Erstautorin Zhuniq sagt: „Wenn es gelingt, Mitgefühl gezielt zu fördern – etwa durch Bildung, soziale Projekte oder digitale Trainings – verbessert das nicht nur die Lebensqualität einzelner Menschen, sondern auch das soziale Miteinander.“

Kurz zusammengefasst:

  • Mitgefühl steigert nachweislich das Wohlbefinden. Laut einer Meta-Analyse der Universität Mannheim mit über 16.000 Teilnehmern empfinden Menschen, die anderen helfen oder empathisch handeln, mehr Zufriedenheit, Freude und Sinn im Leben.
  • Der Effekt ist universell: Alter, Geschlecht oder Herkunft spielen keine Rolle – Mitgefühl wirkt überall ähnlich stark und stärkt vor allem die positiven Seiten des Lebens wie Hoffnung, Verbundenheit und psychische Stabilität.
  • Mitgefühl lässt sich trainieren: Achtsamkeits- und Mitgefühlprogramme erhöhen das Wohlbefinden messbar und können in Schulen, Unternehmen oder Pflegeberufen zur Förderung psychischer Gesundheit eingesetzt werden.

Übrigens: Mitgefühl und Hoffnung wirken oft gemeinsam – beide geben Halt, wenn das Leben unruhig wird. Forscher der University of Missouri-Columbia zeigen, dass Hoffnung sogar stärker mit Lebenssinn verbunden ist als Glück. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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