Männer fühlen sich oft klüger als Frauen – Das ist der Grund

Männer überschätzen ihre Intelligenz, Frauen zweifeln an sich. Eine Studie zeigt, wie sich das auf Karriere und Gehalt auswirkt.

Männer tendieren eher dazu, sich für schlauer zu halten, als sie eigentlich sind – bei Frauen ist es genau umgekehrt. © Vecteezy

Männer tendieren eher dazu, sich für schlauer zu halten, als sie eigentlich sind – bei Frauen ist es genau umgekehrt. © Vecteezy

Wenn Menschen ihre eigene Intelligenz einschätzen sollen, neigen sie dazu, sich als überdurchschnittlich klug zu sehen. Dieses Phänomen, bekannt als „Above-Average-Effekt“, ist ein weit verbreiteter Trugschluss. Er beschreibt die kognitive Verzerrung, bei der Menschen sich selbst in positiven Eigenschaften – wie Intelligenz oder Fahrkönnen – besser als den Durchschnitt einschätzen, obwohl das statistisch unmöglich ist. Doch eine Studie von David Reilly und seinem Team zeigt: Männer überschätzen sich dabei deutlich, während Frauen ihre Intelligenz oft unterschätzen.

Selbstbild und Wirklichkeit klaffen auseinander

Die Forschungsergebnisse zeigen: Während Männer sich oft als besonders schlau einschätzen, bleiben Frauen mit ihrer Einschätzung bescheidener. Dabei gibt es keine biologischen Unterschiede in der tatsächlichen Intelligenz. „Psychologen und Intelligenzforscher sind sich einig: Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrem IQ nicht“, erklärt Reilly in einem Beitrag für The Conversation. Trotzdem bleiben veraltete Stereotypen bestehen.

Historisch wurde Intelligenz oft mit Schädelgröße verknüpft. Da Frauen durchschnittlich kleinere Köpfe haben, galt dies früher als Beleg für geringere Intelligenz. Diese Vorstellung ist heute längst widerlegt. Dennoch zeigen Experimente, dass tief verankerte Annahmen zur geistigen Leistungsfähigkeit von Männern und Frauen fortbestehen.

„Männliche Hybris, weibliche Bescheidenheit“

Psychologe Adrian Furnham prägte dafür den Begriff „male hubris, female humility“, also „männliche Hybris, weibliche Bescheidenheit“. Die Forschergruppe um Reilly fand heraus, dass nicht nur das biologische Geschlecht eine Rolle spielt, sondern auch psychologische Geschlechtsmerkmale. Menschen mit stark ausgeprägten maskulinen Charakterzügen – egal ob Männer oder Frauen – schätzten ihre Intelligenz höher ein als andere. Feminin geprägte Persönlichkeiten zeigten diesen Effekt hingegen nicht.

Selbst in modernen Gesellschaften, die offiziell keine Unterschiede in der Intelligenz zwischen den Geschlechtern machen, existieren unterschwellige Annahmen weiter. Ein klassisches Beispiel: In früheren Studien sollten Eltern die Intelligenz ihrer Kinder bewerten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Jungen wurden durchgehend als klüger eingeschätzt als Mädchen.

Einfluss auf Schulwahl und Karriere

Dieser stereotype Blick auf Intelligenz hat weitreichende Konsequenzen. Wenn Mädchen annehmen, sie seien weniger intelligent als ihre Mitschüler, kann dies Auswirkungen auf ihre Fächerwahl und damit auf ihre beruflichen Perspektiven haben. „Wenn du denkst, dass du es nicht kannst, versuchst du es erst gar nicht“, so Reilly.

Besonders in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) meiden Mädchen oft anspruchsvolle Kurse. Dies führt später zu einer geringeren Repräsentation von Frauen in gut bezahlten technischen und wissenschaftlichen Berufen. Die Folge: geringere Gehaltsaussichten und weniger Verhandlungsmacht gegenüber Arbeitgebern.

Eine Studie mit realem IQ-Test

Reilly und sein Team gingen noch einen Schritt weiter als in der oben genannten Eltern-Studie. Sie ließen Probanden zunächst ihren eigenen IQ schätzen und konfrontierten sie dann mit einem echten Intelligenztest. Ziel war es, herauszufinden, ob Männer und Frauen völlig unrealistische Vorstellungen von ihrer Intelligenz hatten.

Die Ergebnisse zeigten ein klares Muster: Beide Gruppen konnten ihre intellektuellen Fähigkeiten relativ gut einschätzen, doch die Richtung der Fehleinschätzung unterschied sich. Männer tendierten dazu, ihre Intelligenz zu überbewerten, während Frauen sie eher unterschätzten.

Interessanterweise spielte nicht nur das biologische Geschlecht eine Rolle. Besonders Personen mit hohen Werten auf der „Maskulinitäts-Skala“ neigten zu einer übertrieben positiven Selbsteinschätzung. Reilly fasst zusammen:

Maskuline Charakterzüge gehen mit einem erhöhten Selbstvertrauen einher, unabhängig davon, ob jemand biologisch männlich oder weiblich ist.

Selbstvertrauen als Schlüsselfaktor

Ein weiterer wichtiger Faktor war das allgemeine Selbstwertgefühl. Personen mit hoher Selbstachtung sahen auch ihre intellektuellen Fähigkeiten positiver. Da Männer im Durchschnitt ein höheres Selbstwertgefühl angaben als Frauen, spiegelte sich dies auch in ihren IQ-Schätzungen wider.

Diese Unterschiede entwickeln sich bereits in der frühen Jugend. Untersuchungen zeigen, dass Mädchen oft weniger Selbstvertrauen in ihre akademischen Fähigkeiten haben als Jungen. Das kann sich langfristig auf ihre Bildungs- und Karrierewege auswirken.

Wie sich Denkmuster ändern lassen

Die Studie verdeutlicht, dass gesellschaftliche Erwartungen und Erziehung eine große Rolle dabei spielen, wie Menschen ihre Intelligenz wahrnehmen. Elterliche Erwartungen haben nachweislich Einfluss darauf, wie Kinder ihre eigenen Fähigkeiten einschätzen und welche Berufswege sie später einschlagen.

Reilly betont: „Wir sollten Mädchen von früh an vermitteln, dass sie genauso klug und fähig sind wie Jungen.“ Schulen und Eltern können gezielt daran arbeiten, Stereotype zu hinterfragen und das Selbstvertrauen von Mädchen zu stärken.

Obwohl die Forschung zeigt, dass es keine biologischen Unterschiede in der Intelligenz zwischen Männern und Frauen gibt, bleiben veraltete Vorstellungen bestehen. Die Art und Weise, wie Kinder erzogen und in ihrer Selbstwahrnehmung bestärkt werden, spielt eine entscheidende Rolle. Wer von klein auf beigebracht bekommt, dass er oder sie alles erreichen kann, wird es auch eher versuchen.

Kurz zusammengefasst:

  • Männer überschätzen, Frauen unterschätzen ihre Intelligenz, obwohl es keine biologischen IQ-Unterschiede gibt – ein Effekt, der stark mit Selbstvertrauen und maskulinen Persönlichkeitsmerkmalen zusammenhängt.
  • Elterliche Erwartungen und gesellschaftliche Stereotype prägen das Selbstbild früh, was dazu führt, dass Mädchen seltener MINT-Fächer wählen und ihre Fähigkeiten geringer einschätzen.
  • Ein höheres Selbstwertgefühl fördert eine realistischere Einschätzung der eigenen Intelligenz, weshalb es wichtig ist, das Vertrauen von Mädchen in ihre Fähigkeiten gezielt zu stärken.

Bild: © Vecteezy

1 thought on “Männer fühlen sich oft klüger als Frauen – Das ist der Grund

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert