Junge Menschen fordern mehr Finanzbildung an Schulen, doch ein Verband sträubt sich

Jugendliche fordern mehr Finanzbildung in der Schule. Studien belegen, dass bei Wirtschaft und Finanzen große Wissenslücken herrschen.

students use modern technology for a school project

Wenn es nach den Schülern in Deutschland geht, sollten Wirtschaft und Finanzen stärker im Lehrplan vertreten sein. © Vecteezy

Der Wunsch junger Menschen nach mehr Finanzbildung in der Schule wird immer lauter, wie das Bildungsmagazin News4Teachers berichtet. Laut der aktuellen Jugendstudie des Bankenverbands befürwortet eine überwältigende Mehrheit der Befragten, dass Wirtschaft und Finanzen stärker im Lehrplan verankert werden. 

Man lernt in der Schule viel zu wenig fürs Leben. Dabei geht es um Dinge wie: Wie bewerbe ich mich auf einen Job? Wie suche ich eine Wohnung? Und was gehört eigentlich dazu, wenn ich mein Leben selbst organisieren muss?

Sebastian (16), Bürgerrat München

Finanzwissen bleibt oft auf der Strecke

Die Ergebnisse der Jugendstudie, die im Auftrag des Bankenverbands vom Marktforschungsunternehmen Kantar durchgeführt wurde, sind alarmierend: 92 Prozent der 14- bis 24-Jährigen wünschen sich mehr Wirtschafts- und Finanzwissen im Unterricht. 86 Prozent plädieren sogar für ein eigenes Schulfach. Besonders gefragt sind Themen wie der Umgang mit Geld und Altersvorsorge, die bisher im Unterricht kaum behandelt werden. In der Praxis lernen sie „wenig“ oder „so gut wie nichts“ über Wirtschaft und Finanzen, wie 40 Prozent der befragten Schüler angeben.

Der absolute Großteil der befragten Schüler in Deutschland wünscht sich mehr Finanzbildung in der Schule. (Quelle: Bankenverband)
Der absolute Großteil der befragten Schüler in Deutschland wünscht sich mehr Finanzbildung in der Schule. (Quelle: Bankenverband)

Interesse an wirtschaftlichen Themen wächst

Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Diese Studie zeigte, dass wirtschaftliche Inhalte nicht nur im Kontext von Finanzen relevant sind. Junge Menschen interessieren sich auch für berufliche Weiterentwicklung (81 Prozent), das Rentensystem (79 Prozent) und Chancengleichheit (78 Prozent). Work-Life-Balance steht mit 77 Prozent ebenfalls weit oben auf der Liste der gewünschten Themen.

Ein weiteres Argument für mehr Finanzbildung liefert die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): In einer Forsa-Umfrage gaben 93 Prozent der Erwachsenen in Deutschland an, dass Schüler sich intensiver mit Finanzen auseinandersetzen sollten.

Wissenslücken bei jungen Menschen, vor allem Frauen

Trotz des wachsenden Interesses an Finanzthemen bestehen erhebliche Wissenslücken. Nur 35 Prozent der Jugendlichen wissen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) für die Preisstabilität in der Euro-Zone verantwortlich ist. Noch geringer ist der Anteil jener, die die aktuelle Inflationsrate kennen – gerade einmal 18 Prozent.

Was macht die Europäische Zentralbank eigentlich? Die meisten Schüler in Deutschland wissen es nicht. (Quelle: Bankenverband)
Was macht die Europäische Zentralbank eigentlich? Die meisten Schüler in Deutschland wissen es nicht. (Quelle: Bankenverband)

Diese Defizite sind besonders bei Mädchen und jungen Frauen ausgeprägt. Laut der Bankenverbands-Studie wissen nur 24 Prozent von ihnen, dass die EZB für die Preisstabilität zuständig ist, während 60 Prozent den Begriff Aktie erklären können. Zum Vergleich: Bei männlichen Befragten liegt der Anteil bei 45 beziehungsweise 85 Prozent.

Schulen unter Druck – aber nicht allein verantwortlich

Die Forderung, Schulen stärker in die Verantwortung zu nehmen, stößt jedoch auch auf Widerstand. Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), betonte, dass Schulen bereits wichtige Grundlagen vermitteln, darunter Basisrechenoperationen wie den Dreisatz.

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Brand kritisiert daher die Annahme, dass Lehrer dieser Aufgabe nicht nachkommen. Er fordert stattdessen die Schüler auf, das Gelernte aktiv anzuwenden, anstatt eine „rezeptive Haltung“ einzunehmen. Nur so könnten sie wirtschaftliche Themen besser verstehen und sich am Puls der Zeit halten.

Was du dir merken solltest:

  • Jugendliche fordern verstärkt, dass Wirtschafts- und Finanzbildung fester Bestandteil des Schulunterrichts wird, da sie sich unzureichend auf das Leben vorbereitet fühlen.
  • Studien zeigen erhebliche Wissenslücken bei Finanzthemen, insbesondere bei jungen Frauen, und unterstützen die Forderung nach praxisnaher Bildung.
  • Schulen stehen in der Kritik, der Bundesvorsitzende des VBE betont allerdings, dass Schüler das bereits Gelernte eigenverantwortlich anwenden müssen.

Übrigens: Ablenkung, Erschöpfung und KI: Deutsche stehen vor Herausforderungen beim Lernen. Der „IU Lernreport 2024“ zeigt, wie Menschen in Deutschland am effektivsten lernen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy

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