Verhaltensauffälliges Schulkind? – Oft steckt die Depression des Vaters dahinter

Kinder mit depressiven Vätern zeigen laut einer neuen Studie später häufiger Verhaltensprobleme und soziale Schwierigkeiten im Schulalltag.

Vater mit Depression hinterlässt Spuren beim Kind

Kinder, deren Väter unter Depressionen litten, zeigen laut einer neuen Studie in der Grundschule häufiger auffälliges Verhalten und soziale Defizite. © Pexels

Leidet der Vater an einer Depression, zeigt sich das oft Jahre später beim Kind. Eine Studie der Rutgers University zeigt nun, wie sehr sich väterliche Depressionen langfristig auf das Verhalten und die sozialen Fähigkeiten von Kindern auswirken können. Die im American Journal of Preventive Medicine veröffentlichte Studie konzentriert sich auf Kinder, deren Väter beim Eintritt in den Kindergarten unter Depressionen litten – mit alarmierenden Ergebnissen.

Wenn der Vater krank ist, fällt das Kind im Klassenzimmer auf

Lehrer berichten auffallend häufig von Problemen, wenn Kinder in der frühen Kindheit mit einem depressiven Vater aufgewachsen sind. Die Studie zeigt: Im Alter von neun Jahren wirken diese Kinder oft unruhig, aggressiv und sozial überfordert. Laut Lehrkräften zeigen sie zu 36 Prozent häufiger oppositionelles Verhalten – also Widerspruch, Trotz und Regelverstöße. Auch Hyperaktivität trat 37 Prozent häufiger auf, ADHS-Symptome 25 Prozent öfter.

Gleichzeitig hatten sie größere Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Kindern: Teamarbeit, Rücksichtnahme oder Selbstkontrolle waren deutlich schwächer ausgeprägt. Im Schnitt wurden ihre sozialen Fähigkeiten um 11 Prozent schlechter bewertet.

Lehrer beobachten, was zu Hause oft übersehen wird

Das Besondere an der Studie: Es sind nicht Eltern oder Ärzte, die die Auffälligkeiten bemerken – sondern Lehrer. Außenstehende, die das Kind täglich im Schulalltag erleben. Diese unabhängige Perspektive macht die Ergebnisse besonders überzeugend. Und sie zeigen, dass Depressionen von Vätern weit über die Familiengrenzen hinaus wirken.

Die Forscher nutzten Daten aus der US-weiten Future of Families and Child Wellbeing Study. Erfasst wurden depressive Symptome bei Vätern, als ihre Kinder fünf Jahre alt waren – also kurz vor dem Schuleintritt. Vier Jahre später, mit neun, gaben die Lehrkräfte Auskunft über das Verhalten dieser Kinder im Klassenzimmer.

Was depressive Väter ihren Kindern unbewusst mitgeben

Die Studie zeigt: Wenn Väter unter Depressionen leiden, fehlt oft die emotionale Nähe. Sie sind weniger präsent, ziehen sich zurück, werden strenger oder ungeduldiger. Für Kinder bedeutet das Stress. Sie bekommen weniger Orientierung, weniger Sicherheit – und entwickeln häufiger problematisches Verhalten.

In besonders schweren Fällen steigt das Risiko für oppositionelles Verhalten auf das 1,8-Fache. Diese Kinder gelten dann als klinisch auffällig – mit Auswirkungen auf ihre schulische Laufbahn, ihre Freundschaften und ihre Zukunft.

Väter dürfen nicht länger übersehen werden

Lange lag der Fokus auf den Müttern, insbesondere auf deren psychischer Gesundheit in der Zeit nach der Geburt. Dabei trifft es auch Väter – und zwar nicht zu knapp. Zwischen 8 und 13 Prozent der Väter in den USA zeigen in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder depressive Symptome. Wenn auch die Mutter betroffen ist, steigt der Anteil auf bis zu 50 Prozent.

„Depressionen sind behandelbar. Um die ganze Familie zu unterstützen, müssen Kinderärzte beginnen, mit Vätern darüber zu sprechen und väterzentrierte Maßnahmen zu entwickeln, die ihren Bedürfnissen entsprechen“, fordert Studienleiterin Kristine Schmitz. Es brauche gezielte Hilfsangebote – auch für Männer, die ungern über Gefühle sprechen.

Wer zu spät hilft, lässt Kinder allein kämpfen

Die Studien-Autoren plädieren deshalb dafür, dass Kinderärzte künftig nicht nur Mütter nach ihrem Befinden fragen. Auch Väter sollten in Vorsorgeuntersuchungen eingebunden werden. Ein einfaches Gespräch kann reichen, um den Weg zur Hilfe zu öffnen. Denn je früher eine Depression erkannt wird, desto besser lässt sich gegensteuern – nicht nur für den Vater, sondern auch für das Kind.

Zudem brauchen Schulen mehr Unterstützung, um Kinder mit sozialen Problemen aufzufangen. Förderprogramme für soziales Verhalten, gezielte Gruppenangebote oder Schulpsychologen können helfen, bevor kleine Auffälligkeiten zu großen Hindernissen werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein fünfjähriges Kind, dessen Vater unter einer Depression litt, zeigt im Grundschulalter bis zu 37 Prozent häufiger Verhaltensprobleme wie Hyperaktivität, Trotz oder soziale Unsicherheit.
  • Die negativen Folgen bleiben auch dann bestehen, wenn Einkommen, Bildung oder Depressionen der Mutter berücksichtigt werden – das zeigt die Auswertung von Lehrerberichten aus einer US-Langzeitstudie.
  • Kinderärzte sollten auch mit Vätern über psychische Belastungen sprechen und gezielte Unterstützungsangebote schaffen, um betroffene Kinder frühzeitig zu schützen.

Übrigens: Depressionen sorgen 2024 für einen neuen Höchststand an Fehltagen – besonders ältere Beschäftigte sind betroffen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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