Wer sich als Kind geliebt fühlt, erlebt die Welt später als sicheren Ort
Wachsen Kinder in einem liebevollen Elternhaus auf, fühlen sie sich als junge Erwachsene später oft sicher – unabhängig von äußeren Lebensumständen.

Zuhause ist, wo offene Arme warten: Emotionale Wärme im Elternhaus legt den Grundstein für ein sicheres Lebensgefühl. © Pexels
Ob junge Menschen die Welt als sicher oder bedrohlich empfinden, hängt oft nicht von der Nachbarschaft oder der wirtschaftlichen Lage ab – sondern von der Atmosphäre im Elternhaus, welche entscheidend die Weltsicht prägt. Das zeigt eine groß angelegte Langzeitstudie aus acht Ländern, die jetzt in der Fachzeitschrift Child Development erschienen ist.
Kinder, die sich im Elternhaus gesehen, gehört und ernst genommen fühlten, schätzen die Welt später als „gut“, „sicher“ und „einladend“ ein. Die Forscher befragten über 1.200 Kinder zwischen 8 und 16 Jahren sowie deren Eltern. Mit 22 Jahren wurden dieselben jungen Erwachsenen erneut interviewt – diesmal zu ihrem Blick auf die Welt.
Sicherheit beginnt im Kinderzimmer
Die wichtigste Erkenntnis: Emotionale Nähe in der Kindheit beeinflusst langfristig, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen. Dr. Jennifer Lansford, Projektleiterin von der Duke University, sagte: „Elterliche Wärme sagte positive Weltbilder zuverlässig voraus.“ Wer sich als Kind zu Hause aufgehoben fühlte, neigt später dazu, die Welt als sicheren Ort zu erleben.
Andere Aspekte wie Armut, Nachbarschaftsgewalt oder strenge Erziehung spielten überraschend wenig Rolle. Sogar Jugendliche aus gefährlicheren Wohngegenden beschrieben die Welt später oft als sicher – wenn das Elternhaus ein verlässlicher Ort war.
Weltweite Studie: Nähe schlägt äußere Umstände
Dabei untersuchte das Forschungsteam auch Faktoren wie psychologische Kontrolle, elterliche Strenge oder gewährte Freiheit. Das Ergebnis: Nur die emotionale Qualität der Beziehung zu den Eltern hatte messbaren Einfluss auf die späteren Weltanschauungen. Ein Teilnehmer schrieb mit 22 Jahren: „Ich sehe die Welt als ziemlich sicher.“ Solche Aussagen standen in engem Zusammenhang mit der zuvor erlebten Fürsorge im Elternhaus. Die Studie stützt sich auf Angaben aus Kolumbien, Italien, Kenia, Thailand, Schweden, den USA und weiteren Ländern.
Die Untersuchung gehört zum internationalen Projekt „Parenting Across Cultures“. Das Besondere: Sie verknüpft Kindheitsdaten mit den heutigen Überzeugungen junger Erwachsener – über Länder und Kulturen hinweg. Die Wissenschaftler wollten wissen, wie sich familiäre Erfahrungen auf Grundüberzeugungen über die Welt auswirken. Lansford erklärt: „Es war uns wichtig, nicht nur eine Kultur zu betrachten, sondern Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen.“ Trotz regionaler Unterschiede fiel ein Muster besonders auf: Wärme schützt – über Grenzen hinweg.
Hoffnung für Eltern: Einfluss ist möglich
Die Ergebnisse dürften viele Eltern beruhigen. Denn nicht alles im Leben eines Kindes lässt sich steuern – Einkommen, Wohngegend oder Schulform liegen oft nicht in der Hand der Familie. Doch ein stabiles, liebevolles Miteinander kann viel bewirken. „Das ist etwas, das fast alle Eltern leisten können“, so Lansford. Wer Kindern signalisiert, dass ihre Gefühle zählen, legt offenbar den Grundstein für ein gesundes Verhältnis zur Welt. Diese Erkenntnis lässt sich auch auf Großeltern, Pflegeeltern oder andere Bezugspersonen übertragen.
Die Forscher betonen aber auch: Die Studie bildet keine national repräsentativen Gruppen ab. Viele Angaben basierten zudem auf Selbstberichten – was subjektive Verzerrungen nicht ausschließt. Und: Die genauen Ursachen für bestimmte Überzeugungen bleiben offen. Dennoch zeigt die Auswertung ein deutliches Bild: Kinder, die emotionale Wärme erfahren, fühlen sich später sicherer – unabhängig von äußeren Lebensumständen. Die Frage nach dem Wie ist damit greifbarer geworden.
Lansford will künftig noch gezielter untersuchen, wie Kinder selbst über die Welt denken – nicht nur rückblickend im Erwachsenenalter. Denn was ein Achtjähriger als „gut“ empfindet, unterscheidet sich oft von der Sichtweise eines Erwachsenen. Das will das Team künftig stärker berücksichtigen. Ohne Frage: Das Ergebnis der Studie ist ein starkes Signal für Familienpolitik, Bildung – und für jeden, der Verantwortung für Kinder übernimmt.
Kurz zusammengefasst:
- Eine Langzeitstudie mit über 1.200 Kindern aus acht Ländern zeigt: Emotionale Wärme im Elternhaus prägt die Weltsicht und das Sicherheitsgefühl junger Erwachsener stärker als Armut oder Gewalt.
- Kinder, die sich gesehen und ernst genommen fühlen, erleben die Welt später häufiger als sicher, gut und einladend.
- Ein stabiles, liebevolles Umfeld in der Kindheit kann langfristig schützen – unabhängig von äußeren Lebensumständen, wie Einkommen, Nachbarschaft und kulturellem Umfeld.
Übrigens: Worauf Eltern bei der Kindererziehung Wert legen, unterscheidet sich weltweit stark – von strenger Fürsorge bis zu stiller Zuneigung. Einblicke zu den Erziehungs-Stilen in Schweden, Deutschland, USA, Namibia und Co. gibt es in unserem Artikel.
Bild: © Pexels