Vom Zinsertrag leben: Realität oder nur Wunschdenken?

Wie viel Vermögen ist nötig, um von den Zinsen leben zu können, und wie beeinflussen die Inflation und Steuern die Erträge?

Zinsen

Ein Leben von den Zinsen ist theoretisch möglich, erfordert jedoch ein erhebliches Vermögen und eine sorgfältige finanzielle Planung. © Pexels

Die Vorstellung, nur von den Zinsen oder Kapitalerträgen des eigenen Vermögens leben zu können, fasziniert viele. Diese Form des passiven Einkommens würde es ermöglichen, ohne tägliche Arbeit auszukommen. Doch wie die Geldverbesserer von der ZEIT schreiben, ist dies keine leichte Aufgabe. Die Umsetzbarkeit dieses Traums hängt stark von zwei Faktoren ab: der Höhe des Vermögens und der Art der Geldanlage.

Je nach Lebensstandard variieren die erforderlichen monatlichen Einkünfte aus Kapitalerträgen. Beispielsweise benötigt eine Person in einer günstigen Wohngegend möglicherweise deutlich weniger als jemand, der in einer teuren Stadt wie München lebt. Für ein Beispielbudget von 2.500 Euro netto pro Monat müssen Anlagen jährlich mindestens 30.000 Euro nach Steuern abwerfen. Die Herausforderung besteht darin, ein ausreichend großes Vermögen aufzubauen und anzulegen, das solche Erträge generieren kann.

Die Rolle der Rendite und Kapitalbedarf

Die Höhe des notwendigen Kapitals wird stark von der Rendite der gewählten Anlageform beeinflusst. Bei einer konservativen Anlage wie einem Tagesgeldkonto, das drei Prozent Zinsen bietet, wären theoretisch etwa 1,01 Millionen Euro nötig, um die gewünschten 30.000 Euro jährlich zu erzielen. Jedoch sind die Zinsbedingungen aktuell oft weit niedriger, was den Kapitalbedarf erheblich erhöhen kann.

Einfluss von Inflation und Steuern

Ein wesentlicher Faktor, der die Rendite schmälert, ist die Inflation. Die Inflationsrate in Deutschland lag zwischen 2005 und 2023 durchschnittlich bei zwei Prozent. Dies reduziert die Kaufkraft der Zinserträge und erhöht somit den Bedarf an höherem Grundkapital. Hinzu kommen steuerliche Abgaben auf Kapitalerträge, die nach Überschreiten des Sparerpauschbetrags von 1.000 Euro fällig werden und etwa 26,4 Prozent betragen können. Dies senkt die effektiven Erträge weiter.

Alternative Anlageformen

Um höhere Renditen zu erzielen, könnten Anleger in Aktien oder ETFs investieren. Ein ETF auf den MSCI World Index erbrachte über die letzten Jahrzehnte hinweg eine durchschnittliche Rendite von 7,9 Prozent bis 9,4 Prozent. Selbst nach Abzug der Inflation und Steuern ist dies attraktiver als traditionelle Sparformen. Allerdings birgt der Aktienmarkt Risiken, insbesondere durch seine Volatilität.

Aktienmärkte sind ständigen Schwankungen unterworfen, die durch wirtschaftliche und politische Entwicklungen beeinflusst werden. Finanzkrisen wie die Dotcom-Krise oder die Finanzkrise 2008 können drastische Kursverluste verursachen. Langfristig gesehen haben sich die Märkte zwar meist erholt, doch kurzfristige Einbrüche können für jene, die auf ihr Kapital angewiesen sind, problematisch sein.

Strategische Überlegungen

Investoren sollten daher vorsichtig planen und nicht nur optimistische Szenarien berücksichtigen. Ein Sicherheitspuffer und eine konservative Schätzung der Renditen sind ratsam. Außerdem könnte die Anpassung der Entnahmequote helfen, das Kapital während schlechter Börsenjahre zu schonen.

Wenn man also den Traum hegt, nur sein Geld für sich arbeiten lassen zu wollen, sollte man flexibel bleiben und möglicherweise auch eine Reduzierung der Arbeitszeit in Betracht ziehen, anstatt vollständig von den Erträgen zu leben. Eine gründliche und realistische Planung ist entscheidend, um das Ziel eines Lebens von Zinsen und Renditen zu erreichen.

Was du dir merken solltest:

  • Um allein von Zinsen und Kapitalerträgen leben zu können, ist ein erhebliches Vermögen notwendig; bei einer angenommenen Rendite von drei Prozent benötigt man rund 1,01 Millionen Euro, um monatlich 2.500 Euro zu erwirtschaften.
  • Inflation und Steuern verringern die tatsächlichen Erträge, weshalb das benötigte Kapital unter realen Bedingungen deutlich höher sein kann – oft wird das Dreifache des ursprünglich geschätzten Betrags benötigt.
  • Diversifizierte und risikobewusste Anlagen, wie beispielsweise ETFs auf breite Marktindizes, können höhere Renditen bieten und helfen, die Auswirkungen von Inflation und Steuern zu mindern, während man flexibel auf Marktveränderungen reagieren muss.

Bild: © Pexels

1 thought on “Vom Zinsertrag leben: Realität oder nur Wunschdenken?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert