Paritätischer Armutsbericht 2025: Armut kehrt nach Deutschland zurück – aber sie ist ungleich verteilt

13 Millionen Menschen gelten als arm – doch nicht überall gleich. In Bremen ist jeder Vierte betroffen, in Bayern nur jeder Achte.

Paritätischer Armutsbericht 2025: Armut kehrt zurück

Leerer Geldbeutel, kaum Möglichkeiten! Für Millionen in Deutschland ist das Alltag – trotz Arbeit, Ausbildung oder Rente. © Unsplash

Der neue Paritätische Armutsbericht 2025 bringt es auf den Punkt: Armut nimmt wieder zu – und sie trifft Millionen. In Bremen lebt inzwischen jede vierte Person unterhalb der Armutsgrenze, in Bayern jede achte. Insgesamt gelten 13 Millionen Menschen in Deutschland als arm. Das sind 1,1 Prozentpunkte mehr als noch im Vorjahr.

Hinter der Statistik steht ein harter Alltag: Wenn das Geld nicht für die Heizkosten reicht. Wenn Eltern beim Einkauf jeden Cent zweimal umdrehen. Wenn Rentnerinnen mit Angst die nächste Nebenkostenabrechnung erwarten. Armut ist längst kein Randphänomen mehr – sie zieht sich quer durch alle Altersgruppen und Lebenslagen.

Paritätischer Armutsbericht 2025 zeigt: Armut kehrt zurück – und trifft neue Gruppen

Nach Jahren rückläufiger Zahlen steigt die Armutsquote erstmals wieder – auf nun 15,5 Prozent. Besonders junge Erwachsene trifft es hart: Fast jede vierte Person zwischen 18 und 24 Jahren lebt in Armut. Viele starten mit Schulden ins Berufsleben. Manche kommen trotz Ausbildung nicht über die Runden.

Alleinerziehende und alleinlebende Menschen sind weiter besonders gefährdet. Bei Ein-Personen-Haushalten liegt die Armutsquote bei 29 Prozent. Wer alleine lebt, trägt die volle finanzielle Last selbst – Miete, Strom, Lebensmittel, alles ohne doppeltes Netz.

Junge Erwachsene besonders gefährdet: Fast jeder Vierte zwischen 18 und 25 Jahren lebt in Armut – viele davon in Ausbildung oder im Studium. © Der Paritätische 2025
Junge Erwachsene besonders gefährdet: Fast jeder Vierte zwischen 18 und 25 Jahren lebt in Armut – viele davon in Ausbildung oder im Studium. © Der Paritätische 2025

Kaufkraft sinkt spürbar – Einkommen reicht oft nicht mehr

Zwar ist das mittlere Einkommen der Armen seit 2020 gestiegen – aber nur auf dem Papier. Preisbereinigt haben sie heute weniger zur Verfügung als vor vier Jahren. Der Durchschnitt liegt bei 921 Euro pro Monat. Das ist spürbar weniger als früher – obwohl vieles teurer geworden ist.

„Die Zahlen belegen, was viele Menschen mit geringem Einkommen schon lange im Alltag spüren: Die Armen werden ärmer“, sagt Joachim Rock vom Paritätischen Gesamtverband. Die Armutsschwelle liegt 2024 bei 1.381 Euro. Doch im Schnitt fehlen armen Menschen jeden Monat 282 Euro, um überhaupt auf diesen Wert zu kommen.

Wohnkosten drücken immer mehr Menschen in die Armut

Wohnen ist zur Armutsfalle geworden. Fast 40 Prozent der Armen geben mehr als 40 Prozent ihres Einkommens allein fürs Wohnen aus. Ein Viertel sogar mehr als die Hälfte. Das bedeutet: Weniger als 700 Euro bleiben im Monat übrig – für alles andere. Für viele ist das zu wenig.

4,9 Millionen Menschen in Deutschland können ihre laufenden Rechnungen nicht mehr bezahlen. Besonders häufig fehlen die Mittel für Strom und Heizung. Die Schulden bei Versorgungsbetrieben häufen sich. Wer solche Belastungen kennt, weiß: Armut ist mehr als fehlendes Geld. Es ist das ständige Gefühl, nie Luft holen zu können.

Trotz Job in Armut – Wer arbeitet, lebt nicht automatisch sicher

Erwerbsarbeit schützt nicht mehr zuverlässig vor Armut. Zwar ist die Armutsquote unter Berufstätigen leicht gesunken – auf 6,5 Prozent. Doch gerade Teilzeitkräfte (9,6 Prozent) und Menschen in prekären Jobs spüren die Teuerungen stark. Das Risiko, trotz Job arm zu sein, bleibt.

Reformen wie der höhere Mindestlohn und das neue Wohngeld helfen – aber reichen oft nicht aus. Denn auch viele Ruheständler sind betroffen. Knapp ein Fünftel der Menschen ab 65 Jahren lebt in Armut. Bei Frauen über 75 ist es sogar jede Dritte.

Regionale Spaltung wird größer – Bremen ist trauriger Spitzenreiter

In Bayern liegt die Armutsquote bei 11,8 Prozent, in Bremen bei alarmierenden 25,9 Prozent. Innerhalb eines Jahres stieg sie dort um über vier Prozentpunkte. In Zahlen: In Bremen ist inzwischen jede vierte Person arm. Der Abstand zu den wohlhabenderen Ländern wird größer.

Der Bericht warnt: Die regionale Spaltung droht sich zu verfestigen. Wer in einem strukturschwachen Bundesland lebt, hat oft schlechtere Chancen – trotz Arbeit, trotz Bemühungen. Und wer arm ist, hat es schwerer, aus eigener Kraft herauszukommen.

In Bayern lebt jede achte Person in Armut – in Sachsen-Anhalt jede fünfte, in Bremen sogar jede vierte. © Der Paritätische 2025 Daten: MZ-SILC Endergebnisse (Statistisches Bundesamt) Erhebungsjahr: 2024, Vorjahreseinkommen
In Bayern lebt jede achte Person in Armut – in Sachsen-Anhalt jede fünfte, in Bremen sogar jede vierte. © Der Paritätische 2025 Daten: MZ-SILC Endergebnisse (Statistisches Bundesamt) Erhebungsjahr: 2024, Vorjahreseinkommen

Armut trifft Menschen aus der Mitte der Gesellschaft

Armut betrifft nicht nur Arbeitslose oder Menschen mit Migrationshintergrund. Viele der Betroffenen haben die deutsche Staatsbürgerschaft, ein mittleres Bildungsniveau und lange gearbeitet. Besonders sichtbar wird das bei den sogenannten „sonstigen Nichterwerbstätigen“. Dazu gehören Pflegende, Eltern in Elternzeit, Studierende, Schülerinnen und Schüler.

Ein Blick in die Zahlen zeigt: Rund 44 Prozent aller Armen zählen zu dieser Gruppe. Viele leisten viel – aber verdienen wenig. Eine armutsfeste Politik müsste das anerkennen. Denn: Wer hilft, Kinder großzuziehen oder Angehörige zu pflegen, darf nicht in Armut leben müssen.

Hohe Armutsquoten bei Menschen ohne deutschen Pass: Besonders häufig betroffen sind Personen mit niedrigem Bildungsabschluss und Nicht-EU-Staatsangehörigkeit. © Der Paritätische 2025
Hohe Armutsquoten bei Menschen ohne deutschen Pass: Besonders häufig betroffen sind Personen mit niedrigem Bildungsabschluss und Nicht-EU-Staatsangehörigkeit. © Der Paritätische 2025

Wer heute arm ist, bleibt es oft auch

Die Realität zeigt: Armut ist kein kurzer Ausrutscher – sie zieht sich oft über Jahre. Die Betroffenen haben kaum Spielräume, Rücklagen zu bilden oder Rückschläge abzufedern. Wer einmal in Armut rutscht, kommt schwer wieder heraus. Besonders dann, wenn Wohnkosten, Inflation und unsichere Jobs zusammenkommen.

Deshalb fordert der Paritätische: Mehr gezielte Hilfe. Höhere Renten. Weniger Bürokratie bei der Grundsicherung. Und: eine ernsthafte Debatte darüber, wie soziale Teilhabe für alle gesichert werden kann – nicht nur auf dem Papier, sondern im Alltag.

Kurz zusammengefasst:

  • Die Armutsquote in Deutschland ist 2024 auf 15,5 Prozent gestiegen – rund 13 Millionen Menschen leben damit unterhalb der Armutsgrenze. Das geht aus dem Paritätischen Armutsbericht 2025 hervor.
  • Besonders betroffen sind junge Erwachsene, Alleinerziehende, alleinlebende Menschen sowie Rentnerinnen – vor allem in Bremen, Sachsen-Anhalt und Berlin.
  • Trotz Arbeit reicht vielen das Einkommen nicht zum Leben, weil steigende Preise, hohe Wohnkosten und die sinkende Kaufkraft die Situation verschärfen.

Übrigens: Fast 18 Millionen Menschen in Deutschland erleben täglich stille Ausgrenzung und Unsichtbarkeit – aufgrund ihrer Armut. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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