Gerald Hörhan über Auswandern: Warum 95 Prozent es sich nicht leisten können
Viele träumen vom Auswandern, doch nur wenige können es sich leisten. Gerald Hörhan erklärt die wahren Kosten und versteckten Risiken.
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Hohe Gehälter, hoher Druck: In den USA und der Schweiz locken hohe Einkommen, doch harter Wettbewerb, teure Mieten und hohe Gesundheitskosten fordern ihren Preis. (Bild mit KI generiert.) © Midjourney
Immer mehr Menschen liebäugeln mit dem Gedanken, Deutschland oder Österreich hinter sich zu lassen und ein neues Leben im Ausland zu beginnen. Soziale Medien sind voller Berichte über scheinbar mühelose Neuanfänge in exotischen Ländern, doch wie realistisch ist das wirklich? Gerald Hörhan warnt davor, Auswandern als einfache Lösung zu sehen, denn hohe Kosten, komplexe Bürokratie und berufliche Hürden stellen viele vor unerwartete Probleme. Wer ohne sorgfältige Planung geht, kann am Ende mehr verlieren als gewinnen.
Gerald Hörhan, Investmentbanker und Selfmade-Millionär, sieht den aktuellen Auswanderungshype kritisch. „Für 90 bis 95 Prozent der Menschen ist Auswandern keine realistische Option“, erklärt er hier. Die Kosten seien oft unterschätzt, ebenso wie rechtliche und berufliche Hürden.
Ein Wohnsitzwechsel ins Ausland kostet nicht nur Geld, sondern erfordert eine umfangreiche Vorbereitung. Neben Umzugskosten entstehen Ausgaben für Visa, Aufenthaltsgenehmigungen und gegebenenfalls eine doppelte Haushaltsführung. Die Kosten für den Lebensunterhalt im Ausland werden oft unterschätzt, vor allem in vermeintlich steuerfreundlichen Staaten wie der Schweiz oder Singapur, wo Mieten und Dienstleistungen deutlich teurer sind als in Deutschland oder Österreich.
Was Gerald Hörhan vom Auswandern hält – Viele Jobs lassen sich nicht einfach ins Ausland verlegen
Ein Rechtsanwalt kann nicht einfach seine Kanzlei von Frankfurt nach Bali verlagern. Auch Ärzte, Handwerker oder Unternehmer mit lokalen Geschäften stehen vor großen Problemen.
Hörhan weist darauf hin, dass die meisten Menschen beruflich zu stark in ihrem Heimatland verwurzelt sind. Wer kein digitales Geschäftsmodell hat, das sich von überall aus betreiben lässt, wird im Ausland Schwierigkeiten bekommen.
Viele Länder erkennen ausländische Berufsabschlüsse nicht ohne Weiteres an. Ein deutscher Arzt kann nicht ohne aufwendige Prüfungen und Genehmigungen in den USA oder Australien praktizieren. Ähnlich geht es Rechtsanwälten, die ohne nationale Zulassungen nicht einfach weiterarbeiten können. Wer also nicht als Freelancer oder digitaler Unternehmer tätig ist, sollte sich die Auswanderung gut überlegen.
Familie, Freunde und Alltag nicht unterschätzen
Neben beruflichen Faktoren spielen auch private Aspekte eine große Rolle. Wer Kinder hat, muss sich mit fremden Schulsystemen auseinandersetzen. Auch pflegebedürftige Eltern oder ein etablierter Freundeskreis können das Auswandern erschweren.
Hörhan betont, dass viele Auswanderer die soziale Isolation unterschätzen. Expat-Communities gibt es zwar, doch ein stabiles soziales Umfeld entsteht nicht über Nacht.
Hohe Kosten für Lebenshaltung und Gesundheitssysteme
Viele Länder haben kein soziales Netz wie Deutschland oder Österreich. Krankenversicherungen müssen privat abgeschlossen werden und sind oft teuer. Auch Mieten, Lebensmittel und Dienstleistungen können kostspieliger sein als erwartet.
Gerade in beliebten Steuerparadiesen wie Dubai gibt es viele versteckte Kosten. „Es gibt keine Einkommenssteuer, aber hunderte von Gebühren, Verwaltungsabgaben und hohe Lebenshaltungskosten“, so Hörhan.
Die Wegzugsteuer kann zur teuren Falle werden
Ein oft übersehener Punkt ist die Wegzugsteuer. Deutschland und Österreich erheben diese Abgabe auf nicht realisierte Kapitalgewinne, wenn eine Person dauerhaft ins Ausland geht.
„Viele Influencer glauben, sie könnten einfach nach Dubai ziehen und dort steuerfrei leben. Doch das Finanzamt sieht das anders“, warnt Hörhan. Die Steuer kann schnell Millionen betragen und führt oft dazu, dass eine geplante Steuerersparnis zunichtegemacht wird. Wer Unternehmensanteile oder Immobilien besitzt, muss diese potenziell hoch versteuern, bevor er ins Ausland zieht.
USA und Schweiz: Hohe Verdienste, harter Wettbewerb
Die USA gelten als Land der unbegrenzten Möglichkeiten, doch die Konkurrenz ist enorm. Wer hier erfolgreich sein will, muss mit einem knallharten Arbeitsmarkt klarkommen. 70-Stunden-Wochen sind in vielen Branchen Standard, und Urlaub ist knapp bemessen. Darauf müssten sich „verweichlichte Europäer“ einstellen, so Hörhan.
Auch das Gesundheitswesen ist teuer: Ohne eine erstklassige Krankenversicherung kann eine medizinische Behandlung schnell in den fünfstelligen Bereich gehen. Wer es aber schafft, in den USA Fuß zu fassen, kann enorme Summen verdienen.
In der Schweiz locken hohe Gehaltsschecks, doch die Lebenshaltungskosten sind immens. Besonders in Städten wie Zürich oder Genf sind Mieten astronomisch, und selbst der Supermarkteinkauf kann für Neuankömmlinge ein Schock sein. „Wer glaubt, dass er in der Schweiz automatisch mehr Geld behält, hat die Rechnung ohne die hohen Ausgaben gemacht“, so Hörhan.
Nicht jedes Land ist ein Paradies
Beliebte Auswanderungsländer haben oft Nachteile, die in Social-Media-Posts nicht erwähnt werden. Luftverschmutzung, extreme Hitze, hohe Kriminalität oder ein unsicheres Rechtssystem können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Hörhan rät dringend dazu, vor einer Entscheidung mehrere Monate im Wunschland zu verbringen und die Lebensumstände aus erster Hand kennenzulernen.
Innerhalb der EU ist der Wechsel einfacher
Wer innerhalb der EU auswandert, hat es einfacher. Die Gesundheitsversorgung bleibt oft gesichert, und viele berufliche Qualifikationen werden anerkannt. Dennoch gibt es Fallstricke: In Spanien kann es Jahre dauern, um eine Immobilie einzutragen. In Italien gibt es Steuerprivilegien für Reiche, aber auch hohe Kriminalität in einigen Regionen.
Kroatien und andere Balkanstaaten sind ebenfalls beliebt, haben aber oft instabile Rechtssysteme. „Ein Grundbucheintrag dort ist nicht immer eine Garantie für Eigentum“, gibt Hörhan zu bedenken.
Viele unterschätzen auch die kulturellen Unterschiede. Soziale Normen, Rechtsvorschriften und der Arbeitsmarkt funktionieren in anderen Ländern oft völlig anders. Wer nicht bereit ist, sich anzupassen, wird es schwer haben.
Auswandern ist kein einfacher Schritt, sondern eine Lebensentscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Wer sich nicht umfassend vorbereitet, könnte am Ende mehr verlieren als gewinnen.
Kurz zusammengefasst:
- Gerald Hörhan warnt, dass Auswandern für die meisten finanziell und beruflich kaum realistisch ist, da hohe Lebenshaltungskosten, bürokratische Hürden und eingeschränkte Jobmöglichkeiten oft unterschätzt werden.
- Die Wegzugsteuer kann eine enorme finanzielle Belastung sein, besonders für Unternehmer und Vermögende, da Deutschland und Österreich nicht realisierte Kapitalgewinne beim Wegzug sofort besteuern.
- Länder wie die USA und die Schweiz bieten hohe Einkommen, setzen aber extreme Leistungsbereitschaft voraus, da dort harter Wettbewerb, hohe Lebenshaltungskosten und teure Gesundheitssysteme dominieren.
Bild: © Midjourney