Ein Gefühl führt zu Quiet Quitting wie kein anderes – und Millionen machen nur noch Dienst nach Vorschrift

Immer mehr Beschäftigte verzichten auf Überstunden und Extras. Kontrollverlust und fehlende Bindung verstärken den Trend zum Quiet Quitting.

Quiet Quitting nimmt zu – Beschäftigte reduzieren ihr Engagement

Quiet Quitting steht für den stillen Rückzug aus dem Job – Beschäftigte erledigen nur noch das Nötigste und distanzieren sich innerlich. © Pexels

Viele Angestellte kennen das Gefühl, im Job nur noch das absolut Nötigste zu erledigen: Keine Überstunden, keine Extras, kein Einsatz über das Pflichtmaß hinaus. Quiet Quitting beschreibt genau dieses Verhalten. Diese innere Kündigung ist kein neues Phänomen, hat aber seit der Pandemie einen deutlichen Aufschwung erlebt. Eine neue Studie des Stevens Institute of Technology zeigt, welche psychologischen Auslöser dahinterstecken – und welche Folgen das für Beschäftigte und Unternehmen hat.

Was Quiet Quitting wirklich bedeutet

Quiet Quitting heißt nicht, dass Angestellte ihre Arbeit vernachlässigen. Sie erledigen ihre Aufgaben zuverlässig, verzichten jedoch bewusst auf alles, was über den Arbeitsvertrag hinausgeht. Für viele ist es eine Form von Selbstschutz – ein Versuch, die Balance zwischen Beruf und Privatleben zu sichern.

„Quiet Quitting bedeutet, dass Mitarbeiter weiterhin das tun, was von ihnen erwartet wird. Sie erfüllen ihre Pflichten, gehen aber nicht die berühmte Extrameile“, erklärt Studienautorin Justine Herve, Assistenzprofessorin für Arbeitsökonomie. Ihre Kollegin Hyewon Oh, Psychologin mit Schwerpunkt Wohlbefinden, ergänzt: „Mich hat interessiert, ob es wirklich nur um weniger Engagement geht – oder ob dahinter ein tieferes Bedürfnis steckt.“

Typische Formen von Quiet Quitting sind:

  • Verzicht auf unbezahlte Überstunden
  • Keine freiwilligen Zusatzaufgaben
  • Weniger emotionale Bindung an den Job

Kontrollverlust als Auslöser

Die Untersuchung von 1.400 Vollzeitbeschäftigten zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen Quiet Quitting und dem Gefühl von Kontrollverlust. Wer das Gefühl hat, kaum Einfluss auf seine Aufgaben oder Entscheidungen zu haben, zieht sich eher zurück.

„Die Pandemie war ein Schock für das Kontrollgefühl vieler Menschen“, sagt Herve. „Es gab enorme Unsicherheit – gesundheitlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich.“ Genau in dieser Zeit habe Quiet Quitting neuen Auftrieb bekommen, erklären die Forscherinnen.

Emotionale Bindung macht den Unterschied

Neben der Kontrolle spielt auch die emotionale Bindung zum Arbeitgeber eine entscheidende Rolle. Wer sich mit seinem Unternehmen identifiziert, engagiert sich häufiger über das Pflichtmaß hinaus. Fehlt diese Verbundenheit, steigt die Wahrscheinlichkeit für Quiet Quitting erheblich.

Die Ergebnisse zeigen: Schwache emotionale Bindung erklärt 36 Prozent der Unterschiede im Engagement zwischen den Befragten. Hinzu kommt das Gefühl, austauschbar zu sein – ein Faktor, der Rückzug zusätzlich verstärkt.

Auswirkungen auf Unternehmen

Für Unternehmen hat Quiet Quitting spürbare Folgen – vor allem in drei Bereichen:

  • Produktivität: Weniger Engagement kann Innovationen bremsen.
  • Mitarbeiterbindung: Fehlende Wertschätzung fördert Fluktuation.
  • Führungskultur: Klassische Bonusmodelle greifen zu kurz – gefragt sind Vertrauen, Mitsprache und Sinnvermittlung.

„Wenn Menschen den Eindruck haben, dass ihr Beitrag nicht zählt oder sie leicht zu ersetzen sind, reduziert das die Motivation“, erklärt Oh.

Was Arbeitgeber gegen Quiet Quitting tun können

Die Forscherinnen geben klare Empfehlungen, wie Unternehmen gegensteuern können. Entscheidend sind nicht nur finanzielle Anreize, sondern Signale von Mitsprache und Vertrauen.

„Es geht nicht darum, Mitarbeitern mehr Aufgaben oder Benefits aufzubürden“, sagt Oh. „Sie müssen spüren, dass ihre Arbeit Wirkung hat, dass ihre Stimme zählt und sie Verantwortung übernehmen können.“

Konkret empfehlen die Studienautorinnen:

  1. Beteiligung stärken: Mitarbeiter frühzeitig in Entscheidungen einbeziehen.
  2. Sinn vermitteln: Deutlich machen, wie die eigene Arbeit zum Gesamterfolg beiträgt.
  3. Autonomie fördern: Flexible Modelle und Eigenverantwortung stärken Motivation.
  4. Wertschätzung zeigen: Anerkennung sichtbar und regelmäßig ausdrücken.

Solche Maßnahmen erhöhen das Gefühl von Kontrolle und schaffen die Grundlage für langfristiges Engagement.

Kurz zusammengefasst:

  • Quiet Quitting bedeutet, dass Beschäftigte ihre vertraglichen Aufgaben erfüllen, aber bewusst auf Überstunden, Zusatzprojekte und freiwilliges Engagement verzichten, um ihre Work-Life-Balance zu schützen.
  • Ein geringes Gefühl von Kontrolle und schwache emotionale Bindung erhöhen das Risiko für Quiet Quitting erheblich.
  • Für Unternehmen sind Mitsprache, Wertschätzung und mehr Autonomie entscheidend, um Motivation, Produktivität und Mitarbeiterbindung zu sichern.

Übrigens: Immer mehr Beschäftigte erleben zusätzlich stillen Frust im Job, der ihre Motivation schleichend zerstört. Was hinter dem Phänomen Quiet Cracking steckt, erklärt unser Artikel.

Bild: © Pexels

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