Wechseljahre am Arbeitsplatz – Was Unternehmen tun können, um Frauen zu entlasten
Menopause trifft Arbeit: Beschwerden wie Schlafstörungen und Erschöpfung führen zu Millionen Fehltagen und fordern neue Lösungen im Job.

Frauen erleben während der Menopause körperliche Beschwerden wie Hitzewallungen oder Konzentrationsprobleme, die ihren Arbeitsalltag stark beeinflussen. © Pexels
Rund elf Millionen Frauen in Deutschland sind zwischen 40 und 59 Jahre alt – viele von ihnen arbeiten in verantwortungsvollen Positionen, bringen Erfahrung mit und tragen entscheidend zum Erfolg ihrer Unternehmen bei. Doch gerade in dieser Lebensphase geraten Körper und Alltag aus dem Gleichgewicht: Hitzewallungen, Schlafstörungen, innere Unruhe oder Konzentrationsprobleme zählen zu den häufigsten Beschwerden der Menopause – und wirken sich direkt auf die Arbeit aus.
Eine aktuelle Untersuchung der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und der BARMER zeigt, wie sehr diese Beschwerden die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können und warum Unternehmen aktiv werden sollten. Die Ergebnisse der Studie wurden im Leitfaden „Menopause@work“ zusammengetragen. Dieser bietet erstmals konkrete Empfehlungen, wie Betriebe betroffene Mitarbeiterinnen entlasten und Fehlzeiten verringern können.
Menopause und Arbeit: Unsichtbare Belastung, hohe Kosten
Trotz der Beschwerden sprechen viele Betroffene nicht darüber. Sie schweigen in Meetings, obwohl sie sich kaum konzentrieren können, oder ziehen im Großraumbüro still den Pullover aus, wenn die nächste Hitzewelle kommt. Nach schlaflosen Nächten stehen sie früh auf und funktionieren weiter. Die Symptome bleiben oft unsichtbar – doch sie beeinflussen den Arbeitsalltag spürbar.
Wechseljahresbeschwerden verursachen jedes Jahr rund 40 Millionen Fehltage. Für Unternehmen und Krankenkassen entstehen dadurch Kosten in Höhe von rund 9,4 Milliarden Euro. Jede vierte Frau reduziert ihre Arbeitszeit. Etwa jede Fünfte denkt darüber nach, den Job zu wechseln. Und rund 20 Prozent der Frauen über 55 ziehen sogar einen vorzeitigen Ruhestand in Betracht.
MenoSupport-Studie liefert Daten und Perspektiven
Grundlage ist die deutschlandweite MenoSupport-Studie, geleitet von Prof. Dr. Andrea Rumler. Sie zeigt deutlich, wie groß der Handlungsbedarf ist:
- 74 Prozent der befragten Frauen berichten über Konzentrationsprobleme
- Zwei Drittel klagen über Schlafstörungen
- Die Hälfte fühlt sich gereizter oder ungeduldiger
- Ein Viertel reduziert die Arbeitszeit wegen der Beschwerden
Viele Frauen in dieser Lebensphase leiden im Beruf, sprechen aber nicht darüber – aus Scham, Unwissen oder Angst vor Stigmatisierung.
Prof. Dr. Andrea Rumler
Die Studie zeigt auch, was Betroffenen konkret helfen würde:
- 76 Prozent wünschen sich, dass Führungskräfte geschult werden
- 73 Prozent empfinden flexible Arbeitszeiten als hilfreich
- 65 Prozent befürworten betriebliche Gesundheitsangebote
- Besonders wichtig ist eine offene und unterstützende Atmosphäre
Der Leitfaden empfiehlt konkrete Maßnahmen
Der Leitfaden richtet sich gezielt an Führungskräfte und Personalverantwortliche. Ziel ist es, das Thema aus der Tabuzone zu holen, Wissen zu vermitteln und einfache Maßnahmen anzustoßen. Die Empfehlungen lassen sich in drei Bereiche gliedern:
- Aufklären: Unternehmen sollten grundlegende Informationen über körperliche und psychische Veränderungen während der Wechseljahre bereitstellen.
- Kommunizieren: Gespräche über Beschwerden sollten ohne Angst möglich sein – auf Augenhöhe und ohne Vorurteile.
- Handeln: Flexible Arbeitszeiten, Rückzugsorte, Gesundheitsangebote oder individuelle Anpassungen am Arbeitsplatz können schnell Entlastung schaffen.
„Nur wenn Unternehmen dieses Thema aktiv angehen, können sie langfristig von der Erfahrung und Kompetenz dieser Mitarbeiterinnen profitieren“, so Rumler.
Starke Frauen, klare Worte: Wechseljahre am Arbeitsplatz soll kein Tabuthema mehr bleiben
Mit dem Leitfaden „Menopause@work“ legen Prof. Dr. Andrea Rumler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und Journalistin Miriam Stein praxisnahe Empfehlungen für Unternehmen vor. Rumler, die bereits die erste bundesweite Studie zu Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz leitete, bringt wissenschaftliche Perspektive und betriebswirtschaftliches Know-how ein. Stein, SPIEGEL-Bestsellerautorin und langjährige Kulturchefin bei Harper’s Bazaar, setzt sich seit Jahren öffentlich für die Enttabuisierung der Menopause ein. Gemeinsam bieten sie fundierte Impulse, wie Betriebe Beschäftigte in den Wechseljahren besser unterstützen können.

Andere Länder machen es bereits vor
Großbritannien hat das Thema längst erkannt. Dort gibt es offiziell zertifizierte „menopause-friendly workplaces“. Frankreich diskutiert über gesetzliche Maßnahmen. In Deutschland und Österreich findet das Thema inzwischen Eingang in politische Programme – in der Praxis ist jedoch noch wenig passiert.
Dabei geht es nicht um Fürsorge, sondern um Fachkräftesicherung. Frauen über 45 sind oft unverzichtbar für Unternehmen. Wenn sie ausfallen, fehlt nicht nur Arbeitsleistung, sondern auch jahrelanges Wissen.
„Menopause@work“ soll Alltag spürbar verbessern
„Die gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit wächst – aber entscheidend ist, was in den Betrieben passiert“, so Rumler. Der neue Leitfaden wird an etwa 500.000 Unternehmenskunden der BARMER verschickt. Damit erreicht er nicht nur Großkonzerne, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen im ganzen Land.
Viele der empfohlenen Maßnahmen sind einfach umzusetzen. Ein klärendes Gespräch, eine spätere Startzeit oder ein spezielles Gesundheitsangebot für Frauen zwischen 40 und 60 – all das kostet wenig, kann aber viel bewirken.
Wenn wir die Fachkräfte von morgen sichern wollen, müssen wir heute über Wechseljahre sprechen.
Prof. Dr. Andrea Rumler
Kurz zusammengefasst:
- Rund elf Millionen berufstätige Frauen in Deutschland erleben während der Wechseljahre Beschwerden wie Schlafstörungen, Erschöpfung oder Konzentrationsprobleme – das führt zu 40 Millionen Fehltagen pro Jahr.
- Viele Betroffene sprechen nicht darüber, wünschen sich aber flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsangebote und mehr Verständnis im Betrieb.
- Der Leitfaden „Menopause@work“ zeigt, wie Unternehmen das Tabuthema Menopause und Arbeit aktiv angehen und ein unterstützendes Arbeitsumfeld schaffen können.
Übrigens: Nicht der Vergleich mit Kollegen, sondern das Gefühl von Gerechtigkeit entscheidet über Leistungsbereitschaft im Job. Eine große Analyse mit 20.000 Uni-Beschäftigten zeigt, wie sich transparente Gehälter auf Motivation und Produktivität auswirken – mehr dazu in unserem Artikel.
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