Weniger arbeiten, mehr leisten: Dänemark zeigt, wie Produktivität wirklich geht
Die Arbeitskultur in Dänemark zeigt, dass eine ausgewogene Work-Life-Balance nicht auf Kosten der Produktivität gehen muss.

Statt langer Präsenzzeiten konzentrieren sich dänische Unternehmen auf messbare Ergebnisse – und das mit Erfolg. © Pexels
Dänemark setzt auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Während viele Arbeitnehmer in Deutschland oft bis spät arbeiten, verlassen dänische Angestellte häufig schon um 16 Uhr ihr Büro. Dennoch bleibt die Produktivität hoch. Warum funktioniert das Modell? Stern-Autor Rune Weichert hat das dänische Modell ausprobiert und teilt seine Erfahrungen.
Ein anderes Verständnis von Produktivität
In Dänemark beginnt der Arbeitstag oft um 9 Uhr, endet aber in vielen Berufen bereits um 16 Uhr. Längere Arbeitszeiten sind unüblich, außer im Schichtbetrieb. Laut Weichert liegt die reguläre Wochenarbeitszeit in Dänemark bei 37 Stunden – drei Stunden weniger als in Deutschland. Trotz kürzerer Arbeitszeiten bleibt die Wirtschaftsleistung jedoch stabil.
Ein entscheidender Punkt ist die Arbeitsproduktivität, also die Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen pro Arbeitsstunde. Dort liegt Dänemark im europäischen Vergleich weit vorn. Während in Deutschland die Produktivität pro Arbeitsstunde in den letzten Jahren stagnierte, schafft es Dänemark, seinen Output hochzuhalten. Eine kürzere Mittagspause und effiziente Arbeitsprozesse tragen dazu bei.
Auch die Arbeitsorganisation unterscheidet sich. Statt langer Präsenzzeiten konzentrieren sich dänische Unternehmen auf messbare Ergebnisse. In vielen Firmen gibt es keine strikten Vorgaben zur Anwesenheit, solange die Arbeit erledigt wird.
Flexibilität fördert Motivation und Effizienz
Flexible Arbeitszeiten sind ein wesentlicher Faktor für die hohe Produktivität. Die dänische Arbeitswelt hat bereits frühzeitig auf Homeoffice und Gleitzeitmodelle gesetzt. Viele Angestellte arbeiten abends oder am Wochenende einige Stunden, um ihre Tagesstruktur an individuelle Bedürfnisse anzupassen.
Die Soziologin Janne Gleerup von der Universität Roskilde erklärt, dass eine bessere Koordination von Berufs- und Privatleben essenziell für langfristige Produktivität sei:
Zwischen 16 und 20 Uhr passieren in den Familien viele wichtige Dinge. Das ist die Zeit, in der Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen können, in der sie einen guten Tagesablauf organisieren können, in der sich die Kinder wohlfühlen und in der die Eltern präsent sein können.
Janne Gleerup, Soziologin
Weniger Stress, mehr Zufriedenheit
Laut Studien haben zu lange Arbeitszeiten negative Auswirkungen auf die Produktivität. Ständige Überstunden führen zu Konzentrationsproblemen, häufigeren Fehlern und steigenden Krankenständen. Unternehmen in Dänemark setzen gezielt auf Stressvermeidung, um langfristig von motivierten Mitarbeitern zu profitieren.
Gleerup erläutert, dass überlange Arbeitstage das Risiko für psychische und physische Belastungen erhöhen, wodurch wiederum die Produktivität sinkt. Es brauche also den optimalen Punkt zwischen Produktivität und Nachhaltigkeit.
Eine hohe Produktivität ermöglicht es Firmen, den Mitarbeitern auch ein bisschen Freizeit zu geben, weil man die Ziele erreicht, die man erreichen muss.
Janne Gleerup, Soziologin
Durch die richtige Balance aus Freizeit und Arbeitszeit bleibt die Motivation hoch. Das hat wirtschaftliche Vorteile und verbessert zugleich die Lebensqualität der Arbeitnehmer. Weichert ist sich auf jeden Fall sicher: Ein Umdenken in Richtung Effizienz und Flexibilität könnte auch in Deutschland positive Effekte haben.
Kurz zusammengefasst:
- Dänemark setzt auf kürzere Arbeitszeiten und eine bessere Work-Life-Balance, ohne dass die Produktivität leidet.
- Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und eine ergebnisorientierte Arbeitsweise steigern die Effizienz und reduzieren Stress.
- Studien zeigen, dass weniger Überstunden zu höherer Zufriedenheit, besserer Gesundheit und langfristig zu mehr wirtschaftlichem Erfolg führen.
Übrigens: Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland fallen nicht nur für ein paar Tage, sondern gleich für mehrere Wochen aus – fast 40 Prozent der Fehltage dauern länger als sechs Wochen. Besonders psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout sorgen für lange Ausfallzeiten. Mehr dazu in unserem Artikel.
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