Wie ein schwarzes Loch seine Mahlzeiten plant – und wann der nächste „Snack“ ansteht
Forscher entdecken das „Fressverhalten“ eines schwarzen Lochs, das regelmäßig Sterne verschlingt. Neue Daten ermöglichen die Vorhersage des nächsten „Snacks“.
Wissenschaftler haben neue Einblicke in das „Fressverhalten“ eines supermassereichen schwarzen Lochs gewonnen. Es befindet sich in einer etwa 860 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie. Das schwarze Loch ist etwa 50 Millionen Mal schwerer als die Sonne. Es verschlingt in regelmäßigen Abständen Material, das von einem nahegelegenen Stern stammt. Die Entdeckung basiert auf der Analyse von Daten, die von den NASA-Weltraumteleskopen Chandra und Swift sowie dem europäischen XMM-Newton stammen. Das teilte die NASA in einer Pressemitteilung mit. Diese Erkenntnisse könnten dabei helfen, das Verhalten solcher kosmischer Giganten besser zu verstehen.
Im Jahr 2018 registrierte das All Sky Automated Survey for SuperNovae (ASAS-SN) einen plötzlichen Anstieg der Helligkeit im Zentrum der betroffenen Galaxie. Dieser Anstieg sei laut den Wissenschaftlern durch ein sogenanntes „Tidal Disruption Event“ (TDE) verursacht worden. Dabei wurde ein Stern, der dem schwarzen Loch zu nahekam, durch die immense Gravitation auseinandergerissen. Dieses Ereignis trägt die Bezeichnung AT2018fyk.
Stern geriet in die Fänge des schwarzen Lochs
Als sich der Stern dem schwarzen Loch näherte, hat die enorme Schwerkraft des schwarzen Lochs den Stern so stark gestreckt und verzerrt, dass er auseinanderbrach. Ein Teil des Sternenmaterials ist in die unmittelbare Umgebung des schwarzen Lochs gezogen worden, wo es sich erhitzte und intensive Strahlung in Form von Röntgen- und UV-Licht aussandte. Diese Strahlung sei laut den Wissenschaftlern ein klares Indiz dafür gewesen, dass das schwarze Loch begonnen habe, den Stern zu „verspeisen“.
Die Forscher haben ursprünglich angenommen, dass das gesamte Sternmaterial nach und nach verschlungen wurde und das Ereignis damit abgeschlossen sei. Doch etwa zwei Jahre später ist das System erneut heller geworden, was die Wissenschaftler vor ein Rätsel stellte. Durch erneute Beobachtungen stellten sie fest, dass das schwarze Loch offenbar noch nicht alles „verdaut“ hatte. Das Ergebnis veröffentlichten sie in einer Studie in „The Astrophysical Journal Letters“.
Überlebenskampf eines Sterns
Die plausibelste Erklärung für dieses ungewöhnliche Verhalten ist, dass der Stern das erste TDE überlebt hat und sich nun in einer extrem elliptischen Umlaufbahn um das schwarze Loch befindet. Während seines zweiten nahen Vorbeiflugs hat das schwarze Loch weiteres Material von dem Stern abgezogen und erneut Röntgen- und UV-Strahlung freigesetzt. „Ursprünglich dachten wir, dies sei ein gewöhnlicher Fall, bei dem ein schwarzes Loch einen Stern vollständig zerreißt“, sagte Thomas Wevers vom Space Telescope Science Institute in Baltimore, der die Studie leitete. „Aber stattdessen scheint der Stern noch einen weiteren Tag zu überleben.“
Diese unerwartete zweite Runde der Nahrungsaufnahme ist von den Forschern eingehend analysiert worden. Durch die Beobachtung der Strahlungsausbrüche haben sie festgestellt, dass die zweite Phase der Sternvernichtung im August 2023 abgeschlossen wurde. Laut Dheeraj Pasham vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der an der aktuellen Veröffentlichung zu den Ergebnissen beteiligt ist, sei dies durch eine plötzliche Abnahme der Röntgenstrahlung klar belegt:
Unsere Daten zeigen, dass das schwarze Loch im August letzten Jahres im Grunde sein Maul abwischte und sich vom Tisch zurücklehnte.
Nächster Snack steht fest
Durch die sorgfältige Analyse der Umlaufbahn des Sterns um das schwarze Loch konnten die Forscher sogar vorhersagen, wann die nächste „Mahlzeit“ ansteht. Der Stern wird das schwarze Loch etwa alle dreieinhalb Jahre erneut passieren. Wevers und sein Team gehen davon aus, dass das nächste Ereignis zwischen Mai und August 2025 stattfinden wird. Dieses Mal wird das schwarze Loch wahrscheinlich nur einen „Snack“ einnehmen, da der Stern bereits erheblich an Masse verloren hat. Eric Coughlin von der Syracuse University in New York, ein weiterer Mitautor der Studie, erklärte dazu: „Dies wird wahrscheinlich mehr ein Snack als eine volle Mahlzeit, da die zweite Mahlzeit kleiner war als die erste, und der Stern nach und nach aufgezehrt wird.“
Beobachtungen gehen weiter
Die Forscher vermuten, dass der betroffene Stern ursprünglich Teil eines Doppelsternsystems gewesen ist. Als das Sternenpaar dem schwarzen Loch zu nahekam, habe die starke Schwerkraft des Lochs die beiden Sterne voneinander getrennt. Während einer der Sterne in die Tiefen des Weltalls geschleudert wurde, habe der andere seinen „Begleiter“ in Form des schwarzen Lochs gefunden – ein fataler Fehler, wie sich herausstellte. „Der gefangene Stern musste seine Begleitung von einem anderen Stern zu einem gigantischen schwarzen Loch wechseln“, sagte Muryel Guolo von der Johns Hopkins University in Baltimore, ein Mitautor der Studie. „Sein Begleiter entkam, aber er nicht.“
Das Team plant, das System AT2018fyk weiterhin zu beobachten, um noch mehr über das „Fressverhalten“ des schwarzen Lochs und die Dynamik solcher extremen astrophysikalischen Prozesse zu erfahren.
Was du dir merken solltest:
- Ein supermassereiches schwarzes Loch in einer fernen Galaxie verschlingt in regelmäßigen Abständen Material von einem Stern, der ihm zu nahekam.
- Durch wiederholte Beobachtungen konnten Forscher feststellen, dass der Stern das erste Ereignis überlebte und sich in einer elliptischen Umlaufbahn befindet, wodurch er dem schwarzen Loch regelmäßig als „Snack“ dient.
- Die Forscher haben vorausgesagt, dass das schwarze Loch seine nächste „Mahlzeit“ zwischen Mai und August 2025 einnehmen wird, basierend auf der Umlaufbahn des Sterns.
Übrigens: Chinesische Wissenschaftler haben eine gewaltige Explosion im All gemessen. Sie stellt das bisher hellste Ereignis seit dem Urknall dar und gilt nun als BOAT – brightest explosion of all time. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © NASA/CXC/M. Weiss
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