Fest verbundene Flaschendeckel kosten viel und bringen wenig für die Umwelt – Ein Experte klärt auf
Ein Verpackungsexperte kritisiert die EU-Vorgabe für fest verbundene Flaschendeckel als ineffektiv. Hohe Kosten, aber kaum Umweltvorteile.
Seit dem 3. Juli sind lose Verschlusskappen bei bestimmten Getränken in Deutschland verboten. Diese Regelung, die auf einer EU-Richtlinie basiert, soll dazu beitragen, den Müll in der Landschaft zu verringern. Allerdings sieht der Verpackungsexperte Markus Prem von der Hochschule Kempten darin keinen wirklichen Nutzen für die Umwelt. In einem Gespräch mit der dpa äußerte er Zweifel an der Effektivität der fest angebundenen Flaschendeckel.
Bringt das wirklich etwas für den Planeten oder selbst für Europa? Und da ist meine klare Antwort: Nein.
Markus Prem
Prem kritisierte die Vorgabe als reinen Aktionismus. Er geht jedoch davon aus, dass sich die Verbraucher bald an die sogenannten „tethered caps“ gewöhnen werden.
Fest verbundene Flaschendeckel kosten Milliarden für die Industrie
Laut Prem sei die Menge an weggeworfenen Deckeln, die in der Natur landen, äußerst gering. Trotzdem musste die Industrie Milliarden investieren, um die neuen Vorgaben umzusetzen. Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels bestätigte gegenüber der dpa, dass für die Umstellung Anlagen um- oder neu gebaut werden mussten. „Wir gehen von Beträgen im Millionenbereich aus“, hieß es. Auch der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) hob hervor, dass der Aufwand und die Kosten für die Umstellung sehr unterschiedlich ausfallen. Einige Unternehmen hätten die Umstellung als genauso aufwendig wie eine Produktneueinführung erlebt.
Recycling statt Aktionismus
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) Peter Feller erklärte gegenüber der dpa, dass die Kosten pro Abfüllungslinie rund 181.000 Euro betragen. Zudem steige der Preis pro Deckel um 0,2 Cent. Prem betonte, dass es sinnvoller wäre, Kunststoffe zu recyceln und geschlossene Materialkreisläufe zu schaffen, anstatt sich auf solch wenig effektive Maßnahmen zu konzentrieren. Er wies darauf hin, dass der Großteil der Kunststoffe, die ins Meer gespült werden, aus Asien stammt und nicht aus Europa oder Amerika.
Verbraucher werden sich anpassen
Der VDM verwies darauf, dass in Deutschland bereits vor der neuen EU-Richtlinie eine Rücklaufquote von rund 99 Prozent bei Glas- und PET-Flaschen erreicht wurde. Das Problem der Vermüllung, auch bekannt als „Littering“, sei hierzulande somit kaum existent. Prem glaubt auch nicht, dass sich die Verbraucher lange über die neuen „tethered caps“ aufregen werden, ähnlich wie bei der Abschaffung von Plastiktüten und -strohhalmen. Der Schraubverschluss, der vor 135 Jahren patentiert wurde, bleibt laut Prem trotz allem eine Erfolgsgeschichte und das einfachste System zum Verschließen von Flaschen.
Übrigens: Der Ire Proinsias Ó Tuama hält die neue Regelung für durchaus sinnvoll und lobte sie in einem Tweet auf X als einen wichtigen Schritt zur Reduzierung von Plastikmüll. Proinsias Ó Tuama ist Gründer der Sea and Land Trust, einer Organisation, die sich dem Klimawandel, der Biodiversitätskrise und der Plastikverschmutzung widmet.
Lifehack für nervige Flaschendeckel
Schraube den Deckel ab und ziehe die Verschlusskappe leicht nach unten. Dadurch löst sich der obere Teil des Kunststoffrings, und die Verbindung zwischen Ring und Deckel wird verlängert. Jetzt kann man den Deckel einfach auf die andere Seite der Flaschenöffnung ziehen, um ungestört zu trinken. Achte jedoch darauf, den Deckel vor dem Verschließen der Flasche wieder in die Ausgangsposition zurückzuziehen, damit die Flasche richtig schließt.
Was du dir merken solltest:
- Fest verbundene Flaschendeckel verursachen hohe Kosten für die Industrie, bringen aber kaum messbare Umweltvorteile.
- Die Menge an Plastikdeckeln, die in die Natur gelangen, ist sehr gering, und das Recycling von Kunststoffen wäre eine sinnvollere Maßnahme.
- Experten bezweifeln den Nutzen der EU-Vorgabe und sehen darin vor allem Aktionismus ohne echten Effekt.
Übrigens: Wissenschaftler haben entdeckt, dass spezielle Bakterien im Meer tatsächlich Plastikmüll fressen und ihn abbauen. Diese bahnbrechende Erkenntnis könnte die Zukunft der Meeresreinigung revolutionieren. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Litter on Pembrey Beach by Alistair Hare via Wikimedia unter CC BY-SA 2.0
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