Verklärte Welt: Warum so viele auf dem Land AfD wählen
Auf dem Land schneidet die AfD bei Wahlen oft besonders gut ab. Das Tübinger Institut für Rechtsextremismusforschung hat untersucht, warum.
Laut Rolf Frankenberger, einem Forscher am Tübinger Institut für Rechtsextremismusforschung (IRex), sind extrem rechte Parteien wie die AfD gerade auf dem Land besonders stark. Darüber berichtet die Tagesschau.
Aber warum? Um das herauszufinden, haben die Forscher Wahlprogramme auf deren Sprachgebrauch hin analysiert und mit der geographischen Verteilung vergangener Wahlergebnisse verglichen. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Vorstellung von „Heimat“.
Wir haben uns zum einen angeschaut, welche Vorstellung von Raum, Landschaft oder Heimat haben extrem rechte Parteien, was wird da konstruiert.
Rolf Frankenberger
Frankenberger zufolge prägen extrem rechte Parteien ein Bild von Heimat, in dem Fremdes keinen Platz hat. Zusätzlich wird insbesondere der ländliche Raum von solchen Parteien oft romantisch verklärt.
Heimat wird da konstruiert als etwas mit uralten Traditionen, mit der deutschen Sprache, mit etwas Gewachsenem, Organischem […] Und das kann dementsprechend auch nicht so leicht Heimat für jemand anderen werden.
Rolf Frankenberger
Instrumentalisierung von Ängsten
Die Forschung zeigt auch, dass die AfD und andere rechte Akteure gezielt auf Proteste aufspringen. Als Beispiel nannten sie die Bauernproteste gegen die Streichung von Dieselsubventionen. Sie nutzen dabei die Angst vor Neuem und Fremdem, um Unterstützung zu mobilisieren. Im Gegensatz dazu schüren linke Parteien Ängste vor Klimawandel und Atomkraft, jedoch ohne nationalistische oder rassistische Argumente.
Übrigens: Das Tübinger Institut für Rechtsextremismusforschung, das erste seiner Art in Deutschland, finanziert von Baden-Württemberg, beleuchtet mit seiner Forschung nicht nur die politische Landschaft im ländlichen Raum, sondern auch die tief verwurzelten Einstellungen, die das Wahlverhalten beeinflussen können.
Aufeinandertreffen von Weltbildern
In Bodelshausen, einer kleinen Gemeinde südlich von Tübingen, spitzte sich die Lage zu, als Pläne bekannt wurden, 250 Flüchtlinge in einem ehemaligen Firmengebäude unterzubringen. Während der Landkreis Tübingen die Pläne befürwortete, zeigte sich die Gemeinde skeptisch. Der Gemeinderat entschied schließlich, den Bebauungsplan zu ändern, sodass die Immobilie wieder gewerblich genutzt werden soll. Das Landratsamt Tübingen lehnt dies jedoch ab.
Das Institut sieht in Bodelshausen ein typisches Beispiel für das Aufeinandertreffen von urbanem und ruralem Denken. In den Dörfern rund um städtische Zentren würden eher weltoffene, tolerante Menschen auf eine konservativere Bevölkerung treffen, was zu Konflikten führen kann.
Wenn diese unterschiedlichen Weltbilder gezielt instrumentalisiert werden, dann eskaliert das in einem Konflikt.
Rolf Frankenberger
Wahlverhalten und politische Konflikte
Bei der letzten Europawahl erreichte die AfD in Bodelshausen mit 19,5 Prozent der Stimmen fast doppelt so viel wie die Grünen. In Tübingen selbst war das Ergebnis genau umgekehrt. Frankenberger merkt jedoch an, dass die politische Einstellung weniger vom Wohnort als vielmehr von den Gedankenwelten und Einstellungen der Menschen abhänge – welche sich auch verändern können.
Was du dir merken solltest:
- Das Tübinger Institut für Rechtsextremismusforschung fand heraus, dass die AfD auf dem Land besonders stark ist, weil sie diesen gezielt verklärt und xenophobe Heimatvorstellungen betont.
- Extrem rechte Parteien nutzen gezielt Ängste vor Fremdem und Proteste, um Unterstützung zu gewinnen – insbesondere in eher konservativen, ländlichen Gebieten.
- Frankenberger betont, dass der Unterschied zwischen Stadt und Land nicht nur geographisch zu verstehen ist, sondern mit dem verbreiteten Weltbild zusammenhängt, welches sich auch ändern lässt.
Bild: © PantheraLeo1359531 via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0
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