Hauchdünner Film soll das Energieproblem der KI endlich lösen

Mit einer Nobelpreis-gekrönten Methode schaffen Ingenieure aus Houston hauchdünne Filme, die KI-Systeme schneller und sparsamer machen.

Hand mit Film auf Träger

Im Labor der University of Houston entstand ein zweidimensionaler Dünnfilm-Isolator, der Computerchips beschleunigt und den Stromverbrauch von KI-Systemen senken soll. © University of Houston

Künstliche Intelligenz verschlingt riesige Mengen an Energie. In Rechenzentren arbeiten Tausende Prozessoren Tag und Nacht, um Chatbots, Sprachsysteme oder Analysemodelle zu betreiben. Diese Hochleistungsrechner erzeugen enorme Abwärme und treiben den Stromverbrauch in schwindelerregende Höhen.

Wie sich diese Technik sparsamer gestalten lässt, gehört zu den zentralen Zukunftsfragen der Digitalisierung. Ein Forschungsteam der University of Houston ist der Lösung dieses Problems ein großes Stück näher gekommen. Ein neu entwickeltes Material soll Computerchips beschleunigen und gleichzeitig den Energiebedarf deutlich senken – für eine energieeffiziente KI, die mit weniger Strom auskommt und trotzdem hohe Rechenleistung bietet.

COF-Filme ebnen den Weg zu energieeffizienter KI

Das Team um Chemieingenieur Alamgir Karim entwickelte hauchdünne Schichten aus organischen Molekülen – sogenannte COF-Filme (Covalent Organic Frameworks). Diese Strukturen sind nur etwa 70 Nanometer dick, also tausendmal dünner als ein Haar, und bestehen aus leichten Elementen wie Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff.

Sie dienen als Isolatoren zwischen den Leitungen auf Mikrochips. So verhindern sie, dass elektrische Energie als Wärme verloren geht, und ermöglichen schnellere Signalübertragung. „KI hat unseren Energiebedarf explodieren lassen“, sagt Karim. „Viele Datenzentren brauchen riesige Kühlsysteme, um die Tausenden Server bei optimaler Temperatur zu halten.“

Der Studie zufolge liegt die elektrische Permittivität der neuen Filme bei etwa 1,17. Herkömmliche Materialien erreichen meist nur Werte zwischen 1,8 und 2,1. Das bedeutet: Je kleiner der Wert, desto geringer der Energieverlust – und desto schneller arbeiten die Chips.

Professor Alamgir Karim und Doktorand Saurabh Tiwary testen das neuartige Chip-Material, das den Stromverbrauch von KI-Systemen senken und ihre Leistung steigern könnte.
Professor Alamgir Karim und Doktorand Saurabh Tiwary prüfen das neu entwickelte Material, das KI-Systeme schneller machen und ihren Energieverbrauch deutlich senken soll. © University of Houston

Hohe Leistung auch bei 300 Grad

Die COF-Filme sind nicht nur effizient, sondern auch widerstandsfähig. Sie halten elektrische Spannungen von rund 3.900 Megavolt pro Meter aus – ähnlich wie Diamant, aber deutlich leichter. Selbst bei Temperaturen bis zu 300 Grad Celsius bleibt das Material stabil.

„Wir haben ultradünne Schichten mit außergewöhnlich niedriger Dielektrizitätskonstante und extrem hoher elektrischer Festigkeit entwickelt – genau das, was Hochleistungsgeräte für den KI-Betrieb benötigen“, erklärt Karim. Messungen zeigen zudem: Der Leckstrom bleibt selbst bei hohen Temperaturen minimal – nur etwa 0,1 Nanoampere pro Quadratzentimeter. Das Material verliert also kaum Energie, selbst unter Dauerbelastung.

Weniger Kühlung, mehr Leistung: Rechenzentren werden entlastet

Durch die COF-Filme verteilt sich Wärme gleichmäßiger, Chips müssen weniger stark gekühlt werden, und die Bauteile halten länger. Das spart Energie und schont die Infrastruktur der KI-Industrie.

Zudem ist das Material leicht und robust. Mit einer Dichte von 1,1 Gramm pro Kubikzentimeter und einem Elastizitätsmodul von 3,4 Gigapascal bleibt es stabil und flexibel zugleich. „Diese Materialien könnten die Leistung von KI- und herkömmlichen Elektroniksystemen erheblich steigern“, sagt Postdoktorand und Studienautor Maninderjeet Singh.

Entwickelt mit Nobelpreis-prämierter Methode

Die Filme entstehen durch synthetische Grenzflächenpolymerisation – eine Methode, die 2025 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Dabei reagieren zwei Flüssigkeiten, die sich nicht mischen, über 72 Stunden an ihrer Berührungsfläche. Das Ergebnis sind gleichmäßige, kristalline Schichten, die nach dem Trocknen auf Aluminium-beschichtete Siliziumwafer übertragen werden.

Zur Analyse nutzte das Team Röntgenreflexion und Elektronenmikroskopie. Die Poren der Schichten sind nur rund 1,8 Nanometer groß – klein genug, um Wärmeleitung zu verhindern, aber groß genug, um das Material leicht zu halten.

Das neue Material löst ein zentrales Problem vieler Low-k-Stoffe (Isoliermaterialien für Mikrochips): Geringe Energieverluste gehen meist mit Instabilität einher. Die COF-Filme vereinen nun beides – Festigkeit und Effizienz. Damit könnten künftige Chips nicht nur leistungsfähiger, sondern auch nachhaltiger werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Forscher der University of Houston haben ein neuartiges, nur 70 Nanometer dünnes Material entwickelt, das Computerchips schneller macht und ihren Energieverbrauch deutlich senkt – ein wichtiger Schritt in Richtung energieeffiziente KI.
  • Die sogenannten COF-Filme besitzen eine extrem niedrige elektrische Permittivität von 1,17 und halten Spannungen bis zu 3.900 Megavolt pro Meter aus, selbst bei Temperaturen von 300 Grad Celsius – Werte, die bisher kaum ein anderes Material erreicht hat.
  • Weil die Schichten Hitze reduzieren, Stromverluste verhindern und zugleich stabil bleiben, könnten sie künftig Rechenzentren entlasten, Chips langlebiger machen und die Klimabilanz digitaler Technologien verbessern.

Übrigens: Schon kleine Temperaturschwankungen können Lebensmittel oder Medikamente unbrauchbar machen. Schweizer Forscher haben deshalb ein Etikett entwickelt, das ohne Batterie sofort zeigt, wenn die Kühlkette reißt – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © University of Houston

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