Hoffnung für Millionen: Forscher finden mögliche Therapie gegen Nervenschäden bei Diabetes
Bei Diabetes wird die körpereigene Reparatur geschädigter Zellen blockiert. Ein Peptid soll nun die Regeneration der Nervenzellen ermöglichen und Hoffnung auf eine mögliche Therapie machen.
Nervenschäden zählen zu den schmerzhaftesten Folgen bei Diabetes. Jetzt haben Forscher den Mechanismus entdeckt, der die Heilung der Zellen hemmt.
Diabetes betrifft in Deutschland rund acht Millionen Menschen – und fast jeder Zweite entwickelt im Laufe der Erkrankung Nervenschäden. Diese sogenannten Neuropathien gehören zu den schmerzhaftesten und am schwersten behandelbaren Folgen der Krankheit. Sie führen zu Taubheitsgefühlen, Brennen in den Füßen oder massiven Bewegungseinschränkungen. Viele Betroffene können nachts kaum schlafen oder verlieren ihr Gleichgewicht beim Gehen.
Bislang galten diese Nervenschäden als unumkehrbar. Medikamente lindern meist nur die Symptome, heilen können sie die diabetische Folgeerkrankung nicht. Doch jetzt gibt es neue Hoffnung: Forscher der Universität zu Köln haben in ihrer Untersuchung einen zentralen Mechanismus entdeckt, der das Nachwachsen geschädigter Nerven bei Diabetes blockiert – und ein Peptid entwickelt, das diese Blockade im Labor wieder aufhebt. Damit rückt eine gezielte Behandlung erstmals in greifbare Nähe.
Forscher entdecken Ursache für gestörte Nervenheilung
Das Team um Professor Dietmar Fischer vom Institut für Pharmakologie II untersuchte, warum beschädigte Nervenfasern bei Diabetes kaum regenerieren. In Tierversuchen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes stellten sie fest, in den Nervenzellen sammelt sich ein Eiweiß mit dem Namen p35 an. Dieses Protein stört den normalen Ablauf in der Zelle und aktiviert ein bestimmtes Enzym – CDK5 – viel zu stark. Dadurch wird das Wachstum neuer Nervenfasern blockiert – die körpereigene Reparatur kommt zum Erliegen.
„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Nervenheilung bei Diabetes auf ein vergleichbares Niveau mit gesunden Tieren gebracht werden kann, wenn die übermäßige Aktivierung des Signalwegs verhindert wird“, sagt Fischer.
Neuer Ansatz verspricht gezielte Behandlung
Die Forscher entwickelten daraufhin kleine Eiweißmoleküle, sogenannte Peptide, die direkt in den gestörten Signalweg eingreifen. Diese Moleküle unterbrechen die überaktive Enzymreaktion und geben den Nerven die Chance, sich selbst zu reparieren. In Tierversuchen wuchsen die beschädigten Nervenfasern wieder fast so schnell wie bei gesunden Tieren. Die Mäuse bewegten sich besser und reagierten empfindlicher auf Reize.
Fischer erklärt: „Eine Regenerationsverbesserung tritt selbst dann noch ein, wenn eine diabetische Neuropathie bereits manifest ist.“ Das bedeutet: Selbst bestehende Nervenschäden könnten künftig behandelbar sein – ein völlig neuer Ansatz in der Therapie gegen Neuropathien bei Diabetes.

Warum die Entdeckung so wichtig ist
Die Kölner Studie liefert erstmals eine Erklärung, warum sich Nervenschäden bei Diabetes kaum erholen. Entscheidend ist, dass der Mechanismus nicht auf bereits zerstörtes Gewebe zielt, sondern auf die Signale, die die Heilung verhindern. Das eröffnet einen völlig neuen therapeutischen Zugang.
Statt Symptome zu lindern, setzt der Ansatz an der Ursache an – an der blockierten Regeneration. Für Betroffene bedeutet das Hoffnung auf eine echte Wiederherstellung der Nervenfunktion, nicht nur auf Schmerzfreiheit.
Was Patienten heute schon tun können
Auch wenn die Peptidtherapie noch in der Forschung steckt, können Betroffene selbst viel tun, um ihre Nerven zu schützen:
- Blutzucker regelmäßig kontrollieren: Schwankungen begünstigen Nervenschäden.
- Bewegung einbauen: Spaziergänge und leichtes Training fördern die Durchblutung.
- Auf Ernährung achten: Vitamine der B-Gruppe, Omega-3-Fettsäuren und wenig Zucker stärken das Nervensystem.
Diese Strategien können die Regeneration unterstützen – besonders in Kombination mit künftigen Behandlungsansätzen wie der Peptidtherapie.
Forscher prüfen auch präventive Wirkung
Die Arbeitsgruppe untersucht inzwischen, ob der entdeckte Mechanismus schon aktiv ist, bevor Symptome spürbar werden. Falls ja, könnte die Peptidbehandlung künftig auch vorbeugend eingesetzt werden. Eine frühe Anwendung könnte verhindern, dass sich Nervenschäden überhaupt entwickeln.
Die Ergebnisse gelten als so überzeugend, dass nun über klinische Tests nachgedacht wird. Sollte sich der Effekt beim Menschen bestätigen, stünde die Medizin vor einem bedeutenden Fortschritt in der Diabetestherapie.
Kurz zusammengefasst:
- Bei Diabetes sammeln sich bestimmte Eiweiße in den Nerven und verhindern deren Heilung.
- Forscher der Universität zu Köln fanden ein Peptid, das diesen Prozess in Tierversuchen stoppt und die Nerven wieder wachsen lässt.
- Damit rückt eine wirksame Therapie gegen Nervenschäden bei Diabetes erstmals in greifbare Nähe.
Übrigens: Diabetes gehört zu den häufigsten Volkskrankheiten – und neue Daten zeigen, dass E-Zigaretten das Risiko zusätzlich erhöhen können. Forscher warnen: Regelmäßiges Vapen kann die Insulinempfindlichkeit senken und so den Weg in Richtung Diabetes ebnen – mehr dazu in unserem Artikel.
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