CO₂-Abscheidung wird günstiger als je zuvor – Neue Technologie aus Wien senkt Kosten radikal

Ein neues Verfahren der TU Wien filtert CO₂ mit deutlich weniger Energie aus der Luft und könnte die Kosten der Abscheidung stark senken.

Wiener Erfindung macht CO₂-Abscheidung plötzlich billig

Die Wiener CO₂-Anlage ist kaum größer als ein Container – und kann trotzdem 50 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr aus der Luft filtern. © TU Wien

Der Gedanke, Kohlendioxid direkt aus der Luft zu holen, ist längst keine Zukunftsvision mehr, sondern wird zur klimapolitischen Notwendigkeit. Selbst wenn Staaten ihre Emissionen drastisch senken, bleibt zu viel CO₂ in der Atmosphäre zurück. Um die Erderwärmung zu bremsen, braucht es Verfahren, die das Treibhausgas wieder entfernen – und das bezahlbar genug, um im großen Maßstab zu funktionieren. Bisher scheiterte das an hohen Kosten und enormem Energiebedarf. Nun zeigt ein Team der TU Wien, dass es auch anders geht.

Die Wiener Forscher haben ein Verfahren entwickelt, das CO₂ deutlich effizienter aus der Luft holt als bisher. Es nutzt Wärme, die in vielen Industriebetrieben ohnehin ungenutzt bleibt, und senkt so den Energiebedarf drastisch. Für jede abgeschiedene Tonne Kohlendioxid benötigt die Anlage weniger Energie als alle bisherigen Systeme – ein Fortschritt, der nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich entscheidend sein könnte.

Energieverbrauch sinkt auf Rekordniveau

Die österreichische Forschungsanlage, „Austrian Pilot Unit 1“ genannt, ist etwa so groß wie ein Lastwagencontainer. Sie filtert rund 50 Tonnen CO₂ pro Jahr aus der Luft. Für eine Tonne CO₂ werden weniger als 2000 Kilowattstunden benötigt. Zum Vergleich: Das ist etwa die Hälfte des Verbrauchs früherer Systeme.

Der Trick: Statt auf Hochtemperaturprozesse zu setzen, arbeitet die Anlage mit Wärme unter 100 Grad Celsius. Genau diese niedrigen Temperaturen entstehen als Abwärme in unzähligen Industriebetrieben, Rechenzentren oder Kraftwerken. Bislang verpufft sie ungenutzt in die Umgebung. Künftig könnte sie helfen, CO₂ aus der Luft zu holen – ohne zusätzlichen Energieeinsatz.

Wie das Zwei-Zonen-Verfahren Energie spart

Die TU Wien spricht von einem Zwei-Zonen-Verfahren. Dabei wird das feinkörnige Filtermaterial zwischen zwei Behältern hin- und herbewegt: einem kalten, in dem CO₂ gebunden wird, und einem heißen, in dem das Material regeneriert wird.

Bisher mussten Anlagen beide Prozesse im selben Raum durchführen. Das kostete Energie, weil die gesamte Anlage ständig erhitzt und wieder abgekühlt werden musste. Im neuen System wird nur das Material selbst erhitzt. Laut TU Wien besteht rund 80 Prozent des Energiebedarfs aus Wärme, die leicht aus Abwärmequellen gedeckt werden kann.

Diese einfache Trennung macht den Prozess stabiler, sparsamer und flexibler. Der Energieverbrauch sinkt deutlich, und damit auch die Betriebskosten – ein entscheidender Faktor, wenn CO₂-Filter im großen Stil eingesetzt werden sollen.

Warum sinkende Kosten jetzt entscheidend sind

Bislang galt CO₂-Abscheidung als teure Notlösung. Selbst große Betreiber wie Climeworks oder Carbon Engineering kämpfen mit hohen Kosten, weil ihre Anlagen enorme Energiemengen benötigen. Doch genau hier liegt der Hebel: Wenn die Energieeffizienz steigt, sinken automatisch auch die Kosten für jedes abgeschiedene Kilogramm CO₂.

Laut TU Wien lässt sich die neue Technologie überall dort installieren, wo Abwärme anfällt. Das eröffnet eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten – vom Industriebetrieb über Biogasanlagen bis hin zu Stadtwerken.

Von der Forschung zur Anwendung

Die TU Wien hat die Grundlagen für das Verfahren entwickelt und den Prototyp gemeinsam mit den Start-ups DAClab (USA) und DACworx (Österreich) gebaut. Finanziert wird das Projekt vom US-Investor Peter Relan, Gründer der Dharma Karma Foundation. Die größere Demonstrationsanlage mit 100 Tonnen Jahresleistung läuft bereits, der Bau einer 1000-Tonnen-Anlage ist in Vorbereitung.

„Unser Ziel ist, CO₂-Abscheidung überall dort zu ermöglichen, wo Abwärme entsteht“, so das Projektteam. Die Idee ist, kleine, kompakte Einheiten zu entwickeln, die sich leicht skalieren lassen.

Kurz zusammengefasst:

  • Die TU Wien hat ein neues Verfahren entwickelt, das CO₂ mit deutlich weniger Energie aus der Luft filtert und dabei Abwärme nutzt, die sonst verloren geht.
  • Dank des Zwei-Zonen-Prinzips muss nur das Filtermaterial erhitzt werden – das senkt den Energiebedarf auf unter 2000 Kilowattstunden pro Tonne CO₂.
  • Die Technologie könnte die Kosten der CO₂-Abscheidung erheblich reduzieren und erstmals einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz im großen Maßstab ermöglichen.

Übrigens: Selbst wenn ganze Kontinente aufgeforstet würden, ließe sich der CO₂-Ausstoß der fossilen Industrie nicht ausgleichen. Warum Wälder allein den Klimawandel nicht stoppen können, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © TU Wien

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