Harvard-Ärztin findet Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Unfruchtbarkeit – dann wird ihr Millionenprojekt gestoppt

Schon geringe Luftverschmutzung kann die Fruchtbarkeit von Frauen mindern – doch das Forschungsprojekt wurde gestoppt.

Luftverschmutzung schadet Fruchtbarkeit: Harvard-Studie gestoppt

Feinstaub in der Stadtluft: Die winzigen Partikel können über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen – und möglicherweise auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. © Midjourney

Feinstaub schadet nicht nur Herz und Lunge – sondern offenbar auch der Fruchtbarkeit. Die Harvard-Ärztin Shruthi Mahalingaiah erforscht, wie Luftverschmutzung den weiblichen Zyklus und die Chancen auf eine Schwangerschaft beeinflusst. Erste Ergebnisse ihrer millionenschweren Studie zeigten deutliche Zusammenhänge. Doch kurz darauf wurde das Projekt gestoppt – mitten in der entscheidenden Phase, wie die New York Times berichtet.

Mahalingaiah und ihr Team werteten Daten von mehr als 36.000 Frauen aus den USA aus, die über Jahre hinweg zu ihrem Lebensstil, ihrer Umgebung und ihrer Fruchtbarkeit befragt worden waren. Das Ergebnis war alarmierend: Bereits bei einem Anstieg der Feinstaubkonzentration um zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erhöhte sich das Risiko, unfruchtbar zu werden, um rund zehn Prozent.

Luftverschmutzung steigert das Risiko für Unfruchtbarkeit deutlich

Die Forscher fanden zudem Hinweise darauf, dass sich Luftverschmutzung auf die Hormonregulation und die Dauer des Menstruationszyklus auswirken könnte. Besonders empfindlich scheinen Frauen in bestimmten Lebensphasen zu sein – etwa während der frühen Schwangerschaft oder beim Eintritt in die Pubertät.

„Wir wollten herausfinden, in welcher Phase der Einfluss am größten ist – als Kind, Erwachsene oder während einer Schwangerschaft“, sagte Mahalingaiah. Die ersten Daten deuteten darauf hin, dass das erste Trimester einer Schwangerschaft besonders sensibel auf Luftbelastung reagiert.

Feinstaub dringt tief ins Blut – und erreicht auch die Fortpflanzungsorgane

Feinstaubpartikel sind winzig – kleiner als 2,5 Mikrometer. Sie gelangen über die Lunge in den Blutkreislauf und verteilen sich im gesamten Körper. Mahalingaiah erklärt: „Diese Teilchen sind klein genug, um Zellwände zu überwinden und Gewebe zu verändern.“ Das könnte erklären, warum Luftverschmutzung auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigt.

In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher herausfinden, welche biologischen Mechanismen genau dahinterstehen. Vermutet werden Entzündungsprozesse und oxidative Schäden, die sich auf Eizellen oder die Gebärmutterschleimhaut auswirken könnten. Auch die Durchblutung der Fortpflanzungsorgane könnte betroffen sein.

Für Frauen mit Kinderwunsch sind die Erkenntnisse besonders relevant. Sie zeigen, dass Umweltfaktoren – neben Lebensstil, Ernährung oder Alter – eine bislang unterschätzte Rolle bei der Fruchtbarkeit spielen könnten.

Millionenprojekt gestoppt – und später vor Gericht wiederbelebt

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse wurde Mahalingaiahs Förderzusage plötzlich gestrichen. Das rund drei Millionen Dollar schwere Projekt war Teil eines größeren Forschungsprogramms zur Frauengesundheit. Nur ein Drittel des Budgets war bis dahin ausgegeben, sagt sie im Gespräch mit der Times.

Im Frühjahr erhielten mehrere Harvard-Forscher gleichzeitig ähnliche Absagen. Mahalingaiah beschreibt den Moment so: „Es traf uns völlig unvorbereitet. Wir hatten gerade neue Mitarbeiter eingestellt, als der Brief kam.“ Der Stopp kam, während die Datenerhebung gerade an Fahrt aufnahm – und viele Analysen noch ausstanden.

Ein Gericht hob die Entscheidung später auf, doch die Forscherin durfte zunächst nicht auf die Mittel zugreifen. „Wir hängen in der Schwebe und können nicht weitermachen“, sagte sie.

Forschungsverbot trifft junge Wissenschaftler besonders hart

Die Sperre der Fördergelder traf nicht nur Mahalingaiah, sondern auch ihr Team. Mehrere junge Forscher verloren ihre Anstellung. „Das stoppt nicht nur ein Projekt, sondern auch die Ausbildung der nächsten Generation“, warnte sie.

Besonders bitter: Mit jedem Monat Verzögerung gehen wertvolle Daten verloren. Mahalingaiah wollte mit der Studie klären, ob Schadstoffe in bestimmten Regionen oder Jahreszeiten gefährlicher sind – ein Aspekt, der für Prävention und Aufklärung entscheidend sein könnte.

„Unsere Arbeit hilft zu verstehen, wann Frauen besonders geschützt werden müssen“, sagte sie. „Wenn man diese Forschung bremst, verlieren letztlich die Patientinnen.“

Kurz zusammengefasst:

  • Eine Studie der Harvard-Ärztin Shruthi Mahalingaiah legt nahe, dass schon geringe Luftverschmutzung das Risiko für Unfruchtbarkeit um etwa zehn Prozent erhöht.
  • Feinstaubpartikel können über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen und hormonelle Prozesse oder die Gebärmutter beeinträchtigen.
  • Das millionenschwere Forschungsprojekt wurde jedoch gestoppt, wodurch wichtige Erkenntnisse über Umweltbelastung und Frauengesundheit vorerst verloren gingen.

Übrigens: Nicht nur die Fruchtbarkeit steht im Zusammenhang mit Luftverschmutzung – Forscher sehen auch mögliche Risiken für das ungeborene Gehirn. Wie Luftverschmutzung während der Schwangerschaft die Entwicklung von Kindern beeinflussen könnte, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Midjourney

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert