Akkus laden bald in Minuten – MIT erklärt, warum das jetzt möglich wird
Forscher am MIT haben den entscheidenden Engpass im Ladeprozess entdeckt – ihre neue Formel könnte Akkus viel schneller und haltbarer machen.

Die neue MIT-Formel hilft, Lithium-Ionen-Batterien schneller und langlebiger zu machen – in Handy, Auto und Stromspeicher. © Pexels
Akkus laden zu langsam, halten zu kurz und gelten als Schwachstelle moderner Technik. Ob im Smartphone oder im E-Auto – die Lithium-Ionen-Batterie kommt an ihre Grenzen. Ein Forschungsteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat nun eine zentrale Schwachstelle im Ladeprozess identifiziert. Die neue Formel könnte Ladezeiten halbieren und Akkus robuster und langlebiger machen.
Lithium-Ionen-Batterien funktionieren nach einem klaren Prinzip: Beim Entladen wandern Lithium-Ionen aus der flüssigen Komponente des Akkus in ein festes Material, beim Aufladen kehren sie wieder zurück. Dieser Zyklus läuft tausendfach ab und bestimmt, wie viel Energie ein Akku liefern und wie schnell er geladen werden kann.
Bisher galt als sicher, dass vor allem die Bewegung der Ionen innerhalb des festen Materials entscheidend ist. Genau hier setzt die neue Studie an und zeigt: Diese Annahme war unvollständig.
Der eigentliche Engpass liegt an der Oberfläche
Das Team des MIT hat herausgefunden, dass der wichtigste Schritt nicht tief im Material, sondern an der Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Elektrode stattfindet. Damit der Ladevorgang funktioniert, müssen Lithium-Ion und Elektron gleichzeitig übertragen werden.
„Ein Lithium-Ion kann nur dann in das Material der Elektrode gelangen, wenn gleichzeitig ein Elektron übertragen wird“, erklärt Martin Bazant, Professor für Chemieingenieurwesen am MIT. Diese Erkenntnis stellt das bisher genutzte Berechnungsmodell für Ladeprozesse grundlegend infrage.
Die neue Formel – „coupled ion-electron transfer“ (CIET) – beschreibt diesen Doppelprozess erstmals exakt. Sie zeigt, wie sich dieser Schritt gezielt beschleunigen lässt und warum bisherige Berechnungen zur Ladegeschwindigkeit häufig zu optimistisch waren.
Alte Annahmen über Lithium-Ionen-Batterie auf dem Prüfstand
Die Forscher testeten über 50 Materialkombinationen, darunter auch solche, die heute in Handy- und Auto-Akkus verwendet werden. Dabei zeigte sich: Frühere Messwerte zu Reaktionsgeschwindigkeiten lagen teilweise um den Faktor eine Milliarde auseinander.
„Viele dieser alten Werte waren ungenau oder nicht vergleichbar“, sagt Bazant. „Mit unserer Methode können wir den Vorgang endlich realistisch abbilden.“ Die neuen Daten sind konsistent und machen Ladeprozesse erstmals zuverlässig berechenbar.
Formel ermöglicht schnellere, haltbarere und günstigere Akkus
Dank der neuen Erkenntnisse können Entwickler gezielt planen, statt wie bisher auf zeitaufwändige Versuche zu setzen. Das ermöglicht:
- Schnellere Ladezeiten, weil der zentrale Reaktionsschritt gezielt beschleunigt wird
- Längere Lebensdauer, da schädliche Nebenreaktionen vermieden werden können
- Günstigere Akkus, weil aufwendige Entwicklungsprozesse entfallen
„Wir sehen hier große Chancen, die Reaktionsgeschwindigkeiten zu verbessern, das Design von Elektroden zu verändern und so die Leistung und Energie von Batterien zu steigern“, sagt Yang Shao-Horn, Professorin am MIT.
Überall im Einsatz: Was bessere Akkus verändern
Die Fortschritte bei der Lithium-Ionen-Technologie wirken sich direkt auf den Alltag aus. Akkus, die schneller laden und länger halten, machen Smartphones und Laptops zuverlässiger und verringern lästige Wartezeiten.
Auch Elektroautos profitieren: Sie müssten kürzer an der Ladesäule stehen und könnten mit einer Ladung deutlich weiterfahren. Das schont nicht nur Zeit und Nerven, sondern spart durch die längere Lebensdauer auch Ressourcen und senkt die Kosten.
Gleichzeitig stärkt die Technik die Energiewende. Strom aus Wind- und Solaranlagen lässt sich besser speichern und flexibler ins Netz einspeisen – ein wichtiger Schritt für eine stabile, klimafreundliche Energieversorgung.
MIT entwickelt gezieltes Akku-Design
Das MIT-Team arbeitet bereits an einem automatisierten Verfahren, das Tausende Elektrolyt-Varianten bewertet. Ziel ist es, für jeden Einsatzzweck die beste Materialkombination zu finden – von tragbaren Geräten bis zu großflächigen Stromspeichern.
Die neue Formel erlaubt zudem, bestehende Materialien gezielt weiterzuentwickeln, ohne neue Rohstoffe zu benötigen. „Wenn wir wissen, welche Parameter wichtig sind, können wir Akkus gezielt entwerfen und schneller zur Marktreife bringen“, sagt Bazant.
Kurz zusammengefasst:
- Der wichtigste Schritt beim Laden einer Lithium-Ionen-Batterie spielt sich an der Grenzfläche der Elektrode ab – erst wenn Lithium-Ion und Elektron gleichzeitig übertragen werden, läuft der Prozess effizient.
- Die neue MIT-Formel macht es möglich, Ladezeit, Haltbarkeit und Kosten von Akkus gezielt zu optimieren, statt mühsam durch Versuch und Irrtum.
- Damit rückt eine Generation von Batterien näher, die Smartphones, Elektroautos und Stromnetze spürbar leistungsfähiger macht.
Übrigens: Während das MIT erklärt, warum Akkus künftig in Minuten laden könnten, arbeitet ein britisches Team an Batterien, die beim Entladen sogar CO2 aus der Luft ziehen – und fast dreimal so viel Energie speichern. Mehr dazu in unserem Artikel.
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