Cannabiskonsum explodiert nach Gesetzesänderung – doch die Jugend ist kaum betroffen
Seit der Teillegalisierung im April 2024 hat sich der Cannabiskonsum bei Jugendlichen kaum verändert – bei jungen Erwachsenen hingegen deutlich verstärkt.

2025 konsumierte fast jeder dritte junge Mann Cannabis – bei jungen Frauen hat sich der Anteil auf knapp 19 Prozent fast verdoppelt. © Unsplash
Wie leicht ist es, heute an Cannabis zu kommen? Laut der Drogenaffinitätsstudie 2025 gibt fast jeder zweite Mann in der befragten Altersgruppe der 18- und 25-Jährigen an, es sei „sehr leicht“, innerhalb eines Tages an die Droge zu gelangen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme greifen Jugendliche allerdings kaum häufiger zu Cannabis als die nächsthöhere Altersgruppe der jungen Erwachsenen.
Die Studie des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit zeigt nun erstmals, wie sich der Cannabiskonsum junger Menschen seit der Teillegalisierung im April 2024 verändert hat. Die Analyse vergleicht Daten von vor und nach der Gesetzesänderung – und macht deutlich, welche Altersgruppen besonders betroffen sind.
Jugendliche: Cannabiskonsum kaum gestiegen
Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren zeigen seit Jahren einen stabilen Cannabiskonsum. Die Drogenaffinitätsstudie belegt das mit folgenden Zahlen:
- 3 Prozent der Jugendlichen sagten, dass viele ihrer Freunde regelmäßig Cannabis konsumieren
- 7,2 Prozent der Jungen konsumierten im Jahr 2025 Cannabis
- 4,6 Prozent der Mädchen griffen innerhalb dieses Jahres zu der Droge
Diese Entwicklung beweist: Erfolgreiche Präventionsarbeit zeigt Wirkung. Dennoch bleiben Risiken bestehen. Rund jeder zehnte Jugendliche mit Konsumerfahrung (10,7 Prozent) zeigt ein problematisches Muster – etwa durch häufigen Gebrauch oder Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren.
Verfügbarkeit bleibt bei Jugendlichen gleich
In der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen gaben rund 12 Prozent der Jungen und 9,8 Prozent der Mädchen an, sie könnten sich Cannabis innerhalb von 24 Stunden beschaffen. Die Werte entsprechen etwa denen aus dem Vorjahr – ein Hinweis darauf, dass die Teillegalisierung den Zugang für Jugendliche bislang kaum verändert hat.
Anders sieht es bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren aus. Dort empfanden 45,8 Prozent der Männer und 32,1 Prozent der Frauen den Zugang als „sehr leicht“. Damit ist die gefühlte Verfügbarkeit in dieser Altersgruppe im Vergleich zu früher deutlich gestiegen – ein Anstieg, der mit der politischen Neuregelung zeitlich zusammenfällt.
Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen steigt deutlich – Männer und Frauen betroffen
Bei jungen Erwachsenen hat sich der Cannabiskonsum innerhalb eines Jahrzehnts spürbar erhöht. Vor allem Männer zwischen 18 und 25 Jahren greifen deutlich häufiger zur Droge als früher: 31,6 Prozent konsumierten im Jahr 2025, verglichen mit 20,6 Prozent im Jahr 2015. Auch bei den Frauen dieser Altersgruppe hat sich der Anteil nahezu verdoppelt – von 9,7 Prozent auf 18,8 Prozent.

Zudem ist die sogenannte Lebenszeitprävalenz – also die Frage, ob jemand überhaupt schon einmal Cannabis konsumiert hat – gestiegen. Über 54 Prozent der jungen Männer und 40 Prozent der jungen Frauen in dieser Altersgruppe haben dies mindestens einmal getan.
Regelmäßiger Konsum stört Alltag und Konzentration
Das regelmäßige Konsumieren der Droge bleibt nicht ohne Folgen. Viele junge Erwachsene berichten von Konzentrationsproblemen, Antriebslosigkeit und Gedächtnislücken – besonders in der Übergangsphase zwischen Schule, Ausbildung und Beruf. Die Forschung bestätigt diese Erfahrungen: Cannabis stört die Signalverarbeitung im Gehirn und kann kognitive Fähigkeiten langfristig beeinträchtigen.
Besonders Jugendliche sind gefährdet, da sich ihr Gehirn noch in der Entwicklung befindet. Studien zeigen: Wer regelmäßig konsumiert, hat oft weniger graue Substanz in Hirnregionen, die für Lernen und Erinnerung zuständig sind. Auch das Risiko für psychotische Störungen, Angst und Depressionen steigt mit der Konsumhäufigkeit – ebenso wie die Gefahr einer Abhängigkeit.
Jeder Achte konsumiert riskant
Die Drogenaffinitätsstudie warnt ebenfalls vor problematischem Konsum. Unter den jungen Erwachsenen, die in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumierten, zeigen 13,2 Prozent ein riskantes Verhalten. Dazu zählen:
- häufiger Konsum am Vormittag
- Konsum trotz Verpflichtungen
- Schwierigkeiten, Pausen einzulegen
14,8 Prozent der Männer und 10,6 Prozent der Frauen in dieser Gruppe erfüllen mindestens eines dieser Risikokriterien. Im Vergleich dazu liegt der Anteil riskanter Konsummuster bei Jugendlichen deutlich niedriger: 6,5 Prozent der Jungen und 5,3 Prozent der Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren zeigen ein solches Verhalten. Dr. Johannes Nießen, kommissarischer Leiter des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit, warnt:
Wir müssen diese Entwicklung sehr aufmerksam beobachten.
Was Politik und Gesellschaft jetzt tun sollten
Die Studienautoren sprechen sich für gezielte Maßnahmen aus, um problematischem Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen besser zu begegnen. Ihrer Einschätzung nach fehle es gerade in dieser Altersgruppe an passenden Beratungs- und Aufklärungsangeboten.
Während Schüler meist frühzeitig über Risiken informiert würden, endeten viele Präventionsprogramme bereits mit dem Erreichen der Volljährigkeit. Gefordert werden daher niedrigschwellige Beratungen für junge Erwachsene mit ersten Problemen, Angebote an Ausbildungsstätten, Hochschulen und online sowie eine bessere Kontrolle der Verfügbarkeit. Auch die Aufklärung müsse stärker über das Jugendalter hinausreichen.
„Cannabis kann die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen, zu Konzentrations- und Gedächtnisproblemen führen und die Gesundheit langfristig gefährden“, so Nießen. Deshalb bleibe es die Aufgabe der Gesellschaft, junge Menschen umfassend über die Risiken aufzuklären.
Kurz zusammengefasst:
- Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren zeigen seit Jahren einen stabilen Cannabiskonsum – aktuell greifen 7,2 Prozent der Jungen und 4,6 Prozent der Mädchen jährlich zu Cannabis.
- Bei jungen Männern im Alter von 18 bis 25 Jahren hat sich der Anteil der Konsumierenden seit 2015 deutlich erhöht – auf 31,6 Prozent in 2025, bei den Frauen auf 18,8 Prozent.
- Fast die Hälfte der jungen Männer empfindet Cannabis als „sehr leicht“ beschaffbar, und jeder achte Konsumierende zeigt ein problematisches Konsumverhalten.
Übrigens: Wer wegen Cannabis ins Krankenhaus muss, hat ein deutlich höheres Risiko, an Demenz zu erkranken. Mehr dazu in unserem Artikel.
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