Ein Drittel weniger Verkehrstote – Studie zeigt Wirkung von Tempolimit 120
Eine neue Studie zeigt: Auf deutschen Autobahnen könnte ein Tempolimit von 120 jedes Jahr hunderte schwere Unfälle verhindern.

Ein Tempolimit von 120 km/h würde laut Ruhr-Universität Bochum vor allem auf wenig befahrenen Autobahnabschnitten die Zahl schwerer Kollisionen deutlich senken. © DALL-E
Freie Fahrt auf der Autobahn – das gehört für viele zu Deutschland wie das Bier zum Oktoberfest, für manche ist es sogar ein Ausdruck der persönlichen Freiheit. Kein anderes Land in Europa verzichtet auf ein generelles Tempolimit. Befürworter der Beschränkung weisen seit Langem auf die Sicherheitsrisiken hin. Eine aktuelle Analyse der Ruhr-Universität Bochum zeigt nun, was ein Tempolimit von 120 km/h konkret bewirken könnte: weniger schwere Unfälle, geringere Kosten – und mehr Sicherheit für alle.
Tempolimit 120 senkt tödliche Unfälle um mehr als ein Drittel
Nach Angaben von Studienautorin Maike Metz-Peeters sinkt die Zahl tödlicher Unfälle bei Tempo 120 um etwa 35 Prozent. Auch die Zahl schwerer Verletzungen würde deutlich zurückgehen – um rund 26 Prozent. Im Schnitt könnten pro Jahr rund 58 Menschenleben gerettet und über 900 schwere Verletzungen verhindert werden.
Die Grundlage dieser Berechnungen ist ein besonders umfangreicher Datensatz. Er umfasst etwa die Hälfte des deutschen Autobahnnetzes – deutlich mehr als in bisherigen Studien. Erfasst wurden unter anderem Straßenzustand, Verkehrsaufkommen, Wetterdaten sowie Unterschiede zwischen Stadt- und Landregionen. Metz-Peeters meint zudem:
Es ist gut möglich, dass ein Tempolimit in der Realität sogar noch größere Effekte hätte.

Klarer Effekt – besonders bei wenig Verkehr
Vor allem auf weniger befahrenen Abschnitten ist Tempo 120 wirksam. Dort fahren viele Autos besonders schnell – mit großen Tempounterschieden. Das erhöht die Gefahr schwerer Kollisionen deutlich.
Auch an Ein- und Ausfahrten reduziert ein Tempolimit die Risiken spürbar. Denn gerade das Einfädeln bei hoher Geschwindigkeit gehört zu den häufigsten Unfallursachen.
So hoch wären die Einsparungen
Neben der Sicherheit hat Metz-Peeters auch die wirtschaftlichen Folgen berechnet. Ergebnis: Ein Tempolimit von 120 km/h könnte jedes Jahr rund 216 Millionen Euro an Unfallkosten einsparen.
Darin enthalten sind:
- Notarzt- und Rettungseinsätze
- Krankenhausaufenthalte und Reha
- Sachschäden an Fahrzeugen
- Arbeitsausfälle und Verwaltungskosten
Weniger schwere Unfälle bedeuten also nicht nur weniger Leid – sondern auch eine spürbare finanzielle Entlastung für Gesellschaft und Staat.
Tempo 100 oder 130 im Vergleich
Neben Tempo 120 untersuchte die Wissenschaftlerin auch andere Varianten:
- Bei Tempo 100 wären 89 Todesfälle und 700 Schwerverletzte weniger zu erwarten, bei Einsparungen von rund 218 Millionen Euro jährlich.
- Tempo 130 würde voraussichtlich 71 Todesopfer und 611 Schwerverletzte weniger bedeuten – und etwa 206 Millionen Euro an Unfallkosten vermeiden.
Die Datenlage zu Tempo 120 ist Metz-Peeters zufolge besonders aussagekräftig, da diese Geschwindigkeit in den analysierten Streckenabschnitten bereits häufig galt.
Tempolimit 120: Wirkung auf lange Sicht?
Langfristig könnten sich auch die Fahrgewohnheiten ändern, was zu weniger riskantem Verhalten und dauerhaft sinkenden Unfallzahlen führen würde.
Gleichzeitig warnen die Expertin vor möglichen Gewöhnungseffekten, wenn das Tempolimit flächendeckend eingeführt wird. Damit meint Metz-Peeters: „Andererseits könnte es aber auch sein, dass Tempolimits ihre Signalwirkung verlieren, denn sie heben gefährliche Stellen ja besonders hervor. Als Folge könnten die Unfallzahlen auf bisher beschränkten Abschnitten auch steigen.“
Kurz zusammengefasst:
- Ein Tempolimit von 120 km/h könnte jedes Jahr rund 58 Menschenleben retten und über 900 schwere Verletzungen auf Autobahnen verhindern.
- Die Unfallkosten würden jährlich um etwa 216 Millionen Euro sinken – besonders auf wenig befahrenen Strecken wirkt das Tempolimit deutlich.
- Die neue Studie der Ruhr-Universität Bochum basiert auf modernem Datenvergleich und gilt als die bisher umfassendste Untersuchung zum Nutzen eines festen Tempolimits.
Übrigens: Rücksicht am Steuer zahlt sich aus – für die Ohren und die Gesundheit. Wer bewusst fährt, kann den Lärmpegel im Straßenverkehr um fast ein Drittel senken. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © DALL-E