Schlechte Luft macht Kinder kurzsichtig – Studie zeigt alarmierenden Zusammenhang

Abgase und Feinstaub greifen Kinderaugen an – schon Grundschüler verlieren messbar an Sehkraft.

Feinstaub und Abgase reizen nicht nur die Atemwege: Eine große Studie zeigt, dass Kinderaugen in belasteter Luft schneller kurzsichtig werden. © Pexels

Feinstaub und Abgase reizen nicht nur die Atemwege: Eine große Studie zeigt, dass Kinderaugen in belasteter Luft schneller kurzsichtig werden. © Pexels

Kurzsichtigkeit nimmt seit Jahren bei Kindern zu – in Ostasien betrifft sie bereits bis zu neun von zehn Schulabgängern. Auch in Europa und Deutschland kennen viele Familien das Problem: Schon in der Grundschule brauchen Kinder eine Brille. Bisher galten vor allem Bildschirmzeit, wenig Tageslicht und Vererbung als Hauptursachen.

Eine neue Untersuchung mit fast 30.000 Schülerinnen und Schülern zeigt nun, dass auch die Luftqualität eine entscheidende Rolle spielt. Stickstoffdioxid aus Abgasen und Feinstaub verschlechtern die Sehschärfe – selbst bei Kindern ohne Brille. Umgekehrt hilft saubere Luft, die Entwicklung der Augen zu stabilisieren. Besonders Grundschüler profitieren messbar, weil ihre Augen noch wachsen und empfindlicher reagieren.

Die Studie der University of Birmingham liefert damit erstmals klare Daten: Weniger Luftverschmutzung bedeutet bessere Sehkraft in jungen Jahren.

Luftverschmutzung belastet Kinderaugen deutlich

Um herauszufinden, was die Sehkraft von Kindern beeinflusst, wurden viele Informationen zusammengeführt: ob die Eltern kurzsichtig sind, wie viel die Kinder schlafen, lesen, draußen spielen oder Sport treiben, wie ihre Schule und Umgebung aussehen – etwa mit Grünflächen oder viel künstlichem Licht in der Nacht – und natürlich die gemessene Luftqualität. Mit einem speziellen Computerverfahren wurde dann berechnet, welche Faktoren den größten Einfluss auf die Sehschärfe haben.

  • Teilnehmer: Fast 30.000 Kinder aus 16 Stadtteilen, im Schnitt 10 Jahre alt. Mehr als die Hälfte war bereits kurzsichtig.
  • Luftbelastung: Im Durchschnitt enthielt die Luft knapp 39 Mikrogramm Feinstaub (PM2,5) und rund 34 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro Kubikmeter.
  • Stärkste Einflüsse: Alter bzw. Schulstufe, ob Eltern kurzsichtig sind, das nächtliche Umgebungslicht – und dann die Luftschadstoffe NO2 und PM2,5.
  • Wenn die Luft sauberer wird: Würde man die Belastung auf das Niveau der saubersten Wohngegenden senken, könnten alle Kinder zusammen im Schnitt etwas besser sehen. Die Sehschärfe würde von 4,63 auf 4,67 steigen. Grundschüler profitieren besonders stark – bei ihnen wäre der Effekt doppelt so groß.

Der Grund: Jüngere Augen wachsen noch und sind anfälliger, können sich aber auch leichter erholen. Bei älteren Schülern spielen andere Dinge wie lange Lernzeiten, viel Bildschirmnutzung und Veranlagung eine größere Rolle. Wer bereits sehr stark kurzsichtig ist, wird durch bessere Luft kaum entlastet – dort überwiegt der genetische Einfluss.

Was schlechte Luft im Auge anrichtet

Feinstaubpartikel und Stickoxide können Entzündungen an der Augenoberfläche auslösen. Das stört die Schutzschicht der Hornhaut und setzt Botenstoffe frei, die das Gewebe umbauen. Gleichzeitig verringert schlechte Luft oft die effektive Lichtexposition im Freien. Tageslicht wiederum fördert die Ausschüttung von Dopamin in der Netzhaut – ein natürlicher Schutzfaktor gegen das übermäßige Längenwachstum des Augapfels, das zur Kurzsichtigkeit führt.

„Saubere Luft betrifft nicht nur die Atemwege – sie betrifft auch die Sehgesundheit“, erklärt Studienleiter Prof. Zongbo Shi von der University of Birmingham. Und sein Kollege Dr. Yuqing Dai ergänzt: „Gene eines Kindes lassen sich nicht ändern, seine Umgebung schon. Wenn wir früh handeln – bevor eine schwere Kurzsichtigkeit entsteht – können wir wirklich etwas bewirken.“

Frühe Schuljahre als Schlüsselphase für Kinderaugen

Kleine Verbesserungen in der Sehschärfe können für viele Kinder entscheidend sein. In der Studie zeigte sich: Bei allen lag der Zugewinn im Schnitt bei 0,04 Punkten, bei Grundschülern doppelt so hoch. Gerade in diesem Alter entscheidet sich, ob eine Kurzsichtigkeit langsam oder schnell voranschreitet – mit Folgen bis hin zu Netzhautablösung oder grünem Star im späteren Leben.

Kurz zusammengefasst:

  • Luftverschmutzung mit Feinstaub (PM2,5) und Stickstoffdioxid (NO2) verschlechtert die Sehkraft von Kindern messbar.
  • Besonders Grundschüler profitieren von sauberer Luft, da ihre Augen noch wachsen und empfindlicher reagieren.
  • Frühzeitige Maßnahmen wie bessere Luftqualität an Schulen können das Fortschreiten von Kurzsichtigkeit bremsen.

Übrigens: Altersbedingte Makuladegeneration betrifft Millionen Menschen, oft unbemerkt, bis das Sehen schwer fällt. Forscher aus Australien entwickeln nun Tropfen, die direkt an der Netzhaut wirken könnten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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