Vom Single zum Paar – Warum Zusammenziehen uns wirklich glücklicher macht
Partnerschaft und gemeinsames Wohnen steigern die Lebenszufriedenheit messbar – ganz unabhängig von Alter, Einkommen oder Trauschein.

Zusammenziehen macht uns glücklicher – und der Effekt hält jahrelang. © Unsplash
Frisch Verliebte kennen das Gefühl: Der Alltag wirkt leichter, Gespräche fließen mühelos, die kleinsten Momente gewinnen an Bedeutung. Doch irgendwann stellt sich Routine ein – spätestens, wenn aus romantischen Treffen ein gemeinsamer Haushalt wird. Was bleibt vom anfänglichen Hochgefühl, wenn die Zahnbürste des Partners dauerhaft im Bad liegt?
Forscher aus Deutschland und Großbritannien sind dieser Frage nachgegangen. Ihre Auswertung zweier Langzeitstudien zeigt: Der Schritt in eine feste Partnerschaft mit gemeinsamem Alltag bringt einen klaren Zuwachs an Lebenszufriedenheit – und dieser hält länger an, als man denkt.
Der Beginn einer Beziehung macht glücklicher als der gemeinsame Umzug
Ausgewertet wurden Daten von 1.103 Personen, die zunächst allein lebten, dann eine Beziehung begannen und schließlich mit ihrem Partner in eine gemeinsame Wohnung zogen. Der größte Anstieg der Lebenszufriedenheit zeigte sich beim Beginn der Partnerschaft. Im Jahr des Zusammenziehens erreichte er seinen Höhepunkt – und blieb auch zwei Jahre später noch überdurchschnittlich hoch.
Wer jedoch bereits ein Jahr vor dem Einzug in einer festen Beziehung lebte, hatte den Zufriedenheitsschub schon früher erlebt; das Zusammenziehen selbst sorgte in dieser Gruppe nur noch für Stabilität, nicht für einen weiteren Zuwachs.
„Der Beginn einer Partnerschaft ist der Wendepunkt für die Lebenszufriedenheit – das Zusammenziehen bringt vor allem Stabilität. Das geht deutlich aus den Daten hervor“, erklärt Dr. Usama EL-Awad von der Universität Bielefeld, der die Studie mitverantwortet hat.
Stabilität wirkt für alle gleich
Der Effekt zeigt sich über alle sozialen Gruppen hinweg: Ob jung oder alt, reich oder mit niedrigem Einkommen – die Lebenszufriedenheit steigt spürbar. Die Partnerschaft wirkt wie ein gemeinsamer Ruhepol im Leben.
„Der Zufriedenheitsanstieg ist unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen oder Bildung“, erklärt auch Dr. Theresa Entringer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Greifswald. Gemeinsam zu leben schafft emotionale Sicherheit, sozialen Rückhalt und stärkt das Wohlbefinden.
Hochzeit spielt kaum noch eine Rolle
In früheren Jahrzehnten galt die Eheschließung als zentraler Wendepunkt im Leben. In den 1980er- und 1990er-Jahren zeigte sich ein zusätzlicher Anstieg der Lebenszufriedenheit nach der Heirat. Heute ist dieser Effekt weitgehend verschwunden.
Die Daten zeigen: Seit den 2010er-Jahren unterscheiden sich verheiratete und unverheiratete Paare kaum noch in ihrer Zufriedenheit. „Die Eheschließung ist heute zumindest in den ersten Jahren der Beziehung weniger wichtig als früher“, so EL-Awad. Das liege vermutlich am gesellschaftlichen Wandel und der gestiegenen Akzeptanz nichtehelicher Partnerschaften.
Kein kurzer Höhenflug
Viele Forscher nehmen an, dass Menschen nach großen Veränderungen wie Umzug, Jobwechsel oder Heirat schon nach kurzer Zeit wieder ihr gewohntes Zufriedenheitsniveau erreichen. Die aktuelle Auswertung zeigt jedoch etwas anderes – zumindest bei Menschen, die vorher allein gelebt haben.
„Wer vom Singleleben in eine feste Partnerschaft wechselt, erlebt eine anhaltende Verbesserung des Wohlbefindens – und zwar über mehrere Jahre hinweg, nicht nur als kurzen ‚Honeymoon-Effekt‘“, erklärt Prof. Dr. Anu Realo von der University of Warwick.
Bindung bleibt ein Grundbedürfnis
Warum Partnerschaften diesen Effekt auslösen, liegt nicht nur an äußeren Umständen. Es geht um ein tief verankertes menschliches Bedürfnis nach Nähe und Bindung.
„Das Bedürfnis nach einer festen Partnerschaft ist tief verwurzelt. Es zeigt sich kulturübergreifend und wird auch bei monogamen Tierarten wie Schwänen, Albatrossen und Eselspinguinen beobachtet“, sagt Prof. Dr. Sakari Lemola von der Universität Bielefeld abschließend.
Kurz zusammengefasst:
- Wer vom Single-Dasein in eine Partnerschaft mit gemeinsamem Haushalt wechselt, erlebt einen klaren Zuwachs an Lebenszufriedenheit – und dieser bleibt über Jahre bestehen.
- Der positive Effekt zeigt sich bei Menschen aller Altersgruppen und sozialen Hintergründe – unabhängig von Einkommen, Bildung oder Geschlecht.
- Heiraten spielt für das Wohlbefinden heute kaum noch eine Rolle – entscheidend ist das tägliche Zusammenleben.
Übrigens: Wenn sich in einer Partnerschaft die Gespräche über Politik häufen, kann das mehr als nur den Abend verderben. Neue Langzeitdaten zeigen, wie tief politische Meinungen in unsere Beziehungen eingreifen – und warum gerade unterschiedliche Haltungen die Trennungsrate in die Höhe treiben. Mehr dazu in unserem Artikel.
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