Kalium zu hoch? Dieses Pflaster warnt rechtzeitig – ganz ohne Blutabnahme

Ein neues Pflaster misst künftig den Kaliumspiegel zu Hause – schmerzfrei, sekundenschnell und direkt sichtbar per App auf dem Smartphone.

Kaliumspiegel messen ohne Klinik: So einfach geht’s jetzt zu Hause

Mit dem Pflaster kann man den Kaliumspiegel zu Hause selbst messen und die Werte direkt am Smartphone ablesen. © Fraunhofer IMM

Herzklopfen ohne ersichtlichen Grund, plötzliche Muskelschwäche oder anhaltende Erschöpfung – solche Beschwerden können auf ein ernstes Problem im Körper hinweisen. Bei Menschen mit Nierenschwäche oder Herzinsuffizienz verbirgt sich dahinter nicht selten ein erhöhter Kaliumspiegel im Blut. Dieses Mineral spielt eine zentrale Rolle für die Reizweiterleitung in Muskeln und Nerven – auch im Herz. Schon geringfügige Schwankungen können gefährlich sein.

Bislang mussten Betroffene regelmäßig zur Blutabnahme, um den Kaliumwert kontrollieren zu lassen. Doch spontane Überprüfungen im Alltag waren kaum möglich. Nun aber haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme (IMM) zusammen mit dem französischen Medizintechnik-Start-up Ki’tech ein Pflaster entwickelt, das erstmals erlaubt, den Kaliumspiegel zu Hause einfach und sicher zu messen – mit direkter Anzeige der Werte auf dem Smartphone.

Kaliumspiegel zu Hause messen – zuverlässig ohne Blutabnahme

Das „Kaliumpflaster“ misst etwa fünf bis sieben Zentimeter im Durchmesser, besteht aus weichem Material und lässt sich bequem auf die Haut kleben. Es misst Kalium nicht im Blut, sondern in der sogenannten interstitiellen Flüssigkeit – das ist die Flüssigkeit zwischen den Körperzellen.

Warum das funktioniert? Der Kaliumgehalt in dieser Flüssigkeit entspricht fast genau dem im Blutplasma. So kann das System den aktuellen Kaliumwert zuverlässig bestimmen – ganz ohne klassische Blutprobe.

Wie ein Pflaster zum medizinischen Sensor wird

Die Technik hinter dem Pflaster stammt aus der Mikrofluidik. Dabei wird mithilfe kleinster Sensoren eine winzige Menge Gewebsflüssigkeit entnommen und analysiert. Alles ist so konzipiert, dass es mit einem Einwegpflaster funktioniert – hygienisch, sicher und preiswert. Das Material ist hautverträglich und lässt sich nach dem Tragen einfach entsorgen.

Für wen ist das neue Pflaster besonders wichtig?

Die neue Technik richtet sich vor allem an:

  • Menschen mit chronischer Nierenschwäche
  • Patienten mit Herzinsuffizienz
  • Dialysepflichtige, die mehrere Tage ohne Behandlung auskommen müssen
  • Menschen, die kaliumsparende Medikamente einnehmen

Vor allem Dialysepatienten sind gefährdet. „An den dialysefreien Tagen sollten die Betroffenen unbedingt ihren Kaliumwert kennen. Ein zu hoher Wert kann gefährliche Herzrhythmusstörungen verursachen und sogar zum Herzstillstand führen“, erklärt Dr. Michael Baßler vom Fraunhofer IMM.

Smartphone warnt bei kritischen Werten automatisch

Das Pflaster überträgt die Daten automatisch aufs Handy. In der dazugehörigen App sehen Nutzer den aktuellen Kaliumwert – in Echtzeit. Eine einfache Farbskala zeigt, ob der Wert im grünen Bereich liegt oder ob Vorsicht geboten ist. Bei kritischen Werten verschickt die App automatisch eine Warnung – auf Wunsch auch an das behandelnde medizinische Fachpersonal.

Die Übertragung funktioniert kabellos per Bluetooth oder NFC. Der gesamte Vorgang läuft vollautomatisch, niemand muss aktiv etwas tun.

Ärzte können frühzeitig eingreifen

Das medizinische Personal erhält bei Bedarf Zugriff auf die Daten. So können Ärzte bei auffälligen Messwerten schnell reagieren – zum Beispiel mit einem Therapieanruf, einer Anpassung der Medikation oder, wenn nötig, der Empfehlung, sofort in die Notaufnahme zu gehen.

Dr. Sisi Li vom Fraunhofer IMM erklärt: „Unser Ziel ist es, die Morbidität und Mortalität dieser Patienten zu senken und ihre Lebensqualität zu verbessern.“

Einfache Anwendung mit großem Nutzen für Alltag und Medizin

Die Vorteile im Überblick:

  • Keine Blutentnahme nötig
  • Schmerzfreie Anwendung
  • Messung rund um die Uhr
  • Ergebnisse in wenigen Minuten
  • Direkte Datenübertragung aufs Handy
  • Frühzeitige Warnung bei Gefahr
  • Entlastung von Kliniken und Praxen

Die Idee erinnert an den bekannten Blutzuckertest bei Diabetes. Und genau das soll den Forschern zufolge auch erreicht werden: ein standardisierter Selbsttest für eine lebenswichtige Körperfunktion.

Aktuell existieren erste funktionsfähige Prototypen, die bereits in realen Bedingungen getestet wurden. Klinische Studien sind für Ende des Jahres geplant. Wenn diese erfolgreich verlaufen, könnte das Pflaster schon bald als Medizinprodukt auf den Markt kommen. Die Hoffnung: mehr Selbstbestimmung, mehr Sicherheit – und weniger Komplikationen.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein erhöhter Kaliumspiegel kann bei Menschen mit Nierenschwäche oder Herzproblemen lebensgefährlich werden – bisher war die Kontrolle nur über Blutuntersuchungen in Kliniken möglich.
  • Ein neues Pflaster vom Fraunhofer IMM erlaubt es erstmals, den Kaliumspiegel zu Hause einfach und schmerzfrei zu messen und die Werte direkt per App auszuwerten.
  • Das System warnt automatisch bei kritischen Werten, entlastet Ärzte und Kliniken und verbessert die Sicherheit und Lebensqualität der Betroffenen deutlich.

Übrigens: Jeder Dritte möchte nichts über mögliche Krankheiten wissen – selbst wenn frühes Handeln die Heilungschancen deutlich erhöhen könnte. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Fraunhofer IMM

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