Roboter übernehmen immer mehr Jobs – Droht das Aus für ganze Branchen?
Roboter und KI könnten schon bald viele Jobs ersetzen. Ein Zukunftsforscher erklärt, warum ganze Branchen vor einem radikalen Wandel stehen.

Egal, in welchem Beruf oder in welcher Branche man arbeitet – innerhalb einer Generation könnten Maschinen dieselbe Aufgabe zu einem Bruchteil der Kosten genauso gut oder besser erledigen und den Mensch ablösen. © Pexels
Wer heute noch an die Sicherheit seines Jobs glaubt, muss laut Zukunftsforscher Adam Dorr umdenken: In spätestens zwanzig Jahren könnten Roboter und künstliche Intelligenz nahezu alle menschlichen Arbeitsplätze verdrängen. Im Beitrag im Guardian beschreibt er eine Entwicklung, die viele überfordern dürfte, weil sie so schnell, so umfassend und so unumkehrbar verlaufen werde.
Dorr vergleicht die kommende Automatisierungswelle mit dem Ende der Pferdekutsche, dem Aufstieg des elektrischen Lichts oder dem Niedergang von Kodak durch Digitalkameras. Nur betreffe es diesmal nicht nur einzelne Branchen, sondern die gesamte Arbeitswelt. „Technologie hat ein neues Ziel und das sind wir. Unsere Arbeit“, bringt Dorr es auf den Punkt.
Alles wird billiger, schneller, effizienter – nur nicht der Mensch
Maschinen könnten bald nahezu jede Aufgabe übernehmen – günstiger, schneller und fehlerfreier. Schon heute verbessert sich die Technik Tag für Tag. Und wenn Kunden das Gleiche oder sogar Besseres für weniger Geld bekommen, entscheiden sie sich nicht für den Menschen.
Wir sind die Pferde. Wir sind die Filmkameras.
Adam Dorr
Adam Dorr, 48, ist Technologietheoretiker mit einem Doktortitel in Public Affairs von der University of California in Los Angeles und Forschungsleiter bei RethinkX, einer US-amerikanischen Non-Profit-Organisation, die technologische Umbrüche analysiert und prognostiziert. Er beruft sich auf eine umfassende Datenanalyse: Über 1.500 technologische Umbrüche aus der Menschheitsgeschichte zeigen ein Muster. Sobald eine neue Technologie erste Anteile gewinnt, dominiert sie oft schon nach 15 bis 20 Jahren den gesamten Markt.
Roboter übernehmen branchenübergreifend
Dorr sprach kürzlich beim Dargan Forum in Irland über die digitale Transformation. Seine Prognose ist radikal: Humanoide Roboter mit lernfähiger Software werden in nahezu jedem Bereich arbeiten, vom Einzelhandel bis zur Pflege, von der Logistik bis zur Verwaltung.

Zwar könne es eine kurze Übergangsphase geben, in der Mensch und Maschine noch zusammenarbeiten, ähnlich wie es einst Lagerarbeiter taten, die mit Gabelstaplern und Barcode-Scannern ihre Effizienz steigerten. Doch auch diese Zeit werde bald enden.
Welche Jobs überleben könnten
Langfristig könnten nur wenige Tätigkeiten Bestand haben – vor allem solche, bei denen echte menschliche Nähe, Empathie und situatives Feingefühl gefragt sind. Dazu zählen etwa Berufe wie Coach, Politiker, Ethikberater oder Sexarbeiter.
Doch selbst in diesen Bereichen werde künstliche Intelligenz zunehmend mitmischen, etwa in Form virtueller Gesprächspartner, automatisierter Beratung oder digitaler Simulationen von Intimität. Die verbleibenden Nischen für menschliche Arbeit dürften also klein bleiben und hart umkämpft sein.
Die Zeit drängt – Gesellschaftssysteme müssen neu gedacht werden
„Es gibt viel zu wenige solcher Berufe, um Milliarden Menschen zu beschäftigen“, warnt Dorr. Er fordert keine Patentrezepte. Aber er mahnt, endlich zu beginnen: mit Pilotprojekten, neuen Eigentumsformen, offenen Verteilungsmodellen. „Wir wissen nicht, ob wir die richtigen Fragen stellen“, sagt er. „Aber wir müssen jetzt anfangen.“
Denkende Maschinen sind längst Realität und ihre Fähigkeiten wachsen von Tag zu Tag, ohne absehbares Ende. Viel Zeit zur Vorbereitung bleibt nicht. Es steht fest: Der Wandel wird turbulent.
Adam Dorr
Er setzt auf mutige Experimente und auf Kreativität. Wenn Roboter uns von Arbeit befreien, könnten wir als Gesellschaft neu bestimmen, wie wir Zeit, Geld und Sinn verteilen. Dorr beschreibt eine Zukunft mit sauberer Energie, wachsender Produktivität und echter Freiheit. Die Chancen seien gewaltig – aber nur, wenn Gesellschaften den Übergang aktiv gestalten.
Vom Arbeitsdruck zur neuen Freiheit
Er räumt ein: Viele Zukunftsforscher hätten sich bereits einmal geirrt. Doch die Vorzeichen seien eindeutig. Vielleicht biete gerade die winzige Schicht der Menschen, die nie arbeiten mussten, etwa Aristokraten, Hinweise darauf, wie ein erfülltes Leben ohne Lohnarbeit aussehen könnte.
„Manche waren gelangweilt und leer“, sagt Dorr. „Aber andere lebten sinnvoll, in Freundschaft, Familie und Gemeinschaft.“ Und genau darin liege eine mögliche Antwort: nicht im Job, sondern in echter menschlicher Verbindung. Deshalb müsse man jetzt über neue Strukturen nachdenken – über Eigentum, über Beteiligung, über Verteilung. Alte Konzepte wie „Arbeit gegen Lohn“ könnten bald nicht mehr ausreichen.
Kurz zusammengefasst:
- Roboter und künstliche Intelligenz könnten innerhalb von 20 Jahren fast alle menschlichen Jobs übernehmen – branchenübergreifend und schneller als erwartet.
- Nur wenige Berufe mit echter menschlicher Nähe haben langfristig eine Chance, doch auch sie stehen unter wachsendem Wettbewerbsdruck durch KI.
- Gesellschaften müssen jetzt neue Modelle für Eigentum, Arbeit und Verteilung entwickeln, da alte Strukturen wie „Arbeit gegen Lohn“ künftig nicht mehr ausreichen werden.
Übrigens: Forscher arbeiten auch an winzigen Robotern, die eigenständig durch den menschlichen Körper navigieren. Die TU Wien zeigt, wie dezentrale Steuerung mit einfacher KI völlig neue Möglichkeiten für Medizin und Umwelt eröffnet. Mehr dazu in unserem Artikel.
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