Mojave-Mikroben haben eingebauten Schutz gegen tödliche UV-Strahlung – sie könnten sogar auf fremden Planeten überleben
Mikroorganismen aus der Mojave-Wüste überstehen selbst die stärkste Form der UV-Strahlung – dank natürlichem Sonnenschutz. Mit einer solchen Überlebensstrategie wäre auch außerirdisches Leben möglich.

Diese Flechte könnte den entscheidenden Hinweis liefern, dass mehr Planeten Leben beherbergen, als gedacht. © Bob O'Kennon
Auf der Erde gedeiht Leben unter günstigen Bedingungen. Doch es kann auch unter extremen Umständen überleben – das zeigt eine Flechte aus der Mojave-Wüste. Sie widersteht selbst tödlicher UV-Strahlung und nährt die Hoffnung, dass Mikroorganismen auch auf stark bestrahlten erdähnlichen Planeten existieren könnten. Die neue Studie dazu ist in der Fachzeitschrift Astrobiology erschienen.
Im Zentrum der Forschung steht die Flechtenart Clavascidium lacinulatum. Sie wächst in heißen, trockenen Regionen wie der Mojave-Wüste im Südosten Kaliforniens. In einem Labor in Las Vegas setzten Forscher die Flechte gezielt UVC-Strahlung aus – einer besonders energiereichen Form ultravioletten Lichts, die Mikroorganismen normalerweise abtötet.
Was UV-Strahlung so gefährlich macht
Ultraviolette Strahlung wird in drei Typen unterteilt, die sich durch ihre Wellenlänge und biologische Wirkung unterscheiden:
- UVA-Strahlung (315–400 nm) macht den größten Teil der UV-Strahlung auf der Erde aus. Sie dringt tief in die Haut ein, fördert die Hautalterung und kann das Risiko für Hautkrebs erhöhen.
- UVB-Strahlung (280–315 nm) wird teilweise von der Ozonschicht abgeschirmt. Sie verursacht Sonnenbrand, spielt aber auch eine Rolle bei der Vitamin-D-Bildung.
- UVC-Strahlung (100–280 nm) ist die energiereichste und gefährlichste Form. Auf der Erde wird sie von der Atmosphäre vollständig herausgefiltert – auf Exoplaneten mit dünner oder fehlender Atmosphäre kann sie jedoch ungehindert auf die Oberfläche treffen. Die stärkste Form der UV-Strahlung tötet Mikroorganismen effektiv ab und wird daher auch künstlich zur Desinfektion eingesetzt.
Mikroorganismen entwickeln Widerstandskraft gegen tödliche UV-Strahlung
Während UVC-Strahlung auf der Erde also kein Problem darstellt, kann sie auf anderen Planeten eine massive Bedrohung sein – insbesondere während Sonnenstürmen, wenn Sterne große Mengen energiereicher Strahlung aussenden.
„Ein Mikroorganismus muss länger als einen Tag überleben, wenn er auf einem Planeten bestehen will“, sagt Studienleiter Henry Sun vom Desert Research Institute. Es ging den Forschern daher nicht nur um kurzfristige Aktivität, sondern um echtes Überleben.
Das Ergebnis: Auch nach drei Monaten unter intensiver UVC-Strahlung blieben rund 50 Prozent der Algenzellen in der Flechte lebensfähig. Sobald sie wieder mit Wasser versorgt wurden, begannen sie sich erneut zu teilen.

Natürlicher Schutz wie Sonnencreme
Der Impuls zur Studie kam aus einer Beobachtung im Alltag: Bei einem Spaziergang fiel Henry Sun auf, dass viele Flechten in der Wüste schwarz statt grün gefärbt sind – obwohl sie Chlorophyll enthalten und Photosynthese betreiben. Die Frage war: Woher kommt die dunkle Färbung?
Die Antwort lieferte eine Analyse gemeinsam mit Chemikern der University of Nevada in Reno. Die dunkle Oberfläche enthält spezielle Flechtensäuren, die wie natürliche UV-Filter wirken. Sie ähneln UV-Stabilisatoren, die in Kunststoffen verwendet werden, und verhindern, dass die Strahlung tiefer liegende Zellen erreicht.
Mikroskopische Untersuchungen zeigten, dass schon eine Schutzschicht von einem Millimeter Dicke entscheidend ist. Entfernte man die Hülle und trennte Algen und Pilz – eine Flechte ist ein Lebewesen, das aus einer symbiotischen Verbindung von Pilzen und Algen oder Cyanobakterien besteht – starben die Zellen unter der gleichen Strahlung binnen Sekunden ab.
Bemerkenswert ist dabei: Die Fähigkeit zum Schutz vor UVC-Strahlung war nie notwendig – die Erdatmosphäre blockierte diese Strahlung längst, als Flechten entstanden. Der Schutzmechanismus ist ein Nebeneffekt der Anpassung an UVA- und UVB-Strahlen – auf anderen Planeten könnte er überlebensentscheidend sein.
Sauerstoffentzug reduziert Strahlenschäden
Ein zweiter Versuch zeigte: In einer sauerstofffreien Umgebung richtete die UV-Strahlung weniger Schaden an. Das liegt daran, dass viele Zellschäden erst durch chemische Reaktionen entstehen – zum Beispiel, wenn UV-Licht mit Sauerstoff oder Stickstoff reagiert und dabei aggressive Moleküle wie Ozon oder reaktive Sauerstoffverbindungen bildet.
„Wir kamen zu dem Schluss, dass die obere Haut der Flechte alle darunterliegenden Zellen zuverlässig schützt – sowohl mechanisch als auch chemisch“, erklärt Sun. Für Planeten mit hoher Strahlenbelastung könnte eine solche Schicht lebenswichtig sein.
Spurensuche nach außerirdischem Leben
Die Forscher sehen ihre Arbeit als Hinweis darauf, dass auch auf fernen Planeten Leben möglich sein könnte – zumindest in Form von Mikroorganismen. Diese könnten sich ähnlich wie die Flechte an extreme Bedingungen anpassen.
„Solche Planeten könnten nur so wimmeln von koloniebildenden Mikroben, die wie die Flechten in der Mojave-Wüste praktisch immun gegen UVC-Strahlung sind“, schreiben die Autoren der Studie.
Tejinder Singh, Mitautor der Studie und heute am NASA Goddard Space Flight Center tätig, bringt es auf den Punkt:
Diese Arbeit zeigt, wie unglaublich hartnäckig Leben sein kann – selbst unter den härtesten Bedingungen.
Kurz zusammengefasst:
- Eine Flechte aus der Mojave-Wüste hat drei Monate lang extrem starke UV-Strahlung überlebt – und sich danach als Mikroorganismus sogar weitervermehrt.
- Ihre Schutzschicht aus dunklen Pigmenten wirkt wie eine natürliche Sonnencreme und bewahrt die Zellen vor Schäden.
- Die Ergebnisse zeigen, dass Leben auch auf stark bestrahlten Exoplaneten möglich sein könnte.
Übrigens: Auch im Yellowstone-Nationalpark gedeihen Mikroben unter Extrembedingungen – und produzieren dabei Methan, das für Klimaforschung und Astrobiologie entscheidend sein könnte. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Bob O’Kennon via iNaturalist unter CC BY-NC 4.0-Lizenz