Smart Speaker verändern wie Menschen Musik hören
Smart Speaker fördern Musikstreaming, lenken aber auch Hörverhalten, sowie Abo-Wahl und prägen erheblich die Strukturen im Musikmarkt.

Ein fester Bestandteil in vielen deutschen Haushälten: Smart Speaker. Sie treiben Abo-Zahlen hoch und stärken die Plattformen der Hersteller. © Pexels
Smart Speaker haben längst ihren festen Platz in deutschen Wohnzimmern. Doch sie sind mehr als praktische Alltagshelfer. Sie steuern ganz konkret, wie viel Musik gehört wird und welche Anbieter dabei profitieren. Das zeigt eine Studie der Universität Hamburg. Besonders spannend: Wer einen solchen Lautsprecher besitzt, zahlt fast doppelt so häufig für Musikstreaming wie Menschen ohne Gerät.
Im Alltag kann das den Unterschied machen. Die Lautsprecher reagieren auf Zuruf, spielen Lieblingssongs sofort ab und schaffen so neue Momente für Musik – beim Kochen, im Bad oder einfach zwischendurch. Die Studie hat über 1.500 Menschen in Deutschland befragt. Wer einen Smart Speaker nutzt, hört im Schnitt über 20 Stunden Musik pro Woche. Ohne Gerät liegt die Zahl bei 16 Stunden.
Smart Speaker und Musikstreaming-Dienst kommen oft Hand in Hand
Die Verknüpfung von Gerät und Dienst sorgt für klare Vorlieben. Wer etwa einen Amazon-Speaker nutzt, landet mit großer Wahrscheinlichkeit bei Amazon Music Unlimited. Fast ein Drittel der Amazon-Nutzer zahlt dort für ein Abo. Zum Vergleich: Ohne Smart Speaker liegt dieser Anteil nur bei elf Prozent. Auch bei Google funktioniert das ähnlich. YouTube Music ist unter Nutzern von Google-Speakern viel stärker verbreitet.
Die Gerätehersteller binden ihre Kundschaft an eigene Plattformen – ohne Zwang, aber durch Bequemlichkeit. Die Folge: Wer ein Gerät kauft, entscheidet sich oft auch unbewusst für einen bestimmten Streamingdienst.
Hersteller locken in eigene Abo-Welten
„Smart Speaker ergänzen andere Abspielgeräte wie Smartphones – sie verdrängen sie nicht“, erklärt Studienautor Levent Uyar. Diese Bindung hat Folgen. Die Entscheidung für einen Lautsprecher beeinflusst, welche Songs und Alben Menschen besonders häufig hören und an welchen Stellen Geld im Musikmarkt fließt.
Sie schaffen neue Gelegenheiten, Musik zu hören. Und sie stärken die Bindung an die jeweiligen Ökosystem.
Levent Uyar
Anbieter wie Spotify oder Deezer geraten so ins Hintertreffen, wenn sie nicht direkt mit den Lautsprecherherstellern kooperieren können.
Smart Speaker beeinflusst Musikwahl
Der Musikmarkt verändert sich, nicht durch einzelne Hits, sondern durch Technik im Alltag. Die Lautsprecher entscheiden nicht, was hörenswert ist. Aber sie bestimmen, wie einfach Nutzer Zugang bekommen. Wer einmal in einem Abo steckt, bleibt oft dabei.
„Wir sehen, dass sich Nutzer im digitalen Musikmarkt entlang technischer Systeme bewegen, nicht nur entlang musikalischer Vorlieben“, sagt Professor Michel Clement. Die Wahl eines Lautsprechers ist damit auch eine Entscheidung für bestimmte Inhalte.
Marktdominanz im Streamingbereich
Die Studie aus Hamburg widmet sich nicht nur Hörgewohnheiten, sondern betrachtet auch die wirtschaftlichen Folgen. Wenn Plattformen wie Amazon oder Google ihre eigenen Dienste durchsetzen, geraten unabhängige Anbieter unter Druck. Für Musiker kann das bedeuten, dass sie über manche Kanäle schlechter auffindbar sind oder geringere Vergütungen erhalten.
Die Gerätehersteller verschieben dadurch die Machtverhältnisse im Streamingmarkt. Wer Musik hören will, bekommt meist nur das, was im System vorgesehen ist. Und wer das System baut, kann mitbestimmen, was gehört wird und was nicht.
Bequem, aber gesteuert: Wie funktioniert das System Musik in Zukunft?
Der Markt für Musikstreaming wächst. Doch während die Zahl der Nutzer steigt, werden die Wege, über die Musik gehört wird, enger. Die Studie zeigt: Es sind nicht nur Hits oder Empfehlungen, die zählen, sondern auch Mikrofone, die auf „Play“ reagieren.
Die Universität Hamburg spricht von einem neuen Zusammenspiel: Technik, Plattformen und Nutzungsgewohnheiten verschränken sich immer stärker. Für viele bedeutet das: Musik wird schneller, bequemer, aber auch gelenkter. Wer nicht aufpasst, gibt nicht nur die Kontrolle über die Playlist ab, sondern auch über seine Daten und sein Geld.
Kurz zusammengefasst:
- Smart Speaker steigern die tägliche Hördauer deutlich: Nutzer hören im Schnitt über 20 Stunden pro Woche und entscheiden sich dabei fast doppelt so häufig für kostenpflichtige Musikstreaming-Abos wie Personen ohne Lautsprecher.
- Hersteller profitieren durch direkte Anbindung an eigene Plattformen: Amazon-Geräte leiten viele Nutzer gezielt zu Amazon Music Unlimited – oft ohne bewusste Entscheidung.
- Die Kopplung von Hardware und Dienst verändert den Markt nachhaltig: Sie erschwert unabhängigen Streamingdiensten den Zugang zum Publikum und stärkt die Kontrolle großer Plattformen über Inhalte und Reichweite.
Übrigens: Ob Musik Gänsehaut auslöst oder jemanden kaltlässt, hängt oft nicht vom Geschmack, sondern von den Genen ab. Mehr dazu in unserem Artikel.
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