Auf Tuchfühlung mit seinem Stern – Extrem heißer Exoplanet ist ein Glutofen auf Wanderung
Ein extrem heißer Exoplanet umrundet seinen Stern in nur 30 Stunden. Trotz über 3000 °C auf der Tagseite enthält seine Nachtseite viel Methan.

Künstlerische Darstellung: WASP-121b sammelt in einer frühen Phase Gas an – weit entfernt vom Stern, bevor er in die heiße Nähe wandert. © T. Müller (MPIA/HdA)
Ein Jahr auf der Erde dauert 365 Tage. Auf WASP-121b – ein extrem heißer Exoplanet – vergeht ein Jahr in nur 30,5 Stunden. So schnell und eng umkreist der Gasriese, der größer ist als Jupiter, seinen Stern. Auf seiner Tagseite entstehen dadurch Temperaturen von über 3000 Grad Celsius – heiß genug, um selbst Gestein zu verdampfen. Auf der deutlich kühleren Nachtseite entdeckten Forscher nun etwas, das dort eigentlich längst hätte zerfallen müssen: Methan.
Methan bleibt in der Gluthölle bestehen – warum?
Die Hitzespitze auf der Tagseite reicht aus, um selbst robuste Materialien wie Quarz zu verdampfen. Die Nachtseite dagegen kühlt auf etwa 1500 Grad ab – immer noch heiß, aber deutlich „gemäßigter“. Diese extreme Temperaturdifferenz lässt nicht nur eine bizarre Atmosphäre entstehen. Sie macht auch einen Blick in die Entstehungsgeschichte des Planeten möglich.
Eigentlich ist Methan bei diesen Temperaturen instabil. Umso erstaunlicher, dass Forscher vom Max-Planck-Institut für Astronomie es auf der Nachtseite in großen Mengen nachweisen konnten. Die Erklärung klingt spektakulär: Starke vertikale Luftströmungen wirbeln die Gase aus tieferen, kühleren Atmosphärenschichten nach oben. „Dies stellt die dynamischen Modelle von Exoplaneten in Frage“, sagt der Leiter der Studie, Thomas Evans-Soma. Die Modelle müssten dringend überarbeitet werden.
Extrem heißer Exoplanet stammt aus weiter Ferne
Wie entsteht ein Planet, der heute so nah an seinem Stern klebt, dass er beinahe verdampft? Die Antwort liegt in der Zusammensetzung seiner Atmosphäre. Der hohe Anteil an Kohlenstoff im Verhältnis zu Sauerstoff deutet darauf hin, dass WASP-121b einst in einer weit entfernten, kalten Zone geboren wurde – ähnlich wie die Umlaufbahnen von Jupiter und Uranus. Erst später wanderte er ins Zentrum des Systems.

WASP-121b dürfte in einer Region entstanden sein, in der Wasser gefroren blieb, aber Methan bereits gasförmig war. Solche Zonen finden sich weit draußen in jungen Planetensystemen. Der Planet sammelte dort große Mengen Gas und Eispartikel ein – bis er sich in Richtung seines Sterns bewegte und immer heißer wurde. Die Spuren dieser Reise lassen sich heute noch in seiner chemischen Zusammensetzung ablesen.
WASP-121b als Labor für Atmosphärenforschung
Besonders spannend: Forscher entdeckten in der Atmosphäre auch gasförmiges Siliziummonoxid – ein Stoff, der normalerweise in Gestein vorkommt. Es stammt wahrscheinlich aus sogenannten Planetesimalen, kleinen Gesteinskörpern, die sich erst später gebildet haben. „Die relativen Häufigkeiten von Kohlenstoff, Sauerstoff und Silizium geben Aufschluss darüber, wie dieser Planet entstanden ist und wie er sein Material erhalten hat“, so Evans-Soma.
Wegen seiner extremen Bedingungen eignet sich der Planet hervorragend, um Atmosphären besser zu verstehen. „Gase sind leichter zu identifizieren als Flüssigkeiten und Feststoffe“, erklärt Cyril Gapp, Erstautor einer zweiten Studie. Auf WASP-121b sind fast alle chemischen Elemente gasförmig – das macht ihre Analyse einfacher, aber auch faszinierender.
JWST durchleuchtet den Planeten Schicht für Schicht
Die spektakulären Daten stammen vom James-Webb-Weltraumteleskop (JWST). Mit dem Instrument NIRSpec untersuchte das Team die Wärmestrahlung der Tag- und Nachtseite. Besonders aufschlussreich war der Moment, in dem der Planet vor seinem Stern vorbeizog: Dabei durchdringt Sternenlicht die äußeren Schichten seiner Atmosphäre – und verrät durch spektrale Fingerabdrücke, welche Gase dort vorkommen.
Interessanterweise fehlt Methan ausgerechnet in der Übergangszone zwischen Tag und Nacht. Das spricht dafür, dass es nicht einfach von einer Seite zur anderen strömt, sondern lokal in der Nachtatmosphäre entsteht – möglicherweise aus tieferen Schichten herausgeschleudert.
Kurz zusammengefasst:
- Ein extrem heißer Exoplanet umkreist seinen Stern in nur 30,5 Stunden und erreicht auf der Tagseite über 3000 °C, während die Nachtseite rund 1500 °C misst.
- Auf der Nachtseite von WASP-121b wurde überraschend Methan entdeckt – ein Gas, das bei solchen Temperaturen eigentlich zerfallen müsste; Ursache könnten starke vertikale Winde sein.
- Die chemische Zusammensetzung zeigt, dass der Planet ursprünglich in einer kalten Zone weit vom Stern entstand und später ins Zentrum des Systems wanderte.
Übrigens: Deutlich gemäßigter geht es auf dem Exoplaneten K2-18b zu – dort fanden Forscher Gase, die fast nur von Mikroorganismen stammen. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © T. Müller (MPIA/HdA)