Kurz vor langer Funkstille: NASA repariert „tote“ Triebwerke der Voyager 1 in letzter Sekunde
Kurz vor monatelanger Funkpause bringt die NASA stillgelegte Triebwerke der Voyager 1 wieder zum Laufen – nach über 20 Jahren Stillstand.

Seit 1977 unterwegs: Voyager 1 (im Bild) und Voyager 2 sind seit fast 50 Jahren im Auftrag der NASA im interstellaren Raum unterwegs. © Wikimedia
Die Voyager 1 schwebt mehr als 24 Milliarden Kilometer entfernt durch den interstellaren Raum – und jetzt ist sie wieder manövrierfähig. Ingenieure der NASA haben Triebwerke reaktiviert, die seit 2004 nicht mehr funktionierten. Der Zeitpunkt war entscheidend: Schon im Mai fällt die wichtigste Bodenantenne aus, die bislang Kommandos zur Sonde schickte. Wenn dann etwas schiefläuft, wäre Voyager womöglich auf sich allein gestellt – für Monate.
Doch das Team am Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien wagte das Unmögliche: Sie griffen auf ein System zurück, das man eigentlich schon abgeschrieben hatte. Mit Erfolg. Die Raumsonde ist jetzt wieder besser steuerbar – ein lebenswichtiges Detail für ihre letzten Jahre in der Tiefenschwärze des Alls.
NASA reaktiviert Voyager-1-Triebwerke – mit einem Trick und viel Präzision
Die kleinen Schubdüsen, die nun wieder arbeiten, steuern die sogenannte Rollbewegung der Sonde. Sie sorgen dafür, dass sich die Antenne punktgenau auf die Erde richtet – wie ein Plattenspieler auf einen festen Punkt. Ohne diese Feinsteuerung kann Voyager 1 keine Daten mehr senden. Und auch keine Befehle mehr empfangen.
Seit dem Ausfall der Haupttriebwerke 2004 übernahmen Ersatzdüsen diese Aufgabe. Doch auch diese zeigen nun Schwächen. Treibstoffleitungen verstopfen, Ablagerungen setzen sich fest. Noch in diesem Herbst könnten die Leitungen ganz dicht sein.
Heizung kaputt, Triebwerk tot – oder doch nicht?
Die Ursache des ursprünglichen Ausfalls lag in winzigen Heizungen, die das Treibstoffsystem auf Betriebstemperatur bringen sollen. Zwei dieser Heizungen waren damals wohl dauerhaft ausgefallen. Die Vermutung: Ein Stromkreis hatte sich verstellt, ein Schalter sprang in die falsche Position – vielleicht nur durch einen kaum messbaren Impuls.
Jetzt dachten sich die Techniker: Was, wenn wir diesen Schalter aus der Ferne wieder umlegen? Eine heikle Idee, aber vielleicht die einzige Chance. Und sie funktionierte. Innerhalb von 20 Minuten stieg die Temperatur der Heizungen messbar an – ein Zeichen dafür, dass das Triebwerk tatsächlich wieder zum Leben erwacht war.
Befehl mit Verzögerung – Voyager braucht 23 Stunden pro Antwort
Die größte Herausforderung: Alle Kommandos brauchen fast einen Tag, um Voyager zu erreichen – und genauso lange, bis die Antwort auf der Erde ankommt. Am 20. März 2025 wartete das Team daher 23 Stunden, bevor es wusste, ob das Manöver gelungen war. Doch das Signal war eindeutig: Die Heizelemente funktionierten wieder.
„Es war ein großartiger Moment“, sagt Todd Barber, zuständig für die Antriebssysteme. „Diese Triebwerke galten als verloren. Aber ein Ingenieur hatte die Eingebung, dass es noch eine andere Ursache geben könnte. Und genau das war der Schlüssel.“
Warum die Zeit drängt – und die Kommunikation bald abreißt
Im Mai beginnt ein monatelanger Umbau der großen Deep-Space-Antenne in Australien. Sie ist die einzige auf der Welt, die noch stark genug senden kann, um Voyager 1 zu erreichen. Ohne sie kann die NASA keine neuen Befehle zur Sonde schicken. Nur im August und Dezember gibt es kurze Zeitfenster, in denen die Antenne testweise aktiv ist.
Die Reaktivierung der Triebwerke war also nicht nur ein technischer Erfolg – sie war eine Notwendigkeit. Sollte das aktuell genutzte System bald ganz ausfallen, hat die NASA nun wieder eine funktionierende Reserve.
Zwei Sonden, ein Ziel: Auch nach 47 Jahren liefern die Voyagers Erkenntnisse
Voyager 1 und ihre Schwestersonde Voyager 2 haben längst Geschichte geschrieben. Sie flogen an Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun vorbei – und sind die einzigen Raumsonden, die jemals den interstellaren Raum erreicht haben. Weit außerhalb der Heliosphäre, dem schützenden Einflussbereich der Sonne, senden sie weiter Daten zur Erde.
„Diese Mission hat unser Verständnis des Sonnensystems erweitert – und sie tut es noch immer“, sagt Suzanne Dodd, die Projektleiterin. Auch künftige Mondmissionen profitieren davon: Die Technik, die jetzt modernisiert wird, könnte später Menschen zum Mond und zurück begleiten.
Vergangenes Jahr drohte Voyager 1 endgültig zu verstummen
Auch 2024 war die Raumsonde Voyager 1 in ernster Gefahr: Wegen sinkender Energieversorgung schaltete sie in einen Notbetrieb und stellte den Kontakt zur Erde ein. Die Funkstille begann im Oktober, als das System automatisch auf einen schwächeren Sender umschaltete – der Hauptsender verbrauchte schlicht zu viel Strom. Erst Mitte November gelang den NASA-Ingenieuren die Rückkehr zur alten Funkverbindung. Seitdem empfängt die Erde wieder regelmäßig Daten. Um die Lebensdauer der fast 50 Jahre alten Sonde zu verlängern, wurden im Anschluss mehrere Systeme dauerhaft abgeschaltet.
Kurz zusammengefasst:
- Die NASA hat bei der Raumsonde Voyager 1 Rolltriebwerke reaktiviert, die seit 2004 außer Betrieb waren – kurz bevor die zentrale Bodenantenne monatelang offline geht.
- Die Triebwerke steuern die Ausrichtung der Sonde im All und sind entscheidend, um weiter Daten zur Erde zu senden.
- Die Aktion war nötig, da die bislang genutzten Ersatzeinheiten bald ausfallen könnten und Voyager sonst unkontrollierbar wäre.
Bild: © NASA/JPL via Wikimedia unter Public Domain