Forscher der TU München knacken Batterie-Rekord – und entdecken neue Stoffklasse

Münchner Forscher entwickeln Lithiumionen-Leiter mit Rekordtempo – schneller, stabiler und einfacher als alle bisherigen Batteriematerialien.

Lithiumionen-Leiter: Münchner Forscher knacken Batterie-Rekord

Im Labor der TU München entwickelt Prof. Thomas F. Fässler mit seinem Team neue Materialien für sichere und leistungsstarke Batterien. © Robert Reich / TUM

Mehr Reichweite, schnellere Ladezeiten, keine Brandgefahr – das wünschen sich viele, wenn es um Batterien geht. Vor allem in Elektroautos, Smartphones oder stationären Speichern zählt jede Minute, jede Kilowattstunde, jedes Gramm Sicherheit. Jetzt gibt es einen Hoffnungsträger: Ein neu entwickelter Lithiumionen-Leiter transportiert Ionen über 30 Prozent schneller als alle bisherigen Materialien – ein neuer Weltrekord. Eine Studie der TU München zeigt, wie sich damit Batterien zugleich sicherer und deutlich effizienter machen lassen.

Es klingt technisch, betrifft aber den Alltag vieler Menschen: Festkörperbatterien könnten herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus bald ablösen – vor allem, weil sie nicht entflammbar sind und deutlich mehr Energie speichern können. Das neue Material mit dem sperrigen Namen Li₂.₅₅Sc₀.₁₅Sb ist dabei ein echter Durchbruch. Es bringt Tempo und Stabilität in die Batterieforschung – und könnte künftig darüber entscheiden, wie schnell ein E-Auto lädt oder wie lange ein Smartphone durchhält.

Neuer Lithiumionen-Leiter – Material schlägt alle bisherigen Rekordhalter

Hinter dem Material steckt ein raffinierter Trick: Die Forscher ersetzten gezielt Lithium durch Scandium. So entstehen winzige Lücken im Kristallgitter, durch die sich Lithiumionen blitzschnell bewegen können. Genau das braucht es, damit Strom effizient fließt – ohne Zeitverlust, ohne Umwege.

Die Ionenleitfähigkeit liegt bei 42 Millisiemens pro Zentimeter – ein neuer Weltrekord. Zum Vergleich: Die besten bisherigen Materialien lagen bei maximal 32 Millisiemens. Das neue Material ist also nicht nur schneller, sondern setzt eine ganz neue Messlatte für die Batterietechnologie.

Ein weiterer Vorteil des neuen Materials: Die Lithiumionen brauchen nur sehr wenig Energie, um sich darin zu bewegen. Das sorgt für besonders schnellen Stromfluss – ein klarer Pluspunkt für den Einsatz in Batterien.

Auch für Elektroden interessant – Material leitet nicht nur Ionen

Weil das neue Material zusätzlich Strom leitet, mussten die Messmethoden angepasst werden. Tobias Kutsch, der die Tests durchgeführt hat, sagt: „Weil das Material auch Strom leitet, war das eine besondere Herausforderung und wir mussten unsere Messmethoden dafür anpassen.“

Gerade diese doppelte Eigenschaft – Ionen- und Elektronenleitung – macht den Stoff auch für Elektrodenmaterial interessant. In der Praxis könnte er also nicht nur als Transportmedium, sondern direkt als Bestandteil der Batterie selbst zum Einsatz kommen. Ein echter Vorteil.

Übertragbares Erfolgsrezept: Neue Lithium-Verbindung für vielseitige Anwendungen

Neben der Rekordleistung steckt noch mehr in der Entdeckung: Die Wissenschaftler haben mit Li₂.₅₅Sc₀.₁₅Sb eine völlig neue Stoffklasse aufgespürt. Und: Die Rezeptur lässt sich auf andere Systeme übertragen, etwa Lithium-Phosphor. Das macht die Entdeckung vielseitig nutzbar – und interessant für die Industrie.

„Unsere Kombination besteht aus Lithium-Antimon und kann einfach auch auf Lithium-Phosphor übertragen werden“, sagt Erstautorin Jingwen Jiang. Der Clou: Im Gegensatz zu bisherigen Hochleistungsleitern, die gleich mehrere Zusatzstoffe benötigen, braucht dieses Material lediglich Scandium.

Produktion bei 870 Grad – und doch stabil und praktikabel

Das Material lässt sich mit etablierten Verfahren herstellen. Bei rund 870 Grad Celsius entsteht es durch eine klassische Festkörperreaktion – danach wird es rasch auf Raumtemperatur abgeschreckt. Die Struktur bleibt dabei stabil, was die spätere Verarbeitung vereinfacht.

Thomas Fässler, Leiter des Forschungsteams, sieht großes Potenzial: „Unser Ergebnis stellt derzeit einen wesentlichen Fortschritt in der Grundlagenforschung dar. Mit dem Einbau von kleinen Mengen Scandium sind wir auf ein neues Prinzip gestoßen, das sich als richtungsweisend für andere Elementkombinationen erweisen könnte.“

Die Entwicklung wurde bereits zum Patent angemeldet. Ob sie bald in der Serienproduktion landet, ist noch offen. Doch eines ist klar: Wer künftig auf sicherere, leistungsfähigere Batterien setzt, wird an diesem Lithiumionen-Leiter kaum vorbeikommen.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein Forschungsteam der TU München hat einen neuen Lithiumionen-Leiter entwickelt, der Ionen über 30 Prozent schneller transportiert als alle bisherigen Materialien.
  • Das Material basiert auf einer stabilen Kristallstruktur mit gezielten Lücken, durch die Lithiumionen besonders effizient wandern können.
  • Mit einer Leitfähigkeit von 42 mS/cm und einfacher Herstellung gilt der Stoff als vielversprechend für leistungsfähige, sichere Festkörperbatterien.

Übrigens: Auch Lavendel könnte die Akku-Technologie revolutionieren – und Batterien länger haltbar machen als je zuvor. Forschern ist es gelungen, den Duftstoff Linalool in ein neuartiges Nanomaterial zu verwandeln, das Natrium-Schwefel-Akkus deutlich leistungsstärker macht – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Robert Reich / TUM

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