Hochzeit mit Folgen: Zwischen Ja-Wort und Frauenfeindlichkeit
Kosten, Konflikte und die Suche nach der Liebe. Ein kritischer Blick hinter den Traualtar.
In ihrem Essay „I Thee Dread“, veröffentlicht in der Sammlung „Trick Mirror“, wirft Jia Tolentino ein kritisches Licht auf die Ehe und die damit verbundene Industrie rund um das Thema Hochzeit.
Die Autorin berichtet im Guardian von einer Welle an Hochzeiten unter ihren Freundinnen, die nicht nur ihre Wochenenden beansprucht, sondern auch hohe Kosten für Reisen und Unterbringung mit sich bringt. Diese Feierlichkeiten werfen für Tolentino Fragen über den wahren Wert und die Bedeutung der Ehe auf, insbesondere im Hinblick auf deren historisch bedingte, frauenfeindliche Aspekte.
Die finanzielle Belastung der Liebe
In Australien belaufen sich die durchschnittlichen Kosten einer Hochzeit auf etwa 36.000 Australische Dollar, eine Summe, die häufig durch Ersparnisse oder Kredite finanziert wird. Angesichts der Tatsache, dass die durchschnittliche Ehedauer bis zur Trennung bei etwa acht Jahren liegt, finden sich viele geschiedene Partner noch Jahre nach der Trennung in finanziellen Schwierigkeiten wieder. Tolentino stellt die Annahme in Frage, die Ehe führe automatisch zu Glück und Zufriedenheit, besonders für Frauen. Sie verweist auf Studien, die zeigen, dass verheiratete Männer von der Ehe profitieren, während Frauen häufig finanzielle und emotionale Nachteile erfahren.
Eine tiefgreifende Kritik
Die Ehe wird oft als unantastbares Konzept betrachtet, dessen Kritik als Angriff auf die Entscheidung einzelner gewertet wird. Tolentino fordert jedoch eine kritische Auseinandersetzung mit der Ehe, besonders angesichts ihrer langen Geschichte der Unterdrückung von Frauen. Von der Entführung als Braut bis hin zum Verkauf ungewollter Ehefrauen im Mittelalter – die Autorin beleuchtet, wie die Ehe historisch zur Unterdrückung von Frauen genutzt wurde.
Aufruf zur Abkehr
Tolentino ruft dazu auf, die Ehe und die mit ihr verbundenen Traditionen und Erwartungen kritisch zu hinterfragen. Sie argumentiert, dass die Legalisierung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, obwohl oft als Fortschritt gefeiert, nicht zwangsläufig zu einer progressiven Veränderung der Ehe selbst führt, sondern queere Menschen vielmehr in ein konservatives Schema drängt.
Der Essay endet in einem Aufruf zur Abkehr von einer Institution, die Frauen in den Dienst des Patriarchats stellt und sie von der Verwirklichung ihres vollen Potenzials abhält. Tolentino fordert ihre Leserinnen und Leser auf, über die romantisierten Vorstellungen von Ehe und Hochzeit hinauszudenken. Sie hinterfragt damit tief verwurzelte kulturelle und mediale Darstellungen der Ehe und regt dazu an, die wahren Bedeutungen und Konsequenzen dieser Traditionen kritisch zu reflektieren.
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