WEST schlägt EAST: Frankreichs Fusionsreaktor hält Plasma länger als je zuvor
Forscher in Frankreich haben den Plasma-Rekord der Chinesen übertroffen. Der Fusionsreaktor WEST hielt 22 Minuten lang extreme Hitze aus.

WEST nutzt die jahrzehntelange Erfahrung der CEA in der Erforschung von Plasmen mit Tokamak-Reaktoren. © Wikimedia
Ein heißes Plasma, gefangen in Magnetfeldern, glühend wie das Innere der Sonne – und das länger als je zuvor. Frankreichs Fusionsreaktor WEST (Wolfram Environment in Steady-state Tokamak) hat ein spektakuläres Experiment durchgeführt: 1.337 Sekunden, also 22 Minuten und 17 Sekunden, konnte das Plasma stabil gehalten werden. Ein neuer Weltrekord, schreibt die staatliche französische Behörde für Kernenergienutzung CEA.
Das ist nicht nur eine Zahl. Es ist ein Durchbruch für die Kernfusion, die als Energiequelle der Zukunft gilt. Denn wenn Forscher das Plasma unter Kontrolle bekommen, könnte Kernfusion irgendwann fossile Brennstoffe überflüssig machen. WEST hat damit den bisherigen Spitzenwert des chinesischen Reaktors EAST, der Anfang des Jahres bei 1.066 Sekunden lag, um 271 Sekunden übertroffen.
WEST übertrifft chinesischen Rekord deutlich
Der technische Erfolg von WEST beeindruckt. Während des Experiments setzten die Wissenschaftler 2 Megawatt Heizleistung ein, um das Plasma auf unglaubliche 50 Millionen Grad Celsius zu bringen. Damit bleibt der französische Reaktor zwar noch hinter dem EAST-Rekord von 70 Millionen Grad aus dem Jahr 2021 zurück, doch die Stabilität des Plasmas ist entscheidend.
Warum ist das so wichtig? Plasma ist von Natur aus instabil. Es zu bändigen, ist eine der größten Herausforderungen der Fusionsforschung. Erst wenn dies gelingt, kann ein Reaktor mehr Energie erzeugen, als er verbraucht – das ultimative Ziel.

Frankreich will Kernfusion zur Realität machen
Der Rekord von WEST gilt als Vorbereitung für den ITER-Reaktor, der als erster Fusionsreaktor Nettoenergie erzeugen soll. ITER wird derzeit in Südfrankreich gebaut und soll ab 2035 in Betrieb gehen.
Anne-Isabelle Etienvre, Direktorin für Grundlagenforschung bei der CEA, betont: „WEST hat einen neuen wichtigen technologischen Meilenstein erreicht, indem es ein Wasserstoffplasma mehr als zwanzig Minuten lang stabil halten konnte – mit einer Heizleistung von 2 Megawatt. Die Experimente werden mit erhöhter Leistung fortgesetzt. Dieses exzellente Ergebnis ermöglicht es sowohl WEST als auch der französischen Forschungsgemeinschaft, den Weg für die zukünftige Nutzung von ITER zu ebnen.“
So funktioniert ein Fusionsreaktor
Doch wie funktioniert das Ganze überhaupt? Ein Tokamak-Reaktor wie WEST oder ITER nutzt Magnetfelder, um ultraheißes Plasma in der Schwebe zu halten. Darin verschmelzen Wasserstoffkerne zu Helium, wobei enorme Energiemengen freigesetzt werden – ähnlich wie in der Sonne.
Diese Technologie hat gewaltige Vorteile gegenüber fossilen und herkömmlichen nuklearen Energien:
- Kein CO2-Ausstoß, also klimafreundlich
- Kaum radioaktiver Abfall, im Gegensatz zur Kernspaltung
- Nahezu unerschöpfliche Energiequelle, da Wasserstoff aus Meerwasser gewonnen werden kann
Ein Schritt näher an unendliche Energie
Das WEST-Experiment zeigt, dass Forscher das Plasma immer besser kontrollieren können. Doch es bleibt viel zu tun. Langfristig soll ein Fusionsreaktor mehrere Stunden betrieben werden, mit Temperaturen von über 100 Millionen Grad Celsius – erst dann wird die Fusion wirklich wirtschaftlich nutzbar.
Bis zur kommerziellen Nutzung wird es noch dauern. Doch jeder Fortschritt bringt die Welt einem Ziel näher, das einst Science-Fiction war: Unendliche, saubere Energie – direkt aus der Kraft der Sonne.
Kurz zusammengefasst:
- Frankreichs Fusionsreaktor WEST hat ein Plasma für 1.337 Sekunden (22 Minuten und 17 Sekunden) stabil gehalten – das ist Weltrekord und übertrifft den bisherigen Spitzenwert des chinesischen Reaktors EAST um 271 Sekunden.
- Das Experiment dient als Vorbereitung für ITER, den internationalen Fusionsreaktor in Südfrankreich, der ab 2035 Nettoenergie erzeugen soll.
- Kernfusion könnte eine nahezu unerschöpfliche, klimafreundliche Energiequelle werden, da sie keinen CO2-Ausstoß verursacht und wenig radioaktiven Abfall produziert.
Bild: © Christophe Roux / IRFM via Wikimedia unter CC BY 4.0