Planetare Grenzen der Erde wanken: Acht lebenswichtige Systeme stark gefährdet

Sieben lebenswichtige Systeme der Erde haben bereits kritische planetare Grenzen überschritten, so eine Studie in The Lancet Planetary Health.

Planetare Grenze der Erde sind laut Wissenschaftlern ernsthaft bedroht. © Wikimedia

Die planetaren Grenzen der Erde sind laut Wissenschaftlern ernsthaft bedroht. © Wikimedia

Acht der lebenswichtigen Systeme der Erde, die das Überleben der Menschheit sichern, sind laut einer umfangreichen Überprüfung durch über 60 Forscher in ernsthafter Gefahr. Diese Ergebnisse, veröffentlicht in The Lancet Planetary Health, sind beunruhigend. Sieben dieser Systeme haben bereits kritische planetare Grenzen überschritten. Diese Systeme betreffen wesentliche Bereiche wie das Klima, das Frischwasser, die Biodiversität und die Nährstoffzyklen im Boden. Aerosole sind das einzige globale System, das noch innerhalb sicherer Grenzen liegt, obwohl die Luftverschmutzung durch feine Partikel jährlich etwa acht Millionen Todesfälle verursacht.

Das Projekt, das erstmals 2009 ins Leben gerufen wurde, um „planetare Grenzen“ (heute als „Erdsystem-Grenzen“ bezeichnet) zu bewerten, zeigt eindrücklich, wie menschliches Handeln die Stabilität der Erde gefährdet. Die Überschreitung dieser Grenzen führt zu schwerwiegenden Risiken für Mensch und Natur.

Forscher warnen vor systemischen Kollaps

Die Wissenschaftler analysierten jedes dieser Systeme nach zwei Hauptfaktoren: Sicherheit und Gerechtigkeit. Sicherheit bezieht sich auf die Zeit, die noch bleibt, bis ein System nicht mehr in der Weise funktioniert, auf die wir angewiesen sind. Gerechtigkeit bedeutet das Risiko, dass heutige und zukünftige Generationen erheblichen Schaden erleiden. Das Fazit der Forscher ist klar: Wenn Länder nicht mindestens die Hälfte der globalen Ökosysteme intakt lassen, die Grundwasserentnahme einschränken und den Einsatz von Stickstoff- und Phosphordüngemitteln begrenzen, könnte dies zu einer noch weiteren Destabilisierung führen.

Wirtschaft bedroht planetare Grenzen: Radikale Veränderungen dringend nötig

Die Wissenschaftler empfehlen Regierungen, Unternehmen und Städten konkrete Maßnahmen, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Initiativen wie die „Science Based Targets“, die Unternehmen bei der Festlegung von Klimazielen unterstützen, oder die „Task Force on Climate-Related Financial Disclosures“, die Leitlinien zur Einschätzung von Klimarisiken entwickelt, sind erste wichtige Ansätze in diese Richtung.

Die zentrale Ursache für das Überschreiten der planetaren Grenzen ist laut den Forschern die wirtschaftliche Aktivität. „Radikale“ gesellschaftliche Veränderungen, einschließlich einer Umverteilung des Reichtums, seien notwendig, um den Planeten bewohnbar zu halten. Co-Autorin Diana Liverman, emeritierte Professorin der Universität von Arizona, betont laut Bloomberg: „Wir argumentieren nicht, dass wir Dinge tun müssen, die wir noch nie zuvor getan haben. Viele dieser Transformationen sind bereits im Gange, sie erfolgen nur nicht schnell oder umfassend genug.“

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Keine Zeit für neue Wirtschaftssysteme

Die Forschungsarbeit zitiert aktuelle Schriften, die gängige wirtschaftliche Ansätze infrage stellen. Johan Rockström, Mitbegründer der Theorie der planetaren Grenzen und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, betont jedoch, dass die Welt nicht auf ein völlig neues Wirtschaftssystem warten könne, um die Erde wieder in einen sicheren Zustand zu bringen: „Man kann nicht sagen: ‚Okay, der Kapitalismus ist ein Problem, also brauchen wir etwas anderes‘“, sagte Rockström laut Bloomberg.

Laut Rockström gibt es keine absoluten Werte, die für alle Grenzen gleichermaßen gelten. Die Überschreitung dieser planetaren Grenzen sei eher ein schleichender Prozess als ein abrupter Absturz. Dennoch sind sie alle entscheidend, um das gesamte System in einem gesunden Gleichgewicht zu halten.

Wissenschaftliche Debatten und Kritik

Die „planetaren Grenzen“ haben seit jeher zu Diskussionen unter Wissenschaftlern geführt. Der Umweltwissenschaftler Erle Ellis von der Universität Maryland in Baltimore kritisierte die Handlungsempfehlungen und die Metapher der „sicheren und gefährlichen Zonen“. Er hält die Vorstellung, dass es eine klare Trennlinie gibt, nach deren Überschreiten die Gefahrenzone beginnt, für eine Illusion.

Was du dir merken solltest:

  • Die Forscher haben acht Erd-System-Grenzen, sogenannte planetare Grenzen der Erde definiert. Bereits sieben wurden überschritten, darunter Klima, Frischwasser und Nährstoffkreisläufe.
  • Diese Grenzen sollen helfen, gefährliche Kipppunkte zu vermeiden und das Überleben der Menschheit langfristig zu sichern.
  • Das Konzept der Erd-System-Gerechtigkeit berücksichtigt ungleiche Verantwortung und Betroffenheit von Mensch und Natur bei globalen Umweltveränderungen.

Übrigens: Beim Breakthrough Energy Summit in London präsentieren 100 Firmen bahnbrechende Technologien, die den Planeten vor dem Klimakollaps bewahren könnten. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Earth Science and Remote Sensing UnitLyndon B. Johnson Space Center via Wikimedia unter Public Domain

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