Hohe Erfolgsquote: 70 Kinder nach Uterustransplantation geboren
Die Uterustransplantation ermöglicht Frauen ohne Gebärmutter, Kinder zu bekommen. Seit 2014 wurden weltweit rund 70 erfolgreiche Geburten verzeichnet.
Die Uterustransplantation bietet seit zehn Jahren Frauen ohne funktionsfähige Gebärmutter die Möglichkeit, ein Kind auszutragen. Diese revolutionäre medizinische Technik hat weltweit bereits zur Geburt von rund 70 Kindern geführt. Der Ursprung dieses Fortschritts liegt in Schweden. Dort meldete das Team um den Chirurgen Mats Brännström vom Universitätsspital Gothenburg 2014 die erste erfolgreiche Geburt nach einer Uterustransplantation. Seitdem hat sich dieser hochkomplexe Eingriff langsam von einem experimentellen Verfahren zu einer fast routinemäßigen Operation entwickelt.
Schätzungen zufolge wurden bislang weltweit etwa 100 solcher Transplantationen durchgeführt. Rund 70 Prozent der Eingriffe führten erfolgreich zur Geburt eines Kindes. Besonders viele dieser Operationen wurden am Klinikum der Baylor University in Dallas durchgeführt, wo das Team seine Erfahrungen im Fachblatt Jama veröffentlichte. Von den ersten 20 dort durchgeführten Transplantationen zwischen 2016 und 2019 führten 14 zu erfolgreichen Geburten. Sechs der Transplantationen scheiterten jedoch, meist aufgrund von Komplikationen bei der Verbindung des Spender-Uterus mit dem Blutkreislauf der Empfängerin.
Wie eine Uterustransplantation abläuft
Die Uterustransplantation ist ein hochkomplexer und zeitaufwändiger Eingriff. Die Entnahme der Gebärmutter von der Spenderin dauert acht bis zehn Stunden, da die Blutgefäße, die das Organ versorgen, sehr genau freipräpariert werden müssen. Häufig stammen die Spenderorgane von nahen Verwandten, wie Schwestern oder Müttern, aber auch von nicht verwandten Personen oder sogar von Verstorbenen. Sara Brucker, Leiterin des einzigen deutschen Gebärmuttertransplantations-Programms am Universitätsklinikum Tübingen, erklärt gegenüber der NZZ, dass es sich dabei um eine sehr anspruchsvolle Operation handelt. In ihrem Programm kamen seit 2019 fünf Kinder zur Welt.
Das Verfahren wird häufig bei Frauen angewendet, die an dem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) leiden. Diese seltene Entwicklungsstörung betrifft etwa eines von 4.500 Mädchen und führt dazu, dass keine Gebärmutter oder Eileiter ausgebildet werden. Die Eierstöcke sind jedoch intakt, sodass die Möglichkeit besteht, durch eine Transplantation eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Diese Frauen, die den Großteil der Empfängerinnen ausmachen, werden nach der Transplantation hormonell unterstützt und durchlaufen eine In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der bereits vor der Operation befruchtete Eizellen in die transplantierte Gebärmutter eingesetzt werden. Sollte die Schwangerschaft erfolgreich verlaufen, wird das Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht, um die Belastung der Mutter zu minimieren. Nach der Geburt wird der Spender-Uterus wieder entfernt, um die langfristige Einnahme von Immunsuppressiva zu vermeiden. Diese sind nötig, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern.
Risiken und ethische Debatten
Aller medizinischen Fortschritte zum Trotz gibt es ethische Bedenken. Die hohe Erfolgsquote und die zunehmende Verbreitung des Verfahrens ändern nichts daran, dass einige Experten die Risiken für alle Beteiligten kritisch sehen. Die Medizinethikerin Claudia Bozzaro von der Universität Kiel kritisiert laut NZZ, dass bei einer Lebendspende nicht nur die Spenderin und die Empfängerin, sondern auch das ungeborene Kind gesundheitlichen Risiken ausgesetzt werden. Aus ihrer Sicht sind diese medizinisch nicht gerechtfertigt. Sie argumentiert, dass Frauen ohne Gebärmutter auch ein erfülltes Leben führen können und dass der unerfüllte Kinderwunsch auf andere Weise, etwa durch Adoption, gelöst werden könnte.
In der Schweiz führten ähnliche ethische Bedenken dazu, dass ein 2016 am Universitätsspital Zürich angekündigtes Transplantationsprogramm nie realisiert wurde. Die Ethikkommissionen setzten die Hürden für die Durchführung der Eingriffe so hoch, dass sie praktisch unerfüllbar waren. Der damals mitverantwortliche Reproduktionsmediziner Bruno Imthurn erklärte, dass die regulatorischen Anforderungen es unmöglich machten, das Programm in der Schweiz umzusetzen.
Medizinische Notwendigkeit und Patientinnenwohl
Sara Brucker entgegnet den ethischen Bedenken mit dem Argument, dass das Leiden der Patientinnen die Grundlage für die Durchführung der Uterustransplantationen sei. Sie betont, dass es nicht in der Verantwortung der Ärzte liege, das Ausmaß des Leidens zu bewerten, sondern darauf zu reagieren und den Patientinnen zu helfen. Für Brucker ist die medizinische Indikation für den Eingriff klar: Wenn eine Patientin unter ihrer Situation leidet und die Transplantation ihr helfen kann, dann sollte sie diese Möglichkeit erhalten.
Was du dir merken solltest:
- Die Uterustransplantation ermöglicht Frauen ohne Gebärmutter, eigene Kinder zu bekommen; weltweit führten rund 70 Prozent der Eingriffe zu erfolgreichen Geburten.
- Die Methode bleibt umstritten. Sie birgt sowohl für Spenderin, Empfängerin als auch das Kind gesundheitliche Risiken.
- Trotz der ethischen Bedenken wird die Uterustransplantation in mehreren Ländern erfolgreich angewendet, wobei weitere Optimierungen in der Operationstechnik notwendig sind.
Übrigens: Eine aktuelle Studie zeigt, dass Schwangerschaften das biologische Altern von Frauen beschleunigen können. Was dahinter steckt, kannst du in unserem Artikel nachlesen.
Bild: © Vecteezy
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