Zöliakie: Cambridge-KI erkennt die Krankheit in Sekunden – und hat noch einen großen Vorteil

Eine KI aus Cambridge erkennt Zöliakie in Sekunden – stabil wie ein Facharzturteil und hilfreich bei Ärztemangel oder langen Wartezeiten.

Zöliakie: KI aus Cambridge erkennt die Krankheit in Sekunden

Zuverlässige Hilfe bei unklaren Beschwerden: Eine neue KI aus Cambridge erkennt Zöliakie mit 97 Prozent Genauigkeit – so treffsicher wie ein Facharzt. © DALL-E

Ein ständig aufgeblähter Bauch. Müdigkeit, die nicht vergeht. Diffuse Schmerzen, Hautausschläge – und keine Erklärung. Wer unter Zöliakie leidet, kennt dieses Rätselraten. Die Autoimmunerkrankung betrifft in Deutschland fast 840.000 Menschen. Doch oft vergehen Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Jetzt bietet ein KI-System aus Cambridge neue Hoffnung: Es erkennt Zöliakie mit einer Trefferquote von 97 Prozent – so präzise wie ein erfahrener Pathologe, aber deutlich schneller.

Zöliakie bleibt oft unentdeckt – wie KI jetzt bei der schwierigen Diagnose hilft

Zöliakie entsteht durch eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten. Die chronische Entzündung schädigt die Dünndarmschleimhaut. Typische Symptome: Durchfall, Erschöpfung, Gewichtsverlust. Manche spüren jedoch kaum etwas – oder leiden unter ganz anderen Beschwerden. Genau das macht die Diagnose so schwierig.

Der aktuelle Standard ist eine Biopsie des Zwölffingerdarms. Pathologen beurteilen dabei mikroskopisch, ob die Darmzotten verändert sind. Doch gerade bei leichten Veränderungen ist die Einschätzung oft nicht eindeutig. In etwa jedem fünften Fall kommen Fachleute zu unterschiedlichen Diagnosen.

Algorithmus liefert Ergebnisse in Sekunden

Ein Forschungsteam der University of Cambridge hat nun eine KI entwickelt, die Gewebeproben in Sekundenschnelle auswertet. Trainiert wurde das System mit über 4.000 Bildern aus fünf Krankenhäusern. Das Ergebnis: 97 von 100 Diagnosen waren korrekt. Die KI erkannte Erkrankungen mit über 95 Prozent Sensitivität und lag in fast 98 Prozent der gesunden Fälle richtig.

Während Pathologen für eine Analyse fünf bis zehn Minuten benötigen, spuckt die künstliche Intelligenz ihr Ergebnis sofort aus. Und zwar ohne Tagesform oder Interpretationsspielraum.

Typisches Zeichen für Zöliakie: Entzündete Darmzotten unter dem Mikroskop – hier greift das Immunsystem fälschlich gesundes Gewebe an. © www.scientificanimations.com via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0
Typisches Zeichen für Zöliakie: Entzündete Darmzotten unter dem Mikroskop – hier greift das Immunsystem fälschlich gesundes Gewebe an. © www.scientificanimations.com via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

Betroffene gewinnen wertvolle Zeit

Für Betroffene wie Liz Cox ist das ein Durchbruch. Sie lebte jahrzehntelang mit Symptomen, die niemand richtig zuordnen konnte. „Es hat ewig gedauert, bis ich eine Diagnose hatte“, erzählt sie. Technologien wie diese hätten ihr viel Leid ersparen können.

Denn: Wer endlich weiß, was los ist, kann handeln. Eine glutenfreie Ernährung lindert die Beschwerden meist deutlich. Doch dafür braucht es Klarheit – und genau daran fehlt es oft viel zu lange.

KI bringt vor allem Vorteile, wenn kein Arzt da ist

Eine zusätzliche Stärke des Systems: Es urteilt konsistent. „Selbst erfahrene Fachleute bewerten dieselbe Probe manchmal unterschiedlich“, sagt Professorin Elizabeth Soilleux von der Universität Cambridge. „Die KI ist da deutlich stabiler.“ In Testläufen stimmten menschliche Pathologen genauso oft mit dem Algorithmus überein wie untereinander.

Auch das macht die Technologie für den klinischen Alltag interessant – besonders in Regionen mit Fachkräftemangel oder langen Wartezeiten auf Diagnosen.

Technik muss auch in der Praxis verlässlich funktionieren

Damit ein Diagnosewerkzeug wirklich hilft, muss es mehr können als nur unter Laborbedingungen zu glänzen. Die Forscher in Cambridge haben deshalb besonders auf die Robustheit des Algorithmus geachtet. Sie testeten ihn mit Bilddaten aus fünf verschiedenen Kliniken – gescannt mit Geräten unterschiedlicher Hersteller, unter realistischen Bedingungen.

So sollte sichergestellt werden, dass die KI nicht nur bei optimaler Bildqualität funktioniert, sondern auch in der Vielfalt des medizinischen Alltags – bei schwankender Beleuchtung, variierender Bildschärfe oder unterschiedlichen Gewebestrukturen.

Transparente Zöliakie-KI statt Blackbox

Neben der Zuverlässigkeit zählt auch die Nachvollziehbarkeit. Die Forscher legen Wert darauf, dass die KI-Entscheidungen erklärbar bleiben. Ärzte, Patienten und Kliniken sollen verstehen können, wie das System zu seinem Ergebnis kommt. Nur so kann Vertrauen entstehen – und das ist entscheidend, wenn Maschinen medizinische Entscheidungen mittragen sollen.

„Wir wollen kein Blackbox-System“, betont Dr. Florian Jaeckle von der Universität Cambridge. Der Algorithmus soll so transparent wie möglich arbeiten – nicht nur zur Kontrolle, sondern auch, um aus Fehlern zu lernen und das System ständig zu verbessern.

Ein Schritt näher am klinischen Einsatz

Noch wird die Technologie nicht flächendeckend eingesetzt. Doch die Forscher planen größere Studien mit echten Patientendaten, um das System für die medizinische Zulassung vorzubereiten. Gleichzeitig gründen sie ein Start-up, um den Algorithmus für Kliniken verfügbar zu machen.

Die Patientenorganisation Coeliac UK unterstützt das Projekt seit Beginn. Keira Shepherd, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Coeliac UK, sagt: „Während der Diagnostik müssen die Betroffenen weiterhin Gluten zu sich nehmen. Das ist unangenehm. Umso wichtiger ist, dass die Diagnose möglichst schnell und sicher erfolgt.“

Alltagstauglich und praxisnah entwickelt

Ein Vorteil: Der Algorithmus wurde mit Daten aus ganz unterschiedlichen Kliniken und Geräten trainiert. Das macht ihn robust gegenüber technischen Unterschieden im Praxisalltag. Egal ob Großstadtklinik oder Landarztpraxis – das System funktioniert überall gleich zuverlässig.

„Wir wollen damit keine Ärzte ersetzen“, betont Jaeckle. „Aber wir können sie entlasten – und den Patienten schneller helfen.“

Kurz zusammengefasst:

  • Eine neue KI aus Cambridge erkennt Zöliakie anhand von Darmbiopsien mit 97 Prozent Genauigkeit – genauso zuverlässig wie erfahrene Fachärzte.
  • Die KI liefert Ergebnisse in Sekunden, arbeitet objektiv und hilft besonders dort, wo Fachpersonal fehlt oder lange Wartezeiten bestehen.
  • Sie wurde mit tausenden Proben aus verschiedenen Kliniken trainiert, ist dadurch alltagstauglich und soll künftig klinisch zugelassen werden.

Übrigens: Auch bei Demenz kann KI helfen – ein neues tragbares System erkennt erste Anzeichen, lange bevor Ärzte sie bemerken. Wie das funktioniert und warum das gerade in Regionen mit Ärztemangel entscheidend sein könnte – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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