Mehr Hitze, mehr Regen: Wie steigende Temperaturen extreme Fluten verstärken
Mit steigender Hitze nehmen extreme Regenfälle zu. Besonders Städte geraten dabei schneller an die Grenzen ihrer Infrastruktur.

Ein Gewitterwolken-Cluster mit typischer Böenwalze kurz vor Beginn starker Regenfälle nahe Bremen am 21. Juli 2023: Extreme Regenfälle nehmen besonders stark zu, wenn Dauer- und Gewitterregen gemeinsam auftreten. © Maxime Colin
Extreme Regenfälle und daraus resultierende Fluten treffen besonders Städte immer häufiger – und oft so plötzlich, dass kaum noch Zeit bleibt zu reagieren. Eine neue Studie liefert entscheidende Erkenntnisse über den Zusammenhang von steigenden Temperaturen und der Zunahme von extremen Regen-Ereignissen. Wissenschaftler der Universität Potsdam und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen veröffentlichten diese im Fachjournal Nature.
Die Forscher fanden heraus: Steigen die Temperaturen, nehmen extreme Regenfälle besonders dann stark zu, wenn verschiedene Niederschlagsarten wie Dauerregen und Gewitterregen gleichzeitig auftreten – etwa bei Gewitterwolken-Clustern. Die Wassermengen wachsen dabei schneller als bisher angenommen. Besonders Städte sind betroffen, weil versiegelte Flächen das Wasser nicht aufnehmen können und so Überschwemmungen in kurzer Zeit entstehen.
Temperatur treibt Regenmassen gefährlich schnell an
Bisherige Messungen hatten widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Die neue Studie setzt auf hochpräzise Daten: Über 500 Wetterstationen in Deutschland erfassten Niederschläge und Taupunkt-Temperaturen im Zehn-Minuten-Takt, dazu kamen detaillierte Blitzmessungen.
„Betrachtet man nur reine Gewitterregen, steigt die Regenmenge nahezu perfekt gemäß der Clausius-Clapeyron-Theorie an“, erklärt Nicolas Da Silva von der Universität Potsdam. Die Theorie beschreibt, wie sich die Fähigkeit der Luft, Wasserdampf aufzunehmen, mit der Temperatur verändert. Auch bei stetigem, stratiformem Dauerregen folge die Zunahme dem bekannten Muster. Im Gegensatz zu kurzen, heftigen Gewitterschauern fällt stratiformer Regen gleichmäßig über viele Stunden und auf eine große Fläche verteilt. Er ist typisch für großräumige Wettersysteme wie Tiefdruckgebiete oder Fronten. Anders verhalte es sich bei gemischten Regenereignissen, die beide Typen vereinen.
Die Gefahr lauert in den Städten
Frühere Studien hatten einen besonders starken Anstieg von extremem Regen bei höheren Temperaturen beobachtet. Doch bisher war unklar, ob das ein echtes physikalisches Phänomen oder ein statistischer Effekt war. Die neue Analyse bringt Klarheit. „Wertet man Dauerregen und Gewitterregen getrennt aus, bleibt die Steigerung im normalen Bereich“, betont Jan O. Härter vom ZMT. Erst die Vermischung beider Arten führt dazu, dass Regenmengen scheinbar überproportional ansteigen. Für Städte bedeutet das: Werden verschiedene Regenarten nicht getrennt betrachtet, kann das Risiko unterschätzt werden.
Wenn innerhalb weniger Minuten große Wassermengen niedergehen, geraten Kanäle und Entwässerungssysteme schnell an ihre Grenzen. Besonders gefährdet sind Städte mit vielen versiegelten Flächen, wo das Wasser nicht versickern kann. Die Autoren der Studie warnen:
Nimmt man die prognostizierten Temperaturzunahmen durch die Klimaerwärmung an, könnten extreme Regenfälle bald ein nie dagewesenes Risiko darstellen.
Blitze und Taupunkt helfen, die Flutgefahr zu erkennen
Eine Besonderheit der neuen Studie liegt in der sauberen Trennung von Gewitter- und Dauerregen. Möglich wurde dies durch hochauflösende Blitzmessungen. Traten innerhalb von zehn Minuten mindestens ein Blitz in einem Umkreis von fünf Kilometern auf, ordneten die Forscher das Ereignis als Gewitterregen ein. Fehlten Blitze, wurde es als Dauerregen klassifiziert. Besonders auffällig: Die stärksten Regenfälle traten bei Taupunkttemperaturen über 14 Grad Celsius auf. In feuchterer Luft kann sich mehr Wasser ansammeln, das sich dann schlagartig entlädt.
Dieses Vorgehen erlaubt eine bisher unerreichte Präzision bei der Analyse von Niederschlägen – ein entscheidender Schritt, um künftig Risiken besser abschätzen zu können.

Was bedeutet das für Stadtplanung und Katastrophenschutz?
Die Ergebnisse der Studie gehen weit über die Klimaforschung hinaus. Sie liefern wichtige Hinweise, wie Frühwarnsysteme verbessert und Städte und Infrastruktur effizienter auf extreme Wetterereignisse vorbereitet werden können. Besonders für Stadtplaner und den Katastrophenschutz bieten die neuen Erkenntnisse wertvolle Ansätze, um Risiken frühzeitig zu erkennen und Schäden durch Sturzfluten gezielt zu begrenzen.
Kurz zusammengefasst:
- Höhere Temperaturen lassen Regen nicht einfach stärker, sondern unberechenbarer werden – besonders, wenn Dauerregen und Gewitterregen zusammen auftreten.
- Städte geraten dabei besonders schnell in Gefahr, weil versiegelte Flächen Wassermassen kaum aufnehmen können und Sturzfluten immer häufiger drohen.
- Neue präzise Blitz- und Wetterdaten zeigen erstmals eindeutig: Die extremen Regenmengen entstehen vor allem durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Regenarten.
Übrigens: Deutschland verliert trotz steigender Regenfälle jedes Jahr Milliarden Kubikmeter Wasser – ein schleichendes Risiko für unsere Wasserversorgung. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Maxime Colin