Schwarzes Loch löst gewaltigste Explosion seit dem Urknall aus
Was passiert, wenn ein massereicher Stern auf ein supermassereiches Schwarzes Loch trifft? Die vermutlich stärkste Explosion seit dem Urknall.

Ein unglücklicher massereicher Stern nähert sich einem supermassereichen Schwarzen Loch. © University of Hawaii
Astronomen haben eine neue Art von Himmelsereignissen entdeckt, deren Energieausstoß selbst die gewaltigsten bekannten Supernovae übertrifft. Diese sogenannten „Extreme Nuclear Transients“ (ENTs) leuchten millionenfach heller als unsere Sonne und halten ihre enorme Helligkeit über viele Monate aufrecht. Laut den Forschern gab es seit dem Urknall keine Explosion, die so große Mengen an Energie freigesetzt hat.
Die erste dieser Explosionen registrierte das Weltraumteleskop Gaia am 28. März 2016. Zwei Jahre später, am 24. Oktober 2018, folgte die nächste Entdeckung. Ein dritter Fall wurde 2021 von der kalifornischen Zwicky Transient Facility (ZTF) beobachtet. Alle drei Leuchterscheinungen kamen aus den Zentren entfernter Galaxien.
Zwei Ereignisse liefern die entscheidenden Hinweise
Die Forscher kombinierten die Daten der europäischen Gaia-Mission mit Aufnahmen weiterer Teleskope. Entscheidend war dabei der langanhaltende und glatte Lichtverlauf der Ausbrüche – ein Signal, das sich von bekannten Supernovae oder anderen typischen galaktischen Ereignissen deutlich unterscheidet.
Für die Analyse der Spektren nutzten die Wissenschaftler unter anderem das Keck-Observatorium auf Hawaii, das Magellan Baade Telescope in Chile sowie das SOAR-Teleskop in den Anden. Damit konnten sie die exakte Zusammensetzung und Entwicklung des Lichts über Monate hinweg beobachten.
Spektren zeigen ungewöhnliche Eigenschaften
Die untersuchten Explosionen zeigten klare Unterschiede zu bekannten Phänomenen wie Supernovae oder sogenannten Tidal Disruption Events (TDEs), bei denen ein Stern durch die Schwerkraft eines Schwarzen Lochs zerrissen wird. Typisch für die neuen ENTs sind stark ausgeprägte Magnesium-II-Linien und eine konstante Temperatur von rund 15.000 Kelvin, also rund 14.700 Grad Celsius.
„Eine solche Erklärung [Supernova] ist offensichtlich physikalisch nicht haltbar“, schreiben die Autoren der Studie, die im Fachjournal Science Advances veröffentlicht wurde. Supernovae könnten diese Energiemengen und die Dauer der Leuchterscheinung nicht aufbringen. Stattdessen schlagen die Forscher eine andere Ursache vor:
Wir gehen davon aus, dass ENTs durch den Gezeiten-Sternzerriss massereicher Sterne entstehen.
Schwarze Löcher verschlingen massereiche Sterne
Demnach entstehen ENTs, wenn extrem massereiche Sterne – mit mindestens der dreifachen Masse der Sonne – einem supermassereichen Schwarzen Loch (SMBH) zu nahe kommen. Dieses zerreißt die Sterne in einem gewaltigen Prozess. Anschließend wird das freigesetzte Material nach und nach vom Schwarzen Loch verschlungen, wobei enorme Strahlung entsteht.

„Diese Ereignisse stellen die bisherige Obergrenze für leuchtkräftige Ausbrüche dar, die durch Materieeinfall auf ein Schwarzes Loch angetrieben werden“, erklären die Autoren. Das bedeutet: Keine bisher bekannten Prozesse, bei denen Materie von einem Schwarzen Loch eingefangen wird, erzeugen vergleichbare Energiemengen.
Die Lichtkurven zeigen keine plötzlichen Schwankungen. Stattdessen leuchten sie gleichmäßig und anhaltend – oft über ein halbes Jahr lang. Das macht ENTs besonders ungewöhnlich. Die Leuchtkraft dieser Ereignisse liegt bei rund 7 × 10³⁸ Watt – einer Zahl mit 38 Nullen.
Neue Werkzeuge für die Forschung an Schwarzen Löchern
Die Entdeckung dieser extremen Explosionen liefert Forschern ein neues Instrument, um die Entstehung und Entwicklung von Schwarzen Löchern in fernen Galaxien zu untersuchen. Weil ENTs so hell sind, lassen sie sich auch über kosmisch große Distanzen beobachten.
Allerdings treten sie deutlich seltener auf – vermutlich mehr als tausendmal seltener als klassische Supernovae. Großteleskope wie das im Bau befindliche Vera C. Rubin Observatory könnten die Chancen deutlich erhöhen, künftig mehr dieser gewaltigen Ereignisse aufzuspüren.
Studienleiter Jason Hinkle von der University of Hawaii sagt zur Bedeutung dieser Entdeckung:
Diese ENTs markieren nicht nur das dramatische Ende eines massereichen Sterns. Sie machen die Prozesse sichtbar, die für das Wachstum der größten Schwarzen Löcher im Universum verantwortlich sind.
Kurz zusammengefasst:
- Extreme Nuclear Transients (ENTs) sind neu entdeckte Himmelsereignisse mit extrem hoher Leuchtkraft, die bis zu ein halbes Jahr lang anhalten.
- Sie entstehen vermutlich, wenn massereiche Sterne von supermassereichen Schwarzen Löchern zerrissen und langsam verschlungen werden.
- Ihre ausgestrahlte Energie übertrifft die hellsten bekannten Supernovae um ein Vielfaches und wird bislang nur vom Urknall übertroffen.
Übrigens: Ein junges Doppelsternsystem überlebt direkt neben dem gigantischen Schwarzen Loch im Zentrum unserer Galaxie – ein Szenario, das bisher als unmöglich galt. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © University of Hawaii