Saurer Boden lässt E. coli gefährlicher werden – und bringt den Darmkeim leichter auf den Teller

In leicht sauren Böden überlebt E. coli deutlich länger, wird aggressiver und kann über Salat und Co. in die Nahrungskette gelangen.

Landmaschine auf dem Feld

In landwirtschaftlich genutzten Böden kann saurer Regen die mikrobielle Balance stören. Krankheitserreger wie E. coli überleben dort länger und können über Pflanzen in die Nahrungskette gelangen. © Unsplash

Viele landwirtschaftliche Böden werden seit Jahren saurer. Haupttreiber ist saurer Regen, der durch Schwefel- und Stickstoffverbindungen aus Verkehr, Industrie und intensiver Landwirtschaft entsteht und den pH-Wert des Bodens schleichend senkt. Eine neue Studie zeigt nun, welche Folgen das haben kann: In leicht saurem Erdreich überlebt der gefährliche Darmkeim E. coli deutlich länger – und wird aggressiver.

Die Wissenschaftler analysierten mehr als 2.800 Bodenproben aus allen Klimazonen. E. coli ließ sich fast überall nachweisen – besonders häufig in Böden mit einem pH-Wert um 5, wie er in vielen landwirtschaftlichen Regionen vorkommt. In zusätzlichen Laborexperimenten setzten die Forscher Waldboden über 150 Tage hinweg unterschiedlich stark saurem Regen aus, um reale Umweltbedingungen zu simulieren.

E. coli überlebt länger in leicht saurem Boden

Das Ergebnis war eindeutig: Unter neutralen Bedingungen nahm die Keimzahl rasch ab. In leicht saurem Boden mit einem pH-Wert von 4,5 blieb E. coli dagegen bis zu 100-mal länger aktiv. Selbst nach fünf Monaten lag die Keimzahl noch rund siebenmal höher als in der Kontrollgruppe. Saure Böden wirken damit wie ein unerwartetes Langzeitreservoir für gefährliche Darmkeime.

Nicht der Keim selbst profitiert direkt vom sauren Regen. Entscheidend ist, was im Bodenmilieu passiert. Normalerweise halten sich Mikroorganismen dort gegenseitig in Schach. In saurer Umgebung jedoch gerät dieses fein austarierte Netzwerk aus dem Gleichgewicht. Die Zahl stabiler Verbindungen zwischen Bodenmikroben nahm deutlich ab, während Konkurrenz und Verdrängung zunahmen.

Für Krankheitserreger wie E. coli entstehen dadurch ökologische Lücken. Wo Schutzmechanismen anderer Mikroben wegfallen, können sich gefährliche Keime leichter festsetzen, ausbreiten und länger überleben – unbemerkt unter der Oberfläche.

Mutationen machen den Keim robuster

Unter diesen gestörten Bedingungen entwickelten sich neue Varianten von E. coli. Einige wuchsen schneller, bildeten stabilere Biofilme und nutzten verfügbare Energiequellen effizienter. Besonders auffällig war der Stamm AC-5: hoch beweglich, widerstandsfähig im Biofilm und optimal an das saure Bodenmilieu angepasst.

Je nach Mutation lag die Überlebensrate bis zu 450-mal höher als beim ursprünglichen Keimtyp. Die Wissenschaftler sprechen von gezielter Anpassung an Umweltstress – und von neu entstandenen Konkurrenzvorteilen, die den Erreger langfristig gefährlicher machen.

Genetische Umbauten erhöhen das Risiko

Auch im Erbgut der Keime fanden die Forscher tiefgreifende Veränderungen. Ganze DNA-Abschnitte wurden umgedreht, sogenannte Chromosomeninversionen. Ein zentrales Regulationssystem, das normalerweise die Biofilm-Bildung begrenzt, war vollständig verschwunden.

Diese genetischen Umbauten verstärkten Gene für Bewegung, Zellkommunikation und Giftstoffproduktion. Die mutierten Varianten wurden nicht nur robuster, sondern auch aggressiver – ein Risiko, das weit über den Boden hinausreicht.

Gemüse als möglicher Übertragungsweg

Im nächsten Schritt prüften die Wissenschaftler, ob sich die veränderten Keime auf Pflanzen übertragen lassen. In Versuchen mit Salatpflanzen drangen die Mutanten nicht nur in die Wurzeln ein, sondern gelangten bis in die Blätter. In den essbaren Pflanzenteilen lag ihre Konzentration bis zu achtmal höher als beim ursprünglichen Stamm.

Zusätzliche Tierversuche verdeutlichten die Tragweite: Mäuse, die mit den mutierten Keimen infiziert wurden, zeigten eine Sterblichkeit von bis zu 50 Prozent. Beim Ursprungsstamm lag sie bei etwa zehn Prozent. Die Tiere entwickelten schwere Schäden im Darm- und Fettgewebe.

Für die Lebensmittelsicherheit bedeutet das: Mikrobielle Risiken sollten fester Teil von Umweltanalysen werden, ergänzt durch Frühwarnsysteme für kritische Veränderungen im Boden. Zugleich braucht es weitere Forschung, um besser zu verstehen, wie Umweltstress Krankheitserreger gefährlicher macht.

Kurz zusammengefasst:

  • Saurer Regen senkt den pH-Wert von Böden und stört dort die natürlichen Mikroben-Netzwerke, die Krankheitserreger normalerweise in Schach halten.
  • Unter diesem Umweltstress überleben Keime wie E. coli deutlich länger und passen sich schnell an, teils mit stark erhöhter Widerstandsfähigkeit.
  • Die Studie zeigt, dass diese Anpassung Keime übertragbarer und gefährlicher macht, etwa über belastetes Gemüse und mit deutlich höherer Krankheitslast im Tiermodell.

Übrigens: So wie saure Böden gefährliche Keime begünstigen, kippt auch im Mund das Gleichgewicht schneller als gedacht – schon Sekunden nach dem ersten Bissen Zucker beginnt ein Prozess, der den Zahnschmelz angreift. Wie rasant Bakterien dabei Säuren bilden und warum häufiges Naschen den Zähnen besonders schadet, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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