Nanoplastik auf Alpengletschern: Autoreifen als größte Quelle für unsichtbare Verschmutzung

Autoreifen sind die Hauptquelle für Nanoplastik auf Alpengletschern – winzige Partikel, die durch die Luft selbst entlegene Orte erreichen.

Nanoplastik auf Alpengletschern: 41 Prozent der Partikel stammen aus Reifenabrieb, wie eine Studie zeigt.

Nanoplastik auf Alpengletschern: 41 Prozent der Partikel stammen aus Reifenabrieb, wie eine Studie zeigt. © Wikimedia

Auf den Alpengletschern, weit entfernt von Straßen und Industrie, lagert sich unsichtbares Nanoplastik ab – eine aktuelle Studie in Scientific Reports zeigt, dass ein großer Teil davon aus Autoreifen stammt und durch Luftströmungen in entlegene Regionen gelangt.

Winzige Plastikpartikel in der Atmosphäre

Während Mikroplastik – also Teilchen unter fünf Millimetern – mittlerweile überall nachgewiesen wurde, sind Nanoplastik-Partikel noch schwerer zu erfassen. Diese winzigen Kunststofffragmente, die kleiner als ein Tausendstelmillimeter sind, können in menschliche Organe eindringen und sogar die Bluthirnschranke überwinden.

Die neue Untersuchung basiert auf Proben aus 14 verschiedenen Standorten in den französischen, schweizerischen und italienischen Alpen. An fünf dieser Orte konnten die Wissenschaftler Nanoplastik nachweisen – mit Konzentrationen von 2 bis 80 Nanogramm pro Milliliter. Der größte Teil bestand aus Partikeln von Autoreifen (41 Prozent), gefolgt von Polystyrol (28 Prozent) und Polyethylen (12 Prozent).

Autoreifen verlieren Millionen Tonnen Mikro- und Nanoplastik

Dass gerade Reifenabrieb so stark vertreten ist, hat eine klare Ursache: Jedes Auto verliert während seiner Lebensdauer bis zu vier Kilogramm Reifenmaterial. Schätzungen zufolge setzen Fahrzeuge weltweit jährlich Millionen Tonnen winzigster Gummi- und Kunststoffpartikel frei. In Europa allein beläuft sich der jährliche Abrieb laut dem Standard auf etwa 500.000 Tonnen.

Ein erheblicher Anteil dieser Partikel wird durch den Wind verteilt. Die Studie zeigt, dass vor allem Frankreich, Spanien und die Schweiz als Hauptquellen für die nachgewiesenen Nanoplastik-Konzentrationen in den Alpen infrage kommen.

Bürgerwissenschaftler sammeln Schneeproben auf den Gletschern

Für die Untersuchung arbeiteten Forscher mit Bergsteigern zusammen, um an entlegenen Orten Schneeproben zu entnehmen. Dabei spielte die Höhe der Gletscher eine entscheidende Rolle: „Durch die Entnahme von Proben an sehr abgelegenen Orten wird vermieden, dass lokale Quellen von Nanoplastik die Messwerte dominieren, und die Verwendung von Gletscherschnee bedeutet, dass nur Partikel gesammelt werden, die aus der Luft stammen“, erklärt Studienleiter Alasdair Gill.

Diese Methode ermöglicht es, die tatsächliche Hintergrundbelastung durch Nanoplastik zu messen, ohne dass direkte Umweltverschmutzungen durch Tourismus oder Industrie die Ergebnisse verfälschen.

Nanoplastik reist um die Welt – bis in unsere Lungen

Die große Gefahr von Nanoplastik besteht in seiner minimalen Größe. Weil diese Partikel so klein sind, können sie in den menschlichen Körper eindringen und dort möglicherweise gesundheitliche Probleme verursachen. Wissenschaftler befürchten, dass sie Entzündungen oder sogar neurologische Schäden hervorrufen könnten.

Die Studie aus den Alpen ist nur der Anfang. Das Global Atmospheric Plastics Survey-Projekt untersucht derzeit Gletscher auf der ganzen Welt. Die nächsten Proben sollen aus Island, Nordkanada, Wyoming und vom Mount Everest stammen. Ziel ist es, die globale Verbreitung von Nanoplastik zu erfassen und besser zu verstehen, wie es sich durch die Atmosphäre bewegt.

Was kann gegen Nanoplastik getan werden?

Die Ergebnisse der Studie werfen eine drängende Frage auf: Wie kann der Eintrag von Nanoplastik in die Umwelt reduziert werden? Experten sehen mehrere Lösungsansätze:

  • Berichte des Umweltbundesamts (UBA) – Das UBA hat mehrfach auf Reifenabrieb als bedeutende Quelle von Mikroplastik hingewiesen und Maßnahmen wie Tempolimits, optimierte Straßenbeläge und abriebarme Reifen diskutiert.
  • Studien des Fraunhofer-Instituts – Forschungen zur Vermeidung von Mikroplastik in der Umwelt beinhalten Vorschläge zur Entwicklung langlebigerer Reifenmaterialien.
  • EU-Berichte zur Plastikverschmutzung – Die Europäische Kommission hat Strategien zur Reduzierung von Mikroplastik vorgeschlagen, darunter auch Maßnahmen zur Reduzierung des Reifenabriebs.
  • Technische Forschung zu Straßenbelägen – Verschiedene Institute, darunter das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), haben sich mit der Wirkung von Fahrbahnmaterialien auf den Reifenverschleiß befasst.
  • Berichte von Automobilherstellern – Einige Hersteller forschen bereits an Reifen, die weniger Abrieb erzeugen.

Die aktuellen Erkenntnisse machen deutlich, dass Plastikverschmutzung nicht nur ein Problem der Meere ist. Die Partikel sind bereits überall – von den Tiefseegräben bis auf die höchsten Berge. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Forschung dazu beiträgt, Maßnahmen gegen die unsichtbare Bedrohung zu ergreifen.

Kurz zusammengefasst:

  • Autoreifen sind die Hauptquelle für Nanoplastik auf Alpengletschern – eine Studie zeigt, dass 41 Prozent der nachgewiesenen Partikel aus Reifenabrieb stammen.
  • Nanoplastik gelangt über Luftströmungen in entlegene Regionen und kann durch seine winzige Größe in den menschlichen Körper eindringen, möglicherweise mit gesundheitlichen Folgen.
  • Maßnahmen wie abriebarme Reifen, bessere Straßenbeläge und Tempolimits könnten den Eintrag reduzieren, da jährlich Millionen Tonnen Reifenabrieb in die Umwelt gelangen.

Bild: © W. Bulach via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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