Menschen haben ein Viertel der weltweiten Kohlenstoffspeicher zerstört – mit Folgen wie 50 Jahre fossile Emissionen

Eine aktuelle LMU-Studie zeigt, wie menschliche Eingriffe Kohlenstoffspeicher schwächen und den Klimawandel weiter antreiben.

Kohlenstoffspeicher schrumpfen – Landnutzung treibt Klimawandel

Die Ausweitung von Weide- und Ackerflächen trägt laut LMU-Studie maßgeblich zum Verlust der Kohlenstoffspeicher bei und gefährdet langfristig die Bodenfruchtbarkeit. © Freepik

Der Mensch greift immer stärker in natürliche Ökosysteme ein. Die Abholzung von Wäldern, die Ausweitung von Acker- und Weideflächen oder die intensive Bewirtschaftung von Böden setzen große Mengen Kohlenstoff frei – und beschleunigen damit den Klimawandel.

Extreme Hitze, Dürreperioden und Starkregen sind immer häufiger die Folge. Doch ein entscheidender Faktor, der diese Entwicklungen beschleunigt, bleibt oft im Hintergrund: die natürlichen Kohlenstoffspeicher auf unserem Planeten – sie sind zentrale Puffer im Kampf gegen die Klimakrise und verlieren weltweit an Kraft.

Kohlenstoffspeicher schrumpfen um 344 Milliarden Tonnen durch Landnutzung

Ein Team um den LMU-Geographen Raphael Ganzenmüller hat nun berechnet, dass der menschliche Einfluss die natürlichen Kohlenstoffspeicher an Land insgesamt um 24 Prozent reduziert hat. Das entspricht 344 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – vergleichbar mit den weltweiten fossilen CO2-Emissionen der vergangenen 50 Jahre.

Grundlage war eine Kombination aus hochauflösenden Erdbeobachtungsdaten, historischen und aktuellen Landnutzungsdaten sowie Verfahren des maschinellen Lernens. So konnten die Forscher erstmals detailliert auf globaler Ebene abschätzen, wie stark Vegetation und Böden degradiert sind. Besonders deutlich zeigte sich, dass der größte Teil des Verlustes auf die Ausweitung von Weideland und Ackerflächen sowie die Nutzung von Wäldern zurückgeht.

Die Haupttreiber sind klar verteilt:

  • 30 Prozent des Defizits entstehen durch Weideland
  • 24 Prozent entfallen auf Ackerflächen
  • 23 Prozent auf forstwirtschaftliche Nutzung
  • Städte tragen nur drei Prozent bei, haben aber lokal deutliche Effekte

Am stärksten betroffen ist die Vegetation. Pflanzen machen bis zu 84 Prozent des Verlusts aus, Böden bis zu 24 Prozent. In vielen Regionen liegen die Speichervorräte heute unter der Hälfte des möglichen Niveaus.

Klimamodelle unterschätzen die Realität

Der Rückgang betrifft auch die Landwirtschaft. Wenn Böden an Fruchtbarkeit verlieren, sinken die Erträge. Die Abhängigkeit von Kunstdünger steigt. Regionen wie China, Brasilien, Europa und die USA sind besonders betroffen.

Für Verbraucher bedeutet das:

  • Höhere Preise
  • Mehr Unsicherheit
  • Stärkere Abhängigkeit von Importen

Außerdem zeigt die Studie, dass viele Klimamodelle die Realität beschönigen. Sie rechnen zu optimistisch. Im Schnitt liegen ihre Werte 37 Prozent unter den realen Verlusten. Das schränkt den Spielraum ein, die Erderwärmung zu bremsen.

Politik braucht klare Grundlagen

Die fehlenden Speicher verschärfen Extremwetter. Hitzewellen, Dürren und Starkregen treten häufiger auf. Das belastet Gesundheitssysteme, Infrastruktur und Versicherungen.

Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie, erklärt:

Natürliche Ökosysteme spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Klimas und speichern mehr Kohlenstoff als alle fossilen Brennstoffreserven zusammen.

Wälder, Böden und Moore sind unsere stärksten Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel – ihr Schutz ist unverzichtbar.

Kurz zusammengefasst:

  • Menschliche Eingriffe wie Abholzung, Ackerbau und Weidenutzung haben die weltweiten Kohlenstoffspeicher in Böden und Vegetation um 24 Prozent reduziert.
  • Der Verlust der Kohlenstoffspeicher verstärkt den Klimawandel, weil weniger CO2 gebunden wird und gleichzeitig Böden unfruchtbarer werden, Erträge sinken und Lebensmittel teurer werden.
  • Klimamodelle unterschätzen den Verlust bislang um rund 37 Prozent, weshalb Politik und Gesellschaft auf gezielten Schutz und Wiederherstellung von Wäldern, Mooren und Böden setzen müssen, um Klima und Lebensgrundlagen zu sichern.

Übrigens: Die Landnutzung beschleunigt den Klimawandel, aber auch Lebensmittelverschwendung verschlingt riesige Flächen und Ressourcen. Böden geraten dadurch zusätzlich unter Druck – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Freepik

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