Klimakrise tötet Millionen und wird zur Gesundheitskrise – was der Lebensstil der Reichsten damit zu tun hat

Die Erderwärmung fordert laut „Lancet Countdown 2024“ jährlich Millionen Menschenleben – während die Reichsten weiter CO2 ausstoßen.

Klimakrise kostet Menschenleben – die Reichsten verschärfen sie

Schmelzendes Eis in Island steht sinnbildlich für die Folgen der Erderwärmung – sie kostet weltweit Millionen Menschen das Leben. © Pexels

Extreme Hitze, Dürren und verschmutzte Luft kosten jedes Jahr Millionen Menschen das Leben. Der neue Bericht Lancet Countdown 2024 macht deutlich, dass die Klimakrise längst zu einer globalen Gesundheitskrise geworden ist. Steigende Temperaturen, Luftverschmutzung und häufigere Extremwetterereignisse bedrohen die Gesundheit von Milliarden Menschen – besonders Babys, ältere Menschen und Bevölkerungen in ärmeren Regionen.

„Der diesjährige Gesundheitsbericht zeichnet ein düsteres und unbestreitbares Bild der verheerenden Schäden, die alle Regionen der Welt treffen“, sagt Marina Romanello vom University College London, leitende Autorin des Lancet Countdown. „Die Zerstörung von Leben und Lebensgrundlagen wird weiter zunehmen, bis wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden und unsere Anpassungsmaßnahmen deutlich verstärken.“

Eine separate Analyse der Organisation Oxfam zeigt zudem, dass die Reichsten der Welt den größten Anteil an den globalen Emissionen verursachen – und damit die Krise weiter anheizen.

Erderwärmung über 1,5 Grad – Gesundheitssysteme unter Druck

Zum ersten Mal seit Beginn der Industrialisierung lag die globale Durchschnittstemperatur 2024 über 1,5 Grad Celsius. Zwölf von 20 Indikatoren, die die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise erfassen, erreichten laut Lancet Countdown neue Rekordwerte. Die Zahl der Hitzetage nahm weltweit stark zu – 84 Prozent dieser extremen Tage wären ohne den Klimawandel gar nicht aufgetreten.

Neben den Todesfällen wachsen auch die wirtschaftlichen Verluste. 2024 gingen weltweit 639 Milliarden Arbeitsstunden durch Hitzestress verloren – das entspricht etwa einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Extremwetter verursachte Schäden in Höhe von 304 Milliarden Euro, fast sechsmal mehr als der Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2014.

Dazu kommen langfristige Risiken für Ernährung und Lebensqualität: 61 Prozent der Landfläche waren mindestens einen Monat lang von extremer Dürre betroffen. 123 Millionen Menschen litten zusätzlich unter Ernährungsunsicherheit, weil Ernten ausfielen.

Krankheiten breiten sich aus – und fossile Energien befeuern sie

Die Erderwärmung verändert auch das Infektionsgeschehen. Das Übertragungspotenzial für das Dengue-Fieber stieg beim Insekt Aedes albopictus um 485 Prozent, beim Aedes aegypti um 116 Prozent. Weltweit wurden Anfang 2024 rund 76 Millionen Fälle gemeldet – ein neuer Höchststand.

Laut dem Bericht sind fossile Brennstoffe der größte gemeinsame Nenner dieser Entwicklungen. 2,3 Milliarden Menschen sind weiterhin auf Holz, Kohle oder Kerosin angewiesen, was jährlich 2,3 Millionen Todesfälle verursacht. Gleichzeitig subventionieren viele Staaten fossile Energieträger massiv – 2023 summierten sich die Subventionen weltweit auf 956 Milliarden Euro. In 17 Ländern war dieser Betrag sogar höher als das jeweilige nationale Gesundheitsbudget.

„Der Klimawandel ist dabei, die planetaren Systeme und Umweltbedingungen, auf denen das menschliche Leben beruht, zunehmend zu destabilisieren“, heißt es im Bericht. Und weiter: „Jede weitere ausgestoßene Tonne Treibhausgas erhöht die Risiken und macht eine Anpassung teurer und schwieriger.“

Anteil hitzebedingter Todesfälle im Vergleich: links 1990–99, rechts 2012–21 – die Zahl der Opfer ist deutlich gestiegen.
Anteil hitzebedingter Todesfälle im Vergleich: oben (A) 1990–99, unten (B) 2012–21 – die Zahl der Opfer ist deutlich gestiegen. © The Lancet

Die Folgen treffen zuerst die Schwächsten

Besonders stark leiden Bevölkerungsgruppen, die sich am wenigsten schützen können. Babys, ältere Menschen und Bewohner armer Regionen sind laut Lancet mehrfach gefährdet: durch Hitze, durch den Verlust von Arbeitskraft und durch zunehmende Luftverschmutzung. 2024 starben rund 154.000 Menschen an Feinstaub aus Waldbrandrauch – 36 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.

Säuglinge erlebten im Vergleich zu den 1980er-Jahren fast viermal so viele heiße Tage, Menschen über 65 Jahre dreimal so viele. Die Zahl der Hitzetoten stieg um 63 Prozent gegenüber den 1990er-Jahren auf durchschnittlich 546.000 pro Jahr.

Die Forscher kommen zu einem eindeutigen Fazit: „Ohne sofortige und beispiellose Maßnahmen wird die Anpassungsfähigkeit überschritten werden und die Klimafolgen weiter zunehmen.“

Ungleichheit verschärft die Krise – Oxfam warnt vor Klimaprivilegien

Während Milliarden Menschen unter der Erderwärmung leiden, tragen die Wohlhabendsten am meisten zur Verschärfung bei. Das zeigt der aktuelle Oxfam-Bericht Climate Plunder 2025. Seit 1990 haben die reichsten 1 Prozent der Weltbevölkerung 15 Prozent des globalen CO2-Budgets verbraucht. Eine Person aus dieser Gruppe stößt täglich über 800 Kilogramm Kohlendioxid aus – die ärmere Hälfte der Menschheit lediglich zwei Kilogramm.

Seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 haben die Reichsten doppelt so viel vom verbleibenden CO2-Budget verbraucht wie die ärmere Hälfte zusammen. Nach Oxfam müssten die Emissionen des obersten Prozents bis 2030 um 97 Prozent sinken, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

„Die Emissionen der Superreichen sind eindeutig unhaltbar“, heißt es im Bericht. Und weiter:

Wenn alle so viel verbrauchen würden wie die Reichsten 1 Prozent, wäre das globale CO2-Budget in weniger als drei Monaten aufgebraucht.

Milliardäre als Großemittenten

Oxfam macht auch deutlich, wie groß der Einfluss dieser Gruppe ist. 308 Milliardäre verursachten 2024 durch ihre Investitionen 586 Millionen Tonnen CO2 – mehr als 118 Länder zusammen. Wären sie ein Staat, stünden sie auf Platz 15 der größten Emittenten weltweit.

Fast 60 Prozent ihres Vermögens liegen in Branchen mit hohem Klimarisiko – etwa Öl, Gas oder Bergbau. Viele dieser Konzerne haben laut Oxfam gar keine Pläne, ihre Emissionen bis 2030 zu senken. „COP30 wird unsere letzte Chance sein, einen irreversiblen Bruch im Klimasystem zu verhindern“, warnte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bereits im Vorfeld der nächsten Klimakonferenz.

Ungleichheit als Bremsklotz beim Klimaschutz

Laut Oxfam verschärft extreme Ungleichheit nicht nur die Krise, sondern hemmt auch den politischen Fortschritt. Reiche Unternehmen investieren große Summen in Lobbyarbeit, um strengere Klimagesetze zu verhindern. Gleichzeitig haben Betroffene aus ärmeren Ländern kaum Einfluss auf internationale Entscheidungen.

Die Organisation fordert daher neue Steuern auf Vermögen, Gewinne und Luxusgüter sowie eine Umleitung der Einnahmen in klimafreundliche Projekte. Nur so könne die Transformation sozial gerecht und global wirksam gelingen.

Die wichtigsten Zahlen im Überblick:

  • 63 Prozent mehr Hitzetote weltweit seit den 1990er-Jahren
  • 639 Milliarden verlorene Arbeitsstunden durch Hitzestress (2024)
  • 956 Milliarden Euro Subventionen für fossile Energien (2023)
  • 15 Prozent des globalen CO2-Budgets vom reichsten 1 Prozent verbraucht
  • 485 Prozent mehr Risiko für Dengue-Fieber durch den Klimawandel

Kurz zusammengefasst:

  • Laut Lancet Countdown 2024 fordern Hitze, Luftverschmutzung und Hunger jedes Jahr Millionen Menschenleben – besonders bei Babys, Älteren und Armen.
  • Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verursacht massive Gesundheits- und Wirtschaftsschäden und bremst die Anpassung an den Klimawandel.
  • Der Oxfam-Bericht zeigt: Das reichste Prozent der Weltbevölkerung verantwortet 15 Prozent der CO2-Emissionen – und verschärft damit die soziale Ungleichheit der Klimakrise.

Übrigens: Kaum eine Region spürt den Klimawandel so unmittelbar wie das Mittelmeer – das Wasser heizt sich schneller auf als in jedem anderen Ozean, Seegras stirbt, Küsten bröckeln. Welche sieben Entwicklungen die Forscher des GEOMAR-Instituts jetzt besonders alarmieren, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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