Hunde riechen Angst – aber reagieren völlig anders als gedacht
Hunde nehmen Angst über den Geruch wahr. Doch ihre Reaktion ist alles andere als einheitlich. Forscher fanden auffällige Unterschiede im Verhalten.

Die Veterinärmedizinische Universität Wien zeigt: Hunde riechen Angst – doch ihr Verhalten ist überraschend individuell. © Unsplash
Wer mit Hunden lebt, kennt ihre feine Wahrnehmung: Schon kleinste Veränderungen in Stimmung oder Körpersprache entgehen ihnen nicht. Doch was passiert, wenn ein Mensch Angst hat? Hunde riechen Angst – so viel ist bekannt. Wie sie darauf reagieren, wurde nun erstmals unter kontrollierten Bedingungen untersucht. Eine neue Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien liefert überraschende Einblicke – und stellt bisherige Annahmen infrage.
Versuchsaufbau belegt: Hunde riechen Angst
Insgesamt nahmen 61 Hunde an dem Versuch teil. Sie wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Versuchsgruppe bekam zwei Zielobjekte präsentiert – eines mit Angstschweiß, eines mit neutralem Geruch. Die Kontrollgruppe erhielt zwei Objekte mit neutralem Geruch.
Die Schweißproben stammten von 16 Studentinnen, die jeweils zuerst einen Naturfilm und anschließend einen Horrorfilm sahen. Die entstehenden Gerüche wurden als Proben verwendet. So konnten die Forscher exakt beobachten, wie die Hunde auf Angstgeruch reagieren – ganz ohne Einfluss durch die Körpersprache des Menschen.
Die Verhaltensunterschiede zwischen den Gruppen waren deutlich:
- Hunde der Versuchsgruppe, die den Angstgeruch wahrnahmen, hielten sich deutlich länger in der Nähe des Versuchsleiters auf.
- Viele von ihnen senkten auffällig häufig die Rute – ein typisches Zeichen für Unsicherheit.
- Sie näherten sich den Zielobjekten deutlich langsamer als die Hunde der Kontrollgruppe.
- 10 von 41 Hunden in der Versuchsgruppe brachen den Test komplett ab – in der Kontrollgruppe war es nur ein einziger Hund.
Alter und Geschlecht hatten keinen nachweisbaren Einfluss. Spannend dabei: Einige Hunde näherten sich dem Angstgeruch sogar schneller als dem neutralen. Andere zögerten oder wichen aus.
Emotionen wirken – aber individuell
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hunde von menschlichen Angstgerüchen beeinflusst werden, ihre Reaktionen jedoch alles andere als einheitlich sind“, sagt Studienleiterin Svenja Capitain. Die Unterschiede zwischen den Tieren seien groß – und könnten mit Erfahrungen, Training oder der Rasse zu tun haben.
Hunde lassen sich also nicht pauschal einschätzen. Jedes Tier bringt seine Geschichte mit. Für Halter, Trainer oder Fachleute in der tiergestützten Arbeit ist das eine wichtige Information.
Alltagssituationen mit Hund bewusster einschätzen
Wenn ein Mensch Angst hat, verändert sich auch der Geruch. Hunde nehmen das wahr – mal als Stressfaktor, mal als Auslöser für Nähe. Sie handeln dabei nicht nach einem festen Schema.
Im öffentlichen Raum kann das Konsequenzen haben: Ein Hund könnte sich unsicher zeigen oder im Gegenteil beruhigend auf eine verängstigte Person zugehen. Deshalb ist es hilfreich, die Reaktionen des eigenen Tieres gut zu kennen – vor allem bei Begegnungen mit fremden Menschen.
Erziehung braucht Flexibilität
Klassische Trainingsmethoden stoßen hier an ihre Grenzen. Denn nicht jeder Hund reagiert auf Angst mit Rückzug. Manche brauchen klare Signale, andere mehr Zeit.
Trainer und Halter profitieren davon,
- die Reaktion des Hundes in Angstsituationen zu beobachten,
- individuelle Trainingspläne zu entwickeln,
- feine Stresszeichen – wie eine gesenkte Rute – früh zu erkennen.
Was das für Therapie- und Assistenzhunde bedeutet
Die Studienergebnisse spielen besonders für Hunde eine Rolle, die beim Menschen eingesetzt werden. In Pflegeheimen, Schulen oder therapeutischen Settings kann ein ängstlicher Mensch den Hund beeinflussen – im positiven wie im negativen Sinn. Capitain erklärt:
Indem wir uns von der Annahme der Gleichförmigkeit lösen, können wir unsere vierbeinigen Begleiter besser verstehen und dabei unterstützen, sich in der Welt der Menschen zurechtzufinden.
Nur so ließen sich passende Hunde für sensible Aufgaben auswählen. Wer das Verhalten seines Hundes einschätzen kann, minimiert Risiken und stärkt die Beziehung. Denn: Hunde riechen Angst – aber sie verarbeiten sie auf ihre eigene Weise.
Kurz zusammengefasst:
- Hunde können menschliche Angst riechen, reagieren darauf aber sehr unterschiedlich – manche ziehen sich zurück, andere suchen gezielt Nähe.
- Weder Alter noch Geschlecht beeinflussen dieses Verhalten, doch Faktoren wie Training oder Lebenserfahrung könnten eine Rolle spielen.
- Für Alltag, Hundeerziehung und Therapieeinsätze bedeutet das: Reaktionen müssen individuell verstanden und berücksichtigt werden.
Übrigens: Viele vegane Hundefutter tragen das Label „vollwertig“ – doch sie liefern oft nicht, was sie versprechen. Mehr dazu in unserem Artikel.
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