80.000 Jahre alte Fußabdrücke an der Algarve verblüffen Forscher – Machten Neandertaler „Strandurlaub“?

Neandertalerfamilien hinterließen vor 80.000 Jahren Fußabdrücke an Portugals Küste – Spuren von Alltag, Jagd und Leben am Meer.

Fußabdrücke an der Algarve: Machten Neandertaler Strandurlaub?

Uralte Fußspuren zeigen: Neandertalerfamilien jagten an Stränden. © DALL-E

Vor rund 80.000 Jahren stapften Menschen über den Sand der Algarve, ließen Abdrücke zurück, die sich tief in den Dünen einprägten. Heute gelten diese Spuren als sensationeller Fund: Sie stammen von Neandertalern – von Erwachsenen, Kindern und sogar Kleinkindern.

Obwohl bekannt ist, dass Neandertaler auch Küstengebiete erschlossen, gibt es nur wenige direkte Belege für ihre Aktivitäten. Die Funde deuten darauf hin, dass ganze Neandertalerfamilien an die Küste kamen. Sie bewegten sich gemeinsam durch die Dünen – wahrscheinlich gezielt, um dort zu jagen oder Nahrung zu sammeln.

Neandertaler-Fußabdrücke im Strand von Algarve – konserviert für Jahrtausende

Die beiden Fundorte liegen am Praia do Monte Clérigo und am Praia do Telheiro. Dort entdeckte das Team um Carlos Neto de Carvalho von der Universität Lissabon und Fernando Muñiz von der Universität Sevilla insgesamt 26 Fußabdrücke. Sie stammen aus einer Zeit vor rund 78.000 bis 82.000 Jahren, wie es aus ihrer Studie hervorgeht.

Um ihr Alter zu bestimmen, setzten die Forscher auf moderne Methoden wie die optisch stimulierte Lumineszenz (OSL). Dabei wird gemessen, wann Sandkörner zuletzt dem Sonnenlicht ausgesetzt waren. So ließ sich feststellen, dass die Abdrücke seit Zehntausenden Jahren in den Dünen verborgen lagen.

Blick auf die Klippen am Strand von Monte Clérigo: In den Dünenablagerungen entdeckten Forscher die gut erhaltenen Fußspuren von Neandertalern. © Studie
Blick auf die Klippen am Strand von Monte Clérigo: In den Dünenablagerungen entdeckten Forscher die gut erhaltenen Fußspuren von Neandertalern. © Studie

Kinder, Erwachsene, Kleinkinder unterwegs

Die Abdrücke stammen von Menschen unterschiedlicher Größe und damit auch unterschiedlichen Alters. Aus Fußlängen von 26 bis 28 Zentimetern errechneten die Forscher eine Körpergröße von rund 1,70 Metern für einen Erwachsenen. Daneben finden sich Spuren eines Kindes von etwa sieben bis neun Jahren und eines Kleinkinds von nur rund 72 Zentimetern.

„Die Verteilung der Fußspuren mit Blick auf den Abstand zur Dünenküste gibt einen Einblick in die Bewegungen von Neandertaler-Familiengruppen, in denen sowohl Kleinkinder als auch Erwachsene unterwegs waren“, erklären die Forscher. Das macht die Funde besonders wertvoll: Kinder hinterlassen kaum Spuren im archäologischen Befund, hier aber werden sie sichtbar.

Fossile Spuren verraten Tempo und Bewegung

Die Abdrücke verraten nicht nur, wer dort unterwegs war, sondern auch, wie schnell. Beim Aufstieg auf die Düne bewegte sich ein Erwachsener mit rund 2,5 Kilometern pro Stunde. Beim Abstieg nahm er größere Schritte und erreichte fast 8 Kilometer pro Stunde.

Die Forscher konnten sogar Schwankungen im Tempo erkennen: In einer Spur verlangsamte sich die Geschwindigkeit von etwa 3,6 auf nur 1,1 Kilometer pro Stunde – ein Hinweis auf unsicheres Terrain oder kurze Pausen. Tiefer eingedrückte Vorderfüße deuten auf den Anstieg, betonte Fersenabdrücke auf den Abstieg.

Solche Details zeigen, wie Neandertaler den steilen, regenfeuchten Dünensand bewältigten. Die Krümmung der Spuren verrät zudem, dass sie nicht gerade, sondern diagonal über die Hänge liefen, um Energie zu sparen.

Fossile Fußabdrücke von Nahoon Point, neben ihnen sind auch Spuren von Vögeln erkennbar. © Studie
Fossile Fußabdrücke von Nahoon Point, neben ihnen sind auch Spuren von Vögeln erkennbar. © Studie

Jagdstrategien an der Küste

Die Spuren belegen, dass Neandertaler die Dünen gezielt nutzten, um Tiere zu verfolgen oder aus dem Hinterhalt anzugreifen. In einer Abfolge überlagern sich menschliche und tierische Abdrücke, vermutlich von einem Hirsch – ein Hinweis auf eine konkrete Jagdsituation. Vergleichsdaten aus Frankreich zeigen ähnliche Muster: Dort wurden Spuren von zehn bis vierzehn Personen gefunden, viele davon von Kindern, was auf gemischte Gruppen schließen lässt.

Außerdem zeigen archäologische Funde, dass Wildtiere die wichtigste Nahrungsquelle der Neandertaler waren. Am häufigsten jagten Neandertaler Pferde, gefolgt von Hasen, Rindern und Hirschen. Auf ihrem Speiseplan standen auch Muscheln, Krabben, Robben und Fische, allerdings nur in geringer Menge. „Die neuen Spurenfunde in Südwest-Portugal verstärken das Bild, dass Neandertalergruppen mindestens saisonal aktiv Küstenbereiche nutzten, um dort zu jagen und Nahrung zu sammeln“, heißt es in der Studie.

Kurz zusammengefasst:

  • Vor 80.000 Jahren hinterließen Neandertalerfamilien an der Algarve Fußabdrücke, die heute wichtige Einblicke in ihr Leben geben.
  • Die Spuren zeigen Erwachsene, Kinder und Kleinkinder, verraten Körpergröße, Geschwindigkeit und gemeinsame Bewegungen durch die Dünen.
  • Ernährung und Jagdstrategien der Neandertaler waren vielseitig: vor allem Wildtiere wie Pferde und Hirsche, ergänzt durch Muscheln, Krabben und Fische.

Übrigens: Während an Portugals Küste Fußspuren von Neandertalerfamilien erhalten sind, zeigen neue Simulationen ihre unglaubliche Mobilität. Forscher errechneten, dass sie in nur 2000 Jahren rund 1 Million Kilometer nach Osten zurücklegten – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © DALL-E

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