Forscher warnen: Nur artenreiche Wälder überstehen die nächste Dürreperiode

Wälder mit hoher Artenvielfalt trotzen der Dürre besser – Bäume mit unterschiedlichen Wasserstrategien sichern gemeinsam ihr Überleben.

Forscher zeigen: Nur mit Artenvielfalt trotzen Wälder der Dürre

Im Forschungsarboretum ARBOFun testen Wissenschaftler rund 100 Baumarten, um herauszufinden, welche Kombinationen Wälder besser vor Dürre und Hitze schützen. © iDiv / Lena Sachsenmaier

Die Dürrejahre 2018 bis 2020 haben gezeigt, wie verletzlich Deutschlands Wälder auf Hitze und Wassermangel reagieren. Ganze Bestände brachen zusammen, weil viele Baumarten dem Trockenstress nicht standhielten. Forscher wollten verstehen, warum manche Wälder bei Dürre stabiler bleiben und fanden den entscheidenden Faktor in ihrer Artenvielfalt.

Eine neue Studie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig zeigt: Entscheidend ist nicht allein, wie viele Arten im Wald vorkommen, sondern wie unterschiedlich sie Wasser aufnehmen, speichern und nutzen. Wälder mit Bäumen, die verschiedene Strategien im Umgang mit Trockenheit verfolgen, sind langfristig widerstandsfähiger gegen Dürre.

Vielfalt im Wald entscheidet über Leben und Wachstum

Für die Untersuchung nutzte das Forschungsteam das Baumdiversitätsexperiment MyDiv in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt). Über sechs Jahre beobachteten die Wissenschaftler das Wachstum von 2.611 Bäumen aus zehn europäischen Baumarten – darunter Eichen, Buchen und Birken. In diesen Zeitraum fielen auch die extremen Dürresommer von 2018 bis 2020, in denen Waldbestände in ganz Europa stark litten.

Erfasst wurden 14 Merkmale, die beschreiben, wie Bäume Wasser transportieren, speichern und den Verlust über ihre Blätter regulieren. Besonders gut schnitten Bäume mit hoher hydraulischer Sicherheit ab – also Arten, deren Leitgewebe selbst bei Trockenheit funktionsfähig bleibt.

„Was unter normalen Bedingungen nachteilig ist, kann in Dürrejahren zum entscheidenden Vorteil werden“, erklärt Erstautorin Lena Sachsenmaier, Doktorandin am iDiv und der Universität Leipzig. Arten wie die Eiche profitieren von robusten Leitbahnen und gezieltem Wassersparen, während empfindlichere Arten wie die Birke stärker unter Wassermangel leiden.

Ein Wissenschaftler entnimmt im MyDiv-Experiment Blätter aus dem oberen Kronenbereich einer Birkenmonokultur, um deren Eigenschaften unter Dürrebedingungen zu untersuchen.
Eine Wissenschaftlerin entnimmt in einer MyDiv-Birkenmonokultur Blätter aus dem oberen Kronenbereich, um ihre Eigenschaften und Reaktion auf Dürre zu analysieren. © iDiv / Claudia Guimarães-Steinicke

Artenvielfalt als natürliche Versicherung gegen Dürre

Bäume profitieren bei Trockenheit von funktional unterschiedlichen Nachbarn. „In extremen Dürrejahren profitiere ich als Baum vor allem dann, wenn meine Nachbarn ganz andere Eigenschaften im Umgang mit Wasser besitzen“, so Sachsenmaier.

Dadurch stabilisiert sich der gesamte Bestand – ein Mechanismus, den die Forscher als „natürliche Versicherung“ gegen Dürre beschreiben. Unter nassen Bedingungen gleichen sich die Wachstumsunterschiede wieder aus, in Trockenphasen jedoch wird Vielfalt zum klaren Vorteil.

Funktionale Vielfalt wird zum Schutzschild

„Unsere MyDiv-Studie zeigt, dass der Schutz der Wälder im Klimawandel nicht nur eine Frage der Artenvielfalt ist, sondern auch der funktionalen Vielfalt“, sagt Christian Wirth, Gründungsdirektor des iDiv. Wälder bleiben stabiler, wenn sich ihre Arten in den Strategien zur Wassernutzung unterscheiden – etwa durch tiefere Wurzeln, effizientere Wasserleitung oder dichtere Blätter.

Fichtenmonokulturen geraten dagegen besonders schnell unter Druck, weil alle Bäume gleichzeitig leiden. Mischwälder mit kontrastreichen Arten – zum Beispiel Eiche, Linde und Buche – verteilen den Stress besser. Jede Art übernimmt eine andere Rolle im Wasserkreislauf und trägt so zur Stabilität des gesamten Waldes bei.

Neue Perspektiven für den Waldumbau

Nach den jüngsten Waldschäden wird deutlich, dass Monokulturen keine Zukunft haben. Das iDiv-Team arbeitet deshalb an der Erweiterung des Experiments: Im neuen Forschungsarboretum ARBOFun werden fast 100 Baumarten untersucht – darunter süd- und osteuropäische Arten, die sich besser an Hitze anpassen könnten. Wirth erklärt:

Wenn wir Wälder so umbauen, dass verschiedene Strategien zusammenwirken, machen wir sie fit für die Zukunft.

Praxisempfehlungen für Waldbesitzer und Forstwirtschaft

Die Ergebnisse der Studie liefern konkrete Hinweise für die Praxis:

  • Monokulturen vermeiden: Gleichartige Wälder sind anfälliger für Dürre und Schädlinge.
  • Arten gezielt kombinieren: Tiefwurzelnde und flachwurzelnde Bäume sichern gemeinsam den Wasserzugang.
  • Funktionale Vielfalt fördern: Entscheidend ist, wie unterschiedlich Arten mit Trockenheit umgehen – nicht, wie viele Arten vorkommen.

Wälder mit vielfältigen Strategien speichern langfristig mehr CO₂, bleiben gesünder und können sich besser von Trockenphasen erholen.

Kurz zusammengefasst:

  • Artenvielfalt bestimmt die Waldzukunft: In Wäldern mit vielen verschiedenen Arten reagieren Bäume unterschiedlich auf Dürre und sichern so gemeinsam ihr Überleben.
  • Eichen, Buchen und Linden mit unterschiedlichen Wasserstrategien machen den Wald stabiler, weil sie Trockenphasen besser gemeinsam ausgleichen.
  • Je vielfältiger die Baumarten und ihre Wassernutzungsweisen, desto besser übersteht der Wald Dürrejahre ohne großflächige Schäden.

Übrigens: Nicht nur Wälder reagieren unterschiedlich auf Trockenheit – auch Gräser und Bäume verfolgen völlig verschiedene Wasserstrategien. Eine weltweite Studie zeigt, warum manche Pflanzen bei Dürre verschwenderisch bleiben, während andere streng sparen. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © iDiv / Lena Sachsenmaier

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